Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
Vom Netzwerk:
herauszuziehen, damit er dort unten ein gutes, tiefes Loch graben konnte.
    Er fand sie nicht gleich, und auch als er ganz in die Senke hinabstieg, konnte er sie nicht ertasten. Selbst als er in die Hocke ging, um unter das dichte Blätterdach des Farns blicken zu können, fand er sie nicht. Henriette Keller war fort.

[zur Inhaltsübersicht]
    24
    D er Mann ließ Charlie in dem kahlen Raum auf einem Stuhl an der Wand Platz nehmen, dann klopfte er an einen Fensterladen, der sich in der gegenüberliegenden Wand befand. Der Laden öffnete sich und gab den Blick auf einen weiteren Raum und einen weiteren Beamten frei.
    «Nummer  777 », sagte der Mann, der Charlie hergebracht hatte, und legte einen Zettel auf den Schalter. Sein Nacken schob sich wulstig über seinen Uniformkragen, und er schwitzte. Der andere Mann verschwand mit dem Zettel, zwischen vollgestopften Regalen, die bis unter die Decke reichten, und kam kurz darauf zurück, eine große Papiertüte in der Hand.
    «Sie können sich umziehen», sagte der Wärter, als er die Tüte auf den Stuhl neben Charlie warf. «Sie gehen auf Reisen.»
    Es ging also zurück nach England, so schnell? Das war schlecht, Charlie wollte im Deutschen Reich bleiben, er wollte Hetti suchen … Also war es gut, wenn sie ihn hier rausbrachten. Die Reise war lang, es würden sich hundert Gelegenheiten zur Flucht ergeben. In der Tüte fand er seine Straßenkleidung und seine Uhr. Nur die Brieftasche war nicht dabei. Vielleicht war sie dem Braumeister schon zurückgegeben worden, oder man behielt sie als Beweisstück ein. Dennoch, Charlie war entschlossen, die eine, entscheidende Gelegenheit zu nutzen, auch ohne Geld. Er wusste ja, wie man sich durchschlägt.
    «Werde ich denn in zivil weggebracht?»
    Der Wärter brummte etwas, was Charlie als Zustimmung interpretierte. Warum erlaubte man ihm zivile Kleidung? In England reisten Gefangene in Gefängniskleidung, das erschwerte die Flucht.
    «Bekomme ich auch meine Brieftasche?», fragte Charlie.
    «Wohl verrückt geworden!»
    Charlie zuckte die Achseln. Er hatte es zumindest versuchen müssen, oder?
    Als er sich umgezogen hatte, ließ der Wärter ihn durch eine weitere Tür in den nächsten Raum gehen, wo er bei einem weiteren Beamten hinter einem weiteren Schalter einen Stapel Papiere zu unterschreiben hatte. Charlie sah kaum hin, als er einmal, noch mal und noch einige Male seinen Namen unter verschiedene Papiere setzte. Was immer darin stand, es hatte nichts zu bedeuten. Sobald er eine Möglichkeit fand, würde er erneut gegen das Gesetz verstoßen, um Hetti zu holen. Falls sie mit ihm gehen wollte. Mit einem flüchtigen Gefangenen, Dieb, Betrüger und Habenichts … Charlie musste sich zusammennehmen, um nicht mit der Faust auf den Schalter zu schlagen und Tinte über die Papiere zu klecksen. Verdammt!
    «Na dann», sagte der Beamte, nachdem er alles sauber abgestempelt und weggeheftet und Charlie seinen Anteil des Papierstapels ausgehändigt hatte. Er tippte sich an die Mütze und verschwand durch wiederum eine andere Tür in den Tiefen des Verwaltungstrakts.
    Charlie blieb allein zurück, er hatte mittlerweile nicht mehr die geringste Ahnung, wo im Gebäude er sich befand. Er faltete die Papiere, steckte sie in seine Jacketttasche. Und danach gab es nichts weiter zu tun, als sich erneut auf einen der an der Wand aufgereihten Stühle zu setzen und zu warten, dass es weiterging.
     
    «Was machen Sie denn noch hier?», fragte ihn ein Beamter, der laut Charlies Taschenuhr siebenundvierzig Minuten später den Raum betrat.
    «Gehnse mal schnell weiter, da wartet jemand auf Sie.»
    Er wies mit dem Daumen auf die dritte Tür in diesem Raum, während er weitereilte. Wartete jemand auf ihn … Charlie wagte nicht zu hoffen, aber er konnte es auch nicht ganz verhindern.
    Er stand auf. Eine ganz normale Tür. Er hatte ihr keinerlei Beachtung geschenkt. Warum auch, es gab hier unendlich viele Türen, und eine war wie die andere. Aber diese hier nicht. Sie besaß weder Sicherheitsschlösser noch Metallbeschläge, und es war auch kein Sichtfenster darin. Es war einfach bloß eine hölzerne Amtszimmertür, hellblau lackiert. Versuchsweise drückte Charlie auf die Klinke. Nicht verschlossen.
    Und dahinter saßen Frau Liese, Professor Altheim und Willem auf den gleichen an der Wand aufgereihten Stühlen wie im Zimmer zuvor. Charlie blickte zurück in den Raum, aus dem er gekommen war, dann wieder in den Raum, in dem Frau Liese, Altheim und Willem

Weitere Kostenlose Bücher