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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Stadium der Schwangerschaft sehr wichtig. Ich passe gut auf, dass immer genug dasteht, um ihren Appetit anzuregen, und ich gebe ihr zusätzlich kleine Leckereien, wenn ihr danach ist. Das ist doch nicht falsch, oder?«
    »Nicht innerhalb gewisser Grenzen.«
    Cooper ließ die Katze wieder ihre ursprüngliche Haltung einnehmen. Sie legte sich wieder bequem hin, wobei sie darauf achtete, genug Platz für ihren runden Bauch zu lassen, und sah zu ihm auf. Ihr Blick war zugleich herausfordernd und verschwörerisch. Sie schien ihm etwas mitteilen zu wollen, schien ihre Anerkennung ausdrücken zu wollen, dass sie auf jemanden gestoßen war, der etwas von diesen Dingen verstand. Ein warmes Körbchen, so viel zu essen, wie man wollte, ein bisschen Zuneigung und ansonsten keinerlei Ansprüche an einen – in Coopers Augen ein durchaus erstrebenswerter Zustand.
    »Ich glaube nicht, dass Miranda in der nächsten Zeit Junge bekommt«, sagte er.
    »Ach, herrje. Was fehlt ihr denn sonst?«
    »Eigentlich überhaupt nichts. Jedenfalls nichts, das nicht mit ein bisschen weniger Essen und etwas mehr Bewegung behoben werden könnte.«
    »Die arme Miranda.«
    »Und Sie sollten sich vielleicht einen anderen Namen für ihn überlegen.«
    Die Katze warf ihm einen zweiten Blick zu – einen offenen, interessierten Blick, schicksalsergeben, aber ohne jede Scham. »Also mal unter uns Männern«, schien er zu sagen, »du hättest es doch genauso gemacht.«
    »Wenn Sie dann fertig sind«, sagte Mrs Shelley, »wollen Sie mir dann nicht verraten, was Sie von der Wohnung halten?«
    Cooper zögerte. Er betrachtete die Brandmauer des Nachbarhauses, den mit Katzenhaaren übersäten Boden des Wintergartens und den Korbstuhl mit den schwarzen Stockflecken unter dem Fensterbrett. Er wusste immer noch nicht, wo der Stromzähler und wie hoch die Gemeindesteuer war und wer für die Instandhaltung aufzukommen hatte. In der Stille, ehe er antwortete, hörte Cooper keinen Laut im ganzen Haus außer dem Schnurren der Katze und dem Ticken der Heizkörper.
    »Ich nehme sie«, sagte er.
    Als er an diesem Abend nach Hause auf die Bridge End Farm kam, stellte Ben Cooper fest, dass Alison Morrissey mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen war. In Wahrheit musste sie schon vor ihrer Ankunft mit den Medien Kontakt aufgenommen und sie mit Informationen über den Anlass ihres Besuches versorgt haben. Ein geschickter Schachzug, und er fragte sich, ob ihr jemand zu dieser Strategie geraten hatte.
    Die regionalen Fernsehsender hatten die Geschichte aufgegriffen und brachten an diesem Abend mehrere kurze Berichte darüber. Morrissey war ein Geschenk des Himmels für den Bildschirm – ihr Gesicht machte sich gut vor der Kamera, denn es strahlte nicht nur Leidenschaft und Intelligenz aus, sondern war auch noch auffallend hübsch. Eine Szene in der Sendung Kalender auf YTV zeigte sie vor dem Hintergrund des schneebedeckten Irontongue Hill, auf dem immer noch die Trümmer des Lancaster-Bombers ihres Großvaters lagen. Morrisseys Gesicht war von der Kälte gerötet, und ihr dunkles Haar wogte im Wind, während sie die Fragen des Interviewers beantwortete. Ihre klare, ruhige Stimme übertönte das Tosen des Windes. Außerdem konnte sie sich gut ausdrücken, ohne das Stottern und die »Ähs« und »Ems«, die bei anderen Leuten so nervtötend waren, die nicht daran gewöhnt waren, interviewt zu werden.
    Cooper sah zu, wie die Kamera schließlich hochzog und noch einmal kurz auf Alison Morrisseys Profil verweilte, das dem Berg zugewandt war. Ihr Gesicht drückte gesunden Menschenverstand und Entschlossenheit mit einem Hauch von kontrollierter Emotion aus. Ihm war nicht ganz klar, wie sie diesen Effekt erzielte; es lag wohl an der Art, wie sie den Kopf leicht neigte, oder an der anmutigen Linie ihres Halses. Er glaubte nicht, dass sie diesen Gesichtsausdruck eigens für die Kamera einstudiert hatte.
    Diese Frau war keine durchgeknallte Spinnerin, die von einer fixen Idee besessen war. Entschlossen und klug, das war Morrissey ganz bestimmt, aber sie schien auch aufrichtig zu sein. Aufrichtige Leute machten oft die größten Scherereien.
    Morrisseys Anblick hatte ihn den Lärm um ihn herum eine Weile vergessen lassen – jenes übliche Abendprogramm der Familie seines Bruders Matt, das hauptsächlich aus Schreien, Streiten, Lachen und Singen zu bestehen schien. Aber selbst das schien zu verblassen, als die Fernsehkamera sich jetzt dem Berghang widmete. Cooper sah, dass der

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