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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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12
    Ich duschte zwar und genehmigte mir den Drink, doch trotz aller Erschöpfung ging ich nicht wie geplant zu Bett, nachdem Sean fort war. Welchen Sinn hätte es gehabt? Ich hätte ein paar Stunden unruhig geschlafen, falls überhaupt. Um zwei Uhr nachts wäre ich wach gewesen und durchs Haus gestreift und hätte nicht einmal mehr den Versuch
unternommen einzuschlafen, um den Albträumen zu entgehen, die auf mich warteten.
    Ein bisschen Wachs, um das Haar ein wenig zu Spitzen zu formen. Eine enge, dunkle Jeans, ein schlichtes, schwarzes Top, sexy Sandalen. Wimperntusche, Lippenstift und ein Paar Diamantohrringe. Ich sah zumindest vorzeigbar aus, auch wenn ich nicht in der Stimmung war, mich unter Leute zu mischen.
    Landrys Wagen bog in die Einfahrt, er stellte ihn ab, blieb kurz daneben stehen und blickte in meine Richtung. Ich beobachtete ihn durch die fast geschlossenen Läden meines Schlafzimmers. Er machte kehrt und ging zu Seans Haus.
    Ich wartete noch ein paar Minuten, dann schlich ich zu meinem Wagen und fuhr im Schritttempo vom Hof, in der Hoffnung, dass mich niemand hörte.
    Im Players ging es an Montagabenden vergleichsweise zahm zu. Jeder, der arbeiten musste, hatte am Dienstagmorgen früh und ausgeschlafen zu dieser Arbeit zu erscheinen. Ein Kater war keine gute Idee, wenn man den ganzen Tag in der Sonne Südfloridas Ställe ausmisten und Pferde reiten musste. Wer nicht auf Arbeit angewiesen war, konnte tun, was ihm passte; aber ohne die vielen zwanzigjährigen Mädchen, die sich amüsieren wollten, besaß der Club nicht dieselbe Anziehungskraft wie am Wochenende.
    Für die Abendunterhaltung sorgte ein Jimmy-Buffett-Verschnitt mit Gitarre, Mundharmonika und einem scheußlichen Hawaiihemd - als gäbe es andere. Er hatte einen Keyboarder dabei, der eine Kapitänsmütze und einen zweireihigen blauen Blazer mit funkelnden Messingknöpfen trug, und einen Schlagzeuger, der jung genug war und genügend
gelangweilt und peinlich berührt aussah, um der Sohn von einem der beiden sein zu können.
    Ich ging in die Bar und schlich um die Tanzfläche, wo einige Leute so betrunken waren, dass sie alle Hemmungen verloren hatten. Ich war immer der Ansicht, es sollte ein Aufklärungsvideo geben, das betrunkene Menschen mittleren Alters beim Tanzen zeigt. Der Alkoholmissbrauch müsste allein aufgrund des Demütigungsfaktors deutlich sinken.
    Der Barkeeper, ein sexy junger Bursche mit dunklen Augen und einem Hauch von Bartstoppeln, steuerte auf mich zu, als ich am Ende der Theke Platz nahm.
    »Was darf ich Ihnen bringen, Ma’am?«
    »Zunächst mal darfst du aufhören, mich Ma’am zu nennen, mein Süßer«, sagte ich und lächelte schief. »Wie willst du jemals eine irrsinnig heiße Affäre mit einer älteren Frau haben, wenn du sie behandelst wie deine alte Tante Biddie?«
    Er grinste. Exzellente Kieferorthopädie. »Wo hatte ich nur meinen Kopf?«
    »Keine Ahnung. Und jetzt bringst du mir einen Wodka Tonic mit einem kräftigen Spritzer Zitrone.«
    »Schon unterwegs.«
    Er ging, um mir den Drink zu machen. Jemand hatte eine Packung Zigaretten auf der Theke liegen lassen. Ich bediente mich mit leicht schlechtem Gewissen. Nicht weil ich eine Zigarette stahl, sondern weil ich überhaupt rauchte. Scheußliche Angewohnheit. Als der Barkeeper mit meinem Wodka Tonic zurückkam, fragte ich ihn nach seinem Namen.
    »Kayne Jackson.«
    »Kayne Jackson. Mein Gott, du bist ein kommender
Soap Star«, sagte ich. »Ich bin Elena Estes.« Ich trank einen Schluck, ließ ihn mir schmecken und seufzte. »Es ist mir wirklich eine Freude, dich kennenzulernen. Hast du Samstagabend hier gearbeitet?«
    »Ja, wieso?«
    Ich hatte die Fotos von Lisbeth Perkins’ Handy auf den Computer geladen und ausgedruckt. Ich zeigte ihm das, auf dem Irina zwischen Jim Brody und Bennett Walker saß. »Hast du dieses Mädchen hier gesehen?«
    »Ja. Das ist Irina. Sie ist Stammgast, hängt immer mit dieser Clique ab. Scharfe Maus, aber mich würdigt sie keines Blicks.«
    »Kann es sein, dass sie ein Problem mit den Augen hat?«
    »Ich glaube eher, dass meine Brieftasche nicht dick genug ist.«
    »Ah, so eine. Auf einen reichen Mann aus?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Hast du zufällig gesehen, wann sie gegangen ist?«
    »Nein, kann ich nicht sagen. Es war Jim Brodys Geburtstag, und hier drinnen ging’s rund. Wieso?« Er schaute ein bisschen misstrauisch. »Sind Sie von der Polizei oder was?«
    Ich trank noch einen Schluck, zog an der Zigarette.

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