Kammerflimmern
du wetten«, antwortete Lenz, drehte sich um und ging auf Kostkamp zu. »Habt ihr irgendwelche Klamotten gefunden, Heini?«
»Nein, nichts. Wie es aussieht, sind die beiden hier an Ort und Stelle erschossen worden, das meint auch der Doc.«
Lenz schaute zu Dr. Franz, der nur kurz nickte.
»Wer hat sie gefunden?«
»Ein Mountainbiker. Er ist auf dem Weg ins Krankenhaus. Na ja, eigentlich mehr in die Psychiatrie. Er hat sie vor etwa einer Stunde gefunden, hat bei uns angerufen und auf die Streife gewartet. Als die hier ankamen, saß er kreidebleich in seiner eigenen Kotze auf dem Baum da drüben und hat nur gezittert.«
Er deutete auf einen großen Holzstamm in etwa
20 Metern Entfernung, an dem ein Fahrrad lehnte.
»Ich kann ihn verstehen«, murmelte Lenz und wandte sich zu Dr. Franz. Doch bevor er etwas fragen konnte, stand der Mediziner federnd auf.
»Todeszeitpunkt etwa um Mitternacht, genaueres nach der Sektion. Beide sind an den Schussverletzungen gestorben, und die Jüngere hatte kurz vor ihrem Tod noch Verkehr. Bei der anderen bin ich mir diesbezüglich nicht ganz sicher, aber es deutet auch bei ihr einiges darauf hin.«
Lenz sah auf die beiden Leichen.
»Sie meinen, dass auch die ältere …?«
»Wahrscheinlich, ja. Und jetzt denken Sie mal nicht, dass so etwas außergewöhnlich ist. Viele Männer …«
»Schon gut, Herr Doktor«, unterbrach Lenz den Arzt und trat ein paar Schritte zur Seite, wo Hain, Kostkamp und der gerade eingetroffene Rolf-Werner Gecks beisammenstanden.
»Hast du schon eine Ahnung, mit welchem Kaliber geschossen wurde, Heini?«
Kostkamp deutete auf das abgesperrte Areal.
»Da ist alles voll mit 9-Millimeter-Hülsen.«
»Hätte ich mir denken können«, brummte Lenz.
»Was hältst du davon, dass die beiden nackt sind?«, wollte Hain von seinem Chef wissen.
»Hab ich auch schon drüber nachgedacht, es fällt mir aber nichts dazu ein.«
Er wandte sich wieder zu Kostkamp.
»Reifenspuren?«
»Jede Menge. Wir müssen sehen, was davon zu gebrauchen ist.«
Lenz hatte genug.
»Komm, Thilo, wir hauen ab. RW, wir sehen uns später im Büro.«
Damit stapfte er ohne Abschiedsgruß davon.
Ein paar Minuten später saßen sie im Auto, hatten die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht und fuhren Richtung Präsidium. Lenz dachte eine Weile nach, kramte dann sein Telefon aus der Jacke und wählte die Nummer von Uwe Wagner.
»Dich wollte ich auch gerade anrufen«, fing sein Freund an.
»Warum?«
»Weil mir hier alle die Hölle heißmachen wegen der zwei Leichen in Sandershausen. Bis auf Reuters haben, glaube ich zumindest, alle schon angefragt. Ich würde gerne eine Presseerklärung herausgeben, habe aber leider überhaupt keine Ahnung, was ich reinschreiben soll.«
Lenz gab ihm einige sehr allgemein gehaltene Informationen, aus denen sich mit viel Fantasie eine Mitteilung für die Medien basteln ließ.
»Und jetzt such mir mal bitte die Adresse einer Anna Hohmann raus, sie wohnt hier in Kassel.«
Wagner stöhnte auf.
»Es ist wichtig, Uwe.«
»Das hoffe ich«, antwortete der Pressesprecher und griff nach der Tastatur seines Computers.
»Philosophenweg 28, Hohmann«, gab Lenz seinem Kollegen die Information weiter. Der Oberkommissar brauchte einen Moment, um sich zu orientieren, und nickte.
»Nimm es mir nicht übel, Paul, aber ich kann mit dem Namen Hohmann gerade gar nichts anfangen. Warum also fahren wir dorthin?«
»Die Hohmann ist die ehemalige Sekretärin von Goldberg. Die, die in seinem Büro aufgetaucht ist, als wir uns Heinis Wanzenshow angesehen haben.«
»Richtig, das war Anna Hohmann!«, erinnerte sich Hain und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Und was willst du von der?«
»Sie fragen, ob sie Hedwig Hainmüller kannte. Gerade eben ist mir eine Idee gekommen, doch die ist so aberwitzig, dass ich sie besser für mich behalte.«
»Ach komm, rück schon raus damit.«
»Frag mich, wenn wir bei ihr waren, ja?«
Hain zuckte mit den Schultern und gab damit zu verstehen, dass er zwar keinesfalls warten wollte, doch er kannte seinen Chef nun lange genug, um zu wissen, dass der mit seiner Idee nicht herausrücken würde.
»Sahen übel aus, die beiden«, nahm Lenz das Gespräch wieder auf, während sie am Staatstheater vorbeifuhren.
»Brutal, ja. So was machen nur Irre oder russisch e Abstirgendwas, die nachts auch mit Markierungsmunition auf Polizisten ballern.«
»Wir müssen die Fahndung nach den beiden intensivieren, Thilo. Sobald wir auf dem
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