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Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
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ihm gewusst und Hetti im Unklaren gelassen. Charlie fühlte Wut in sich aufsteigen.
    «Lesen Sie weiter», forderte Altheim ihn auf.
    Charlie entfaltete den nächsten Brief, überflog die höflichen Anfangsfloskeln und blieb an einem Absatz hängen, der seine Wut noch steigerte.
    Es gereicht Ihnen zur Ehre, dass Sie die Authentizität Ihrer Mutterschaft verteidigen. Um weitere unnötige Kämpfe zu vermeiden, möchte ich Ihnen jedoch mitteilen, dass ich weitere Erkundigungen eingezogen habe. Sie waren niemals verheiratet, wie Sie Ihrer «Tochter» gegenüber behaupten. Und wenn Sie tatsächlich leugnen wollen, das Henriette lediglich Ihre Pflegetochter ist, für deren Unterhalt Sie von Ihrer Schwester Geld erhalten, so muss ich – denn das ist die einzig denkbare Alternative – davon ausgehen, dass Sie ein uneheliches Kind bekamen und Ihre Schwester Sie aus reiner Großzügigkeit so umfangreich aushält. Das würde wiederum Ihrer Schwester zur Ehre gereichen, doch ließen sich in diesem Fall kaum all jene erwähnten Heimlichkeiten erklären.
    Es bedeutet mir sehr viel, die Wahrheit zu kennen, werte Frau Keller, und für mich besteht die einzige andere Möglichkeit darin, dies zu erreichen, indem ich Johanne direkt danach frage. Oder vielleicht auch meinen Geschäftspartner, ihren Mann. Ich fürchte nur, es könnte ihn sehr aufregen, er ist nicht bei bester Gesundheit, und letztlich ist es seine Arbeit, die uns alle erhält. Auch könnte eine Unterredung mit Heinrich Pflog möglicherweise dazu führen, dass er sich entschließt, Sie und Henriette nicht weiter zu unterstützen.
    Um unnötige Aufregungen zu vermeiden, schlage ich daher vor, dass Sie mich persönlich in Augenschein nehmen und sich von meinen allerbesten Absichten Ihrer Pflegetochter gegenüber überzeugen.
    Hochachtungsvoll, Ihr Prof. Dr. Felix Regenmacher
    «Aber das ist Erpressung!»
    «Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe», sagte Professor Altheim und nickte. «Und wie Sie wissen, ist er damit auch durchgekommen.»
    Charlie nickte, der nächste Brief bestätigte das.
    Ich freue mich, dass wir zu einer Übereinkunft gelangt sind. Nun will es aber das Schicksal, dass unseren Plänen Steine in den Weg gelegt werden. Seit einigen Tagen – ob Henriette Ihnen wohl davon erzählt hat? – tanzt ein junger Mann um sie herum. Es wird Sie mit Besorgnis erfüllen zu erfahren, dass dieser Mann, ein Ausländer, am ersten Tage in abgerissenen Lumpen erschienen ist, um dann zu gediegenen Anzügen zu wechseln. Er wohnt bei einer liederlichen Wirtin zur Untermiete, die ihren Schlafgängern zu einem warmen Bett auch noch andere Dienste anbietet. …
    Charlie fühlte, wie er rot wurde, als er daran dachte, dass Professor Altheim die Briefe alle gelesen, sie vielleicht auch Willem und möglicherweise sogar Frau Liese vorgelesen hatte. Er konnte schlecht erklären, dass er diese Dienste nicht in Anspruch genommen hatte, denn dann hätte er Frau Liese als eine Person bloßstellen müssen, die diese tatsächlich anbietet.
    Dieser Mann und Henriette verbringen täglich mehrere Stunden miteinander. Da ich mit den Anzeichen von jugendlicher Schwärmerei vertraut bin, muss ich Sie warnen: Henriette himmelt diesen Aufschneider und Prahlhans mit aller Kraft ihres noch flatterhaften Herzens an. Wenn Sie nicht einschreiten, so wird sie sich bald einbilden zu lieben. Ich werde selbstverständlich mehr über dieses fragwürdige Subjekt in Erfahrung bringen, bitte Sie aber einstweilen, ein sehr wachsames Auge auf Henriette zu haben.
    Charlie legte den Brief beiseite und griff nach einer belegten Schrippe, die Frau Liese ihm reichte, biss hinein, nachdenklich. Wenn er es recht bedachte, dann musste Charlie dem Mann mit dem Opernglas ebenso bedrohlich erschienen sein wie dieser ihm.
    Doch seine Art der Erpressung hatte etwas höchst Unanständiges, es machte ihn unsympathisch und ließ ahnen, dass er möglicherweise auch zu Schlimmerem fähig war. Was Charlie jedoch noch immer nicht verstand: Welche Art von Information meinte Altheim? Was sollte Ada Keller in den Stand setzen, sich Regenmachers Drohungen zu entziehen und ihre Tochter, vielmehr ihre Ziehtochter, zu schützen? Was hatten sie gegen ihn in der Hand? Charlie nahm sich den nächsten Brief vor.
    Es mag schwerfallen, die Konsequenzen dessen zu akzeptieren, was ich Ihnen heute mitzuteilen habe, aber ich fürchte, es gibt keinen anderen Weg. Der junge Mann, mit dem Henriette verkehrt, heißt Charles Peter Jackson. Zu

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