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Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
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sah immer noch gut aus, nach all den Jahren. Im Grunde stand ihm das Älterwerden sogar, es machte sein Gesicht männlicher.
    «Nun, das klingt vielversprechend. Und du sagst, sie läuft seit über zwei Wochen? Erkläre mir, wie, wenn du keine Energie zuführst.»
    Heinrich zögerte. Es würde nicht leicht sein, es laienhaft genug zu erläutern, aber er musste es versuchen. Schließlich würde Regenmacher das Prinzip nach außen vertreten müssen, er musste die Verhandlungen führen, Verträge schließen. Er musste begreifen, was sie hatten, was davon verraten werden durfte und was nicht.
    «Wenn es schon so lange läuft, dann muss es ein Perpetuum mobile sein.»
    Heinrich schüttelte den Kopf.
    Es gibt kein Perpetuum mobile. Du hast all die Jahre in einen Irrtum investiert.
    «Heinrich, du verwirrst mich.»
    Regenmacher stand auf und schenkte sich aus einer Karaffe, die nur für ihn dort stand, einen großzügigen Schluck Portwein ein.
    Es handelt sich nicht um ein geschlossenes System, sondern um ein offenes. Die Energiequelle liegt außerhalb der Maschine. Und zugleich innerhalb oder unterhalb. Oder oberhalb.
    «Heinrich, das ist mir zu hoch.»
    Heinrichs Federhalter eilte flüchtig über das Papier, beinahe zu schnell, um mehr als einen Hauch Tinte darauf zurückzulassen.
    Sie ist implizit, sie existiert auf einer Ebene, die mit dem menschlichen Verstand kaum zu fassen ist – zumindest mit deinem Verstand nicht. Und auch mit dem Verstand der Kunden nicht. Wir werden es ihnen nicht verraten.
    «Warum nicht?»
    Weil es so lächerlich einfach ist, diese Energiequelle anzuzapfen, dass jeder Bauerntölpel sich seinen eigenen Zugang bauen könnte.
    «Einfach? Warum dann die vielen Fehlschläge?»
    Alles beginnt einmal einfach, dann wird es unendlich komplex, und erst wenn man dieses Stadium überwindet, dringt man wieder zur Einfachheit des Kerns vor.
    «Jetzt wirst du philosophisch.»
    Korrekt.
    Regenmacher lachte.
    «Du willst also sagen, du hast ein Grundprinzip entdeckt, etwas Universales, das bisher noch niemand entdeckt hat. Und wenn wir Glück haben, merkt es so schnell niemand. Und wenn wir Pech haben, fliegt es auf?»
    Heinrich nickte und schrieb:
    Außer dass dieses Prinzip, die Quelle, längst bekannt ist. Es ist nur bisher niemand auf eine Idee gekommen, wie man sie mechanisch nutzen kann. Es ist das Medium, in dem alles existiert, was ist, und aus dem alles hervorgeht und in das alles zurückkehrt. Es ist reine Schöpfungskraft.
    Regenmacher betrachtete den Schimmer des Portweins in seinem Glas, ließ die rotgoldene Flüssigkeit ein wenig kreisen und trank sie dann in einem Zug aus. Seine Stimme klang flach, als er die Frage stellte, auf die Heinrich gewartet hatte.
    «Du willst sagen, du hast Gott angezapft?»
    Äther, Existenz, Gott, die eine Energie, die alles ist. Es gibt verschiedene Begriffe, alle miteinander sträflich unscharf. Wenn Du es Gott nennen willst: Korrekt.
    Diesmal lachte Regenmacher nicht.
    «Ich wusste nicht, dass du ein Mystiker bist, Heinrich.»
    Heinrich wartete ab, bis Regenmacher sich nachgeschenkt hatte und weitersprach.
    «Und du meinst, es ist moralisch vertretbar, Gewinn daraus zu ziehen?»
    Wenn Heinrich ehrlich war, musste er zugeben, dass er sich diese Frage schon oft gestellt hatte. Aber alle Antworten, die er bisher darauf gefunden hatte, überzeugten ihn selbst nicht wirklich.
    Was sollten wir den Leuten sagen? Dass wir Gott verkaufen? Man würde uns als Verrückte einsperren. Und dann die Sache an sich reißen.
    Regenmacher blickte ihn nur an, und schnell kritzelte Heinrich die nächsten Worte hin.
    Du hast Dich als den Realisten bezeichnet und mich als den Idealisten.
    Noch immer blieb Regenmacher stumm. Den nächsten Zettel warf er ihm geradezu hin:
    ICH habe mein ganzes Leben darangegeben. Es war mein Leben, meine Kraft, meine Gesundheit. Sieh mich an. Ich habe alles gegeben. Ich will etwas zurückbekommen.
    Was war daran so schwer zu begreifen? Plötzlich überfiel Heinrich ein Gedanke, den er sich all die Jahre über immer verboten hatte.
    Du fällst mir doch nicht etwa in den Rücken, oder? Du nimmst es mir nicht weg?
    Regenmacher blieb ernst.
    «Nein, Heinrich. Das werde ich nicht. Es ist nur … Ich bin mir nicht sicher, warum mir diese Idee nicht behagt. Irgendetwas daran erscheint mir falsch. Ich kann es nicht benennen.»
    Heinrich wischte alle denkbaren Einwände mit einer Geste beiseite.
    Wir müssen einen beweglichen Prototypen bauen, etwas, das Du

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