KALTHERZ
Frau auch unrecht. Gertrud Wagner hielt nur kurz Blic k kontakt, schaute dann weg und ging wieder zu ihrem Stuhl zurück. Täuschte sie sich oder blickte Magnus Knab ihr veräch t lich hinterher? Gab es zwischen den beiden Spannungen? Katja machte sich in Gedanken eine Notiz.
„Und das ist unsere Frau Pohl“, stellte Magnus Katja die zweite Frau vor. Sie war so groß wie Katja und hatte eine schlanke sportliche F i gur. Katja schätzte sie auf höchstens Ende Zwanzig, eher jünger. Dagmar Pohl schüttelte ihr die Hand und lächelte sie an. Sie passt eigentlich am ehesten hierher, ging es Katja durch den Kopf. Sie wirkte jung, o f fen und freundlich. In ihren Jeans und dem einfachen Pu l lover konnte Katja sie sich am besten als Betreuerin der Behinderten vorstellen. Das schmale Gesicht war kaum g e schminkt und ihre kurzen blonden Locken wurden von e i nem als Band gefalteten bunten Tuch aus dem Gesicht g e halten.
„Das ist ja kein schöner Grund, weswegen Sie zu uns kommen“, b e merkte sie. Magnus Knab bot Katja einen Stuhl an dem ovalen Tisch an, an dem Gertrud Wagner b e reits wieder saß.
„Nein, es ist selten ein schöner Grund, wenn die Kripo kommt“, e r widerte Katja leicht genervt, während sie sich setzte. Sie wollte ihre Zeit nicht mit Platitüden ve r tun, sie wollte weiterkommen.
„Wer von Ihnen hatte gestern Abend und in der Nacht Dienst im Wohnheim?“
„Gertrud Wagner war hier“, beantwortete Magnus Knab als Erster die Frage, „bis dann unser Zivi Theo g e kommen ist. Er hatte Nach t dienst.“
„Wann kann ich diesen Theo befragen, ist er heute auch hier?“
„Nein, er kommt erst wieder in einer Woche zurück. Er ist in Urlaub geflogen, es war alles schon gebucht. Und die Polizisten, die als Erste heute Morgen vor Ort waren, h a ben ihn ja ausführlich befragt. Er hatte nichts Ungewöh n liches bemerkt. Erst als er nach Hause gehen wollte, hat er Lothar g e funden. Na ja, den Rest kennen Sie ja.“
„Und eine Person, noch dazu eine ungeschulte, reicht aus, um das gesamte Wohnheim nachts zu betreuen?“, fra g te Katja u n gläubig.
„Mehr wird nicht bezahlt. Was denken Sie, wie hoch das Budget für das Pfleg e personal ist in so einem Heim? Wir hätten eine weitere feste Kraft bitter nötig, aber die wird uns nicht g e nehmigt“, schaltete sich Gertrud Wagner ein.
Katja ignorierte ihren aggressiven Unterton und wandte sich an Da g mar Pohl.
„Und Sie hatten dienstfrei?“
„Frau Pohl macht keine Spätdienste“, kam Magnus Knab Dagmar Pohl zuvor.
„Ja, ich habe die Stelle nur unter der Voraussetzung a n genommen, dass ich keinen Spä t dienst leisten muss.“
„Hat diese Regelung einen bestimmten Grund?“, fragte Katja.
„Nun ja, wir sind Frau Pohl da entgegengekommen“, begann Magnus Knab wieder, die Frage zu b e antworten.
„Ich habe Frau Pohl gefragt, Herr Knab, bitte lassen Sie sie auch an t worten“, unterbrach Katja ihn. „Also Frau Pohl...“
„Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Ich warte auf e i ne Stelle als Grundschu l lehrerin. Bisher gab es leider keine passende freie Stelle für mich. Deswegen habe ich mich auf die zeitlich befristete Stelle im Jakob-Rohmann-Haus b e worben und sie auch bekommen. Aber Spätdienst wollte ich auf keinen Fall machen, lieber hätte ich auf den Job ve r zichtet.“
Schade, dachte Katja, eine Frau, die so gut hierher passt, und dann hat sie kein wirkliches Interesse an den B e hinderten. Aber was wusste sie schon, welchen Einsatz diese A r beit erforderte? Würde sie hier arbeiten wollen?
„Wie lange dauert die Spätschicht?“, wandte sie sich noch mal an die Runde.
„Der Letzte von uns geht so gegen 22 Uhr spätestens“, antwo r tete Magnus Knab wieder als erster.
Die Tür ging auf und eine kleine Frau kam herein. Die kurzen grauen Haare passten nicht so recht zu ihrer kin d lichen Figur. „Hallo, ich bin die Bärbel“, begrüßte sie Katja. „Ich muss noch meine Kamente nehmen, weißt du?“
„Ja, aber deine Medikamente sind doch alle in deiner Medikamente n schachtel eingeteilt, Bärbel, das weißt du doch. Hast du denn schon Abendbrot gegessen?“
„Nein, bis jetzt noch hauptnix.“ Sie schüttelte den Kopf. Magnus Knab schob sie zur Tür. „Warum ist der L o thar tot? Bin traurig, ich hab g e weint, weißt du.“
„Sie ist neugierig und wollte sehen, wen wir zu Besuch haben“, klärte er Katja auf. „Sie hat hier schon einige neue Wörter kreiert. Wenn sich einer vor der Arbeit
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