Kaltherzig
zittern, als ich ihm in die Augen sah. »Alexi, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Sie müssen mir glauben.«
»Ich muss gar nichts«, sagte er. »Ich tue, was ich will. Und ich denke, ich will dich töten.«
»Wie kann ich Ihnen helfen, wenn Sie mich töten?«
»Ich habe keine Verwendung mehr für dich, du verlogene Fotze.«
Er packte mich am Kragen und zerrte mich quer durch den Raum zur Terrassentür. Als wir am Flur zur Gästesuite vorbeikamen, fragte ich mich, was er mit Lisbeth gemacht hatte. Für sie hatte er ebenfalls keine Verwendung. Hatte er sie getötet? Oder schlief sie weiter in ihrem Bett, ohne etwas von der Gefahr auf der anderen Seite ihrer Tür zu ahnen?
Kulak hatte angefangen, auf Russisch vor sich hin zu murmeln. Er schob mich aus der Tür. Ich sah seinen Wagen am Ende der Scheune stehen, wo er von der Einfahrt nicht zu entdecken war.
Wenn er mich in den Wagen bekam, war ich so gut wie tot.
Ich tat, als würde ich stolpern, brachte Kulak aus dem Gleichgewicht und stieß ihm dann den Ellenbogen gegen den Adamsapfel. Er taumelte rückwärts, keuchte und fasste sich mit einer Hand an die Kehle.
Ich machte einen Satz zur Seite und rannte los.
Ich spürte den Schmerz fast bevor ich den Schuss hörte. Die Kugel drang wie ein heißes, scharfes Messer in meinen linken Oberarm. Ich griff nach dem Arm, und im selben Moment rammte mich Kulak von hinten und warf mich flach auf die Steinfliesen, ehe ich dazu kam, mich mit dem rechten Arm abzufangen.
Die Luft wurde mir schlagartig aus den Lungen gedrückt, und vor meinen Augen tanzten Sterne.
Alexi Kulak stand auf, packte mich an dem Halstuch, das ich umgebunden hatte, um seine Würgemale zu verdecken, und zerrte mich auf die Füße.
Er musste mich halb bis zum Auto schleifen. Nicht weil ich mich wehrte, sondern weil ich kaum mehr gehen konnte. Halb bewusstlos, geschockt und stark blutend, hatte ich keine Chance gegen ihn.
Als wir bei dem Mercedes ankamen, ließ er den Kofferraumdeckel aufspringen und stieß mich hinein.
Ich hatte nur eine Sekunde Zeit, um zu registrieren, dass bereits ein Körper im Kofferraum lag.
Bennett Walker.
58
Edward Estes lehnte es ab, darüber zu spekulieren, wo sich sein Klient gerade aufhielt.
»Vielleicht sollten Sie ihn anrufen«, sagte Landry voll gespieltem Edelmut. »Ihn vorwarnen. Als eine Gefälligkeit des Sheriffbüros von Palm Beach County.«
Er überließ es Paulson, sich mit dem Anwalt zu beschäftigen.
»Jeder Polizist im County hält nach Walkers Wagen Ausschau«, sagte Weiss, als sie sich vom Haus entfernten. »Und wir haben die Flugplätze besetzt.«
»Was ist mit den Yachthäfen?«, fragte Landry. »Walker fährt Rennboote. Wenn er es zu einem Hafen schafft, kann er an der Küste entlang fliehen.«
»Ich verständige die Küstenwache«, sagte Weiss. »Du weißt, dass Estes behaupten wird, das Telefon sei deponiert worden.«
»Er kann sagen, was er will. Wir haben die Entdeckung auf Video. Und keine Jury hier in der Gegend wird ihnen die Nummer von dem armen kleinen, reichen Söhnchen ein zweites Mal abkaufen.«
Sein Handy läutete. Er sah auf das Display. Dugan.
»Ich meine ja nur«, sagte Weiss.
»Spar es dir«, antwortete Landry und klappte das Handy zu. »Gehen wir sein Alibi zertrümmern. Barbaro wartet auf uns.«
Der Spanier saß im Vernehmungszimmer und wartete. Landry beobachtete ihn durch den venezianischen Spiegel.
Er wirkte ruhig und entspannt, nicht wie ein Mann, der im Begriff ist, seinen besten Freund wegen Mordes hinzuhängen. Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, sah auf die Uhr, trommelte beiläufig mit den Fingern auf den Tisch.
Er sah selbstbewusst aus.
Landry wandte sich an Dugan. »Haben Sie dieses Ding laufen?«
Das Gerät zur Stimm-Belastungs-Analyse - es hatte einen ellenlangen Namen, den sich Landry nie merken konnte - zeichnete die Stimmen in einem Gespräch auf und bestimmte, ob die beteiligten Parteien Stress oder Angst empfanden. Eine Art Lügendetektor für Arme und ein gutes Instrument, wenn der zu Vernehmende leicht zu erschüttern war.
Landry konnte nicht umhin zu denken, dass es hier wenig nützen würde.
»Setzen Sie ihm wegen des Falls in London zu«, sagte Dugan und stellte einen Knopf an dem Gerät nach. »Darauf wird er nicht gefasst sein.«
Landry nickte, nahm einen Aktenordner mit Unterlagen über den Fall zur Hand und betrat den Raum.
»Mr. Barbaro. Danke, dass Sie gekommen sind.«
Barbaro tat es mit einer kleinen Handbewegung ab.
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