Kaltes Grab
stehen, aber auch Fitness-Bücher und Autobiographien.«
Coopers Handy klingelte. Er zog es aus der Tasche, warf einen Blick auf das Display und drückte seufzend auf die Abbruchtaste. Schon wieder Arbeit.
»Danielle Steel, haben Sie gesagt? Ich habe nicht viele Kunden, die Danielle Steel kaufen. Viel zu populär, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Cooper ging Lawrences Gefummel an der Brille allmählich auf die Nerven. Es irritierte ihn, wenn er jemandem, mit dem er sich unterhielt, nicht in die Augen sehen konnte.
»Dann haben Sie so etwas überhaupt nicht im Angebot?«
»Das habe ich nicht gesagt«, sagte Lawrence. »Da hinten stehen ein paar Bücherkisten, die ich bei Versteigerungen gekauft habe. Ich bin noch nicht dazu gekommen, sie auszupacken, aber meine Kunden dürfen trotzdem schon darin stöbern. Alles, was sie dort finden, kostet zehn Pence. Kann sein, dass auch ein paar Ausgaben von Danielle Steel dabei waren. Einmal hat jemand einen Jeffrey Archer rausgezogen.«
»Wenn Marie Tennent regelmäßig hier eingekauft hätte, würden Sie sich doch an sie erinnern, oder?«
Lawrence nahm den letzten Keks und brach ihn erst in der Mitte durch und dann die Hälften in Viertel, wobei er Schreibtisch und Fußboden mit Krümeln übersäte. Ein Festmahl für die Mäuse heute Nacht.
»Selbstverständlich. Meine Stammkunden kenne ich alle ziemlich gut. Meistens weiß ich schon, wonach sie suchen.«
»Aber an diese Frau erinnern Sie sich nicht?«
Lawrence schüttelte den Kopf, ehe er die Hand über ein Brillenglas legte, als wollte er die Sehfähigkeit des anderen Auges testen. »Tut mir Leid. Dann wohnt sie wohl hier – oder ist sie eine Touristin?«
»Nein, sie wohnt hier. Sie hat erst vor kurzem ein Baby bekommen. Vielleicht ist Ihnen eine Schwangere aufgefallen?«
Endlich nahm Lawrence die Hand vom Gesicht. Cooper fiel auf, dass das eine Auge des Buchhändlers ziemlich seltsam aussah. Es hing leicht herunter und saß ein wenig schief in seinem Gesicht. Er fragte sich, ob Lawrence vielleicht kürzlich einen kleinen Schlaganfall erlitten hatte, der die Gesichtsmuskeln auf einer Seite in Mitleidenschaft gezogen hatte. Aber dann fiel, ein Glas aus Lawrences Brille und landete auf den Büchern vor ihm auf dem Schreibtisch, und mit einem Mal sah sein Auge wieder normal aus. Cooper vermutete, dass sich das Brillenglas durch das ständige Herumspielen am Gestell gelockert hatte.
»Himmelherrgott noch mal!«, schimpfte Lawrence. »Wenn die erst mal draußen sind, kriegt man sie kaum wieder rein. Besonders, wenn man nicht richtig sieht, weil einem das Brillenglas rausgefallen ist.«
»Haben Sie keine Ersatzbrille?«
»Irgendwo schon«, lautete die vage Antwort. Lawrence sah sich angestrengt mit dem anderen Auge im Laden um, und Cooper befürchtete schon, er würde ihn bitten, zwischen den Bücherbergen nach seiner Ersatzbrille zu suchen. Aber Lawrence war offenbar vorbereitet, denn an einer Kette um seinen Hals hing ein kleiner Schraubenzieher.
»Was ist denn mit der Frau?«, erkundigte er sich. »Was hat sie angestellt?«
»Sie ist tot«, sagte Cooper.
Lawrence legte die Brille auf den Ladentisch und beugte sich darüber, während er versuchte, die winzigen Schrauben wieder festzuziehen. Wahrscheinlich dauerte dieses Unterfangen eine ganze Weile. Lawrences Hände waren zu zittrig, um die Schraube an der richtigen Stelle festzuhalten und gleichzeitig den Schraubenzieher anzusetzen.
»Tja«, sagte Lawrence. »Dann habe ich wohl wieder eine Kundin verloren.«
Cooper hatte keine allzu großen Hoffnungen in Lawrence gesetzt. Auch wenn nur wenige Kunden seinen Laden aufsuchten, war es zu viel verlangt, dass er sich an einen ganz bestimmten erinnerte. Es war geradezu qualvoll, ihm bei dem Kampf mit der Schraube zuzusehen, außerdem zwang es ihn, sich dabei mit Lawrences Schädeldecke zu unterhalten. Aber freiwillig würde Cooper seine Hilfe nicht anbieten.
»Ich habe ganz vergessen, bei Ihrer Tante wegen der Wohnung nachzufragen«, sagte er.
»Halb so wild«, meinte Lawrence. »Wahrscheinlich ist die Wohnung sowieso nicht das, was Sie suchen.«
»Nein, sie ist bestimmt in Ordnung. Ich wollte Ihre Tante gestern Abend anrufen, hatte aber zu viel zu tun.«
»Sie finden bestimmt etwas Besseres. Haben Sie es schon mal bei dem Makler auf der Fargate probiert? Der hat ein paar nette Sachen im Angebot.«
»Den kann ich mir nicht leisten.«
»Tante Dorothy wird ohnehin ein bisschen exzentrisch in letzter
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