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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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auch war.
    Rebecca war lebenslänglich gefangen im Krieg zwischen Otto Schultz und John Mundal, die zusammen Apollo Med-Elec aufgebaut hatten. Als die neuen Stellen bei der fusionierten Mercury Medical besetzt wurden, gerieten die beiden Alphamännchen aneinander. Ihr Kampf war absolut ebenbürtig, bis Otto Schultz das Ass aus dem Ärmel zog, von dessen Existenz John bisher nicht einmal etwas geahnt hatte.
    Otto wusste von Rebeccas Sucht.
    Die Belege waren umfassend und überzeugend und würden dem Presbyterian Hospital New York ausgehändigt werden, wenn John sich nicht geschlagen gäbe.
    »Stand down«, hatte Otto befohlen. »Stand down, John.«
    John hatte gehorcht. Er hatte von Rebeccas Problem nichts gewusst und konnte diesen Schock nie überwinden. Weil er betrogen worden war, weil er verloren hatte.
    Weil er von den beiden betrogen worden war, die ihm am nächsten gestanden hatten, seit er mit fünfundzwanzig Jahren aus Vietnam zurückgekehrt war. Dort hatte er Otto zweimal das Leben gerettet.
    Auf seine Reise in den Untergang wurden ihm die ausgelösten Aktien mitgegeben, ein ansehnliches Vermögen. Sowie eine Garantie einer Stelle für den Kleinen, wie Otto es ausdrückte. »The Kid« sollte weiter dabei sein, so versüßte er die bittere Pille: Morten war jung und tüchtig, und sie würden sich gut um ihn kümmern, wenn John nur die Vereinbarung unterschrieb.
    Damit würde er sein eigenes Todesurteil unterzeichnen, aber er unterschrieb trotzdem.
    Drei Tage darauf erhielt die Leitung des Presbyterian mit der Post einen dicken Briefumschlag. Der Absender war anonym. Rebeccas Schicksal war besiegelt.
    »Alles ist meine Schuld«, schrie sie und schob den Bildschirm zurück.
    Morten konnte sie nicht mehr sehen. Das Bild zeigte den obersten Teil der Wand und die Decke mit den prachtvollen Stuckornamenten.
    »Mama«, weinte er. »Mama, ich kann dich nicht mehr sehen.«
    Er war sich so sicher gewesen, dass sie zufrieden sein würde, weil Otto Schultz endlich die verdiente Strafe erhielte.
    Als Kind war Orty zur Wohnungstür gestürzt, auch nachts, wenn er schon geschlafen hatte, weil Rebecca endlich nach Hause kam. Er hörte sie kommen und lief barfuß durch die riesige Wohnung, um ihr sein Zeugnis zu zeigen, straight A ’ s, er wollte sehen, wie Mama sich über ihren tüchtigen Sohn freute. Als Kind war Orty viel gerannt, er rannte, wenn er sie sah, er rannte zu Mama, um ihr von seinem Schulrekord über 800 Meter zu erzählen, um ihr ein schönes Kästchen zu geben, das er im Sommerlager geschnitzt hatte, um nach langen Arbeitstagen ihre wehen Füße zu massieren.
    Wenn Rebecca nicht zu müde war. Mama war oft zu müde. Morten Mundals Kindheit war ein Wettlauf mit der Stimmung der Mutter gewesen. Er liebte es, sie lächeln zu sehen.
    »Mama«, weinte er laut. »Stell den Bildschirm gerade. Ich kann dich nicht sehen!«
    Sie gab keine Antwort. Als ihre Verzweiflung verzerrt aus den Lautsprechern hallte, hielt er sich die Ohren zu.
    Es half nichts. Es hatte nie geholfen.
20.53 Uhr
Båtstøjordet, Høvik, Bærum
     
    »Du musst das Gute darin sehen, Ola!«
    Sara lächelte strahlend und legte den Arm um Thea. Sie saßen Ola gegenüber auf dem Sofa, er hatte sich, sowie er gekommen war, in einen Sessel fallen lassen.
    »Jetzt hast du alle Zeit für deine Familie, die du dir nur wünschen kannst. Dein Gehalt wird weiter gezahlt, also betrachte dieses kleine Intermezzo als wohlverdienten Urlaub.«
    »Aber wenn es nun nicht nur ein Intermezzo ist«, jammerte er. »Wenn ich nun meinen Job verliere. Unsere Familienfinanzen können nicht einen Tag ohne Gehalt überstehen, und ich brauche außerdem alle Überstunden, die ich überhaupt kriegen kann.«
    Sara stand auf, um frischen Tee zu holen. Sie blieb vor Ola stehen und stemmte die Hände in die Hüften. »Jetzt bleib doch mal ganz ruhig, Ola. Die haben es schließlich auf mich abgesehen. Mich kriegen sie aber auch nicht, da bin ich mir ziemlich sicher, aber jedenfalls werde ich dich nicht mit in den Abgrund ziehen. Ich bin deine Vorgesetzte, du bist jünger als ich, du bist ...«
    »... nicht so fähig wie du«, ergänzte er mit einem traurigen Lächeln.
    »Das wollte ich nicht sagen. Ich wollte sagen, dass du meine Anweisungen befolgt hast. Dir wird nichts passieren. Darauf hast du mein Wort.«
    »Und was machst du, wenn du den Job verlierst?« Theas Stimme war hell und sorglos bei dieser Frage.
    »Dann werden wir uns amüsieren«, erwiderte Sara lachend. »Ich werde

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