Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
Vom Netzwerk:
Flimmern angefangen hatte?«, fragte Ola, ohne eine Antwort zu erwarten.
    »Ein Stoß sollte 31 Joule messen«, sagte sie langsam. Ihr Interesse daran, was er hier machte, wurde sichtlich größer.
    »Sieh dir den Ausdruck an«, sagte er und drehte das inzwischen ziemlich verschlissene Papierakkordeon um. »Der sagt, dass Berntsen genau 31 Joule bekommen hat. Ganz korrekt. Scheinbar.«
    »Scheinbar?«
    »Mit diesem Oszilloskop«, sagte Ola, »sollten wir feststellen können, ob er das wirklich bekommen hat. Hier habe ich einen kleinen Simulator, den ich selbst gebaut habe.«
    Eine schwarze Box von der Größe eines dicken Buches wurde aus einer Schublade unter der Arbeitsfläche gezogen.
    »Den hast du selbst gebaut?«
    Ola lächelte nur und schloss den Herzsimulator an die Elektrode des ICD an. Er zeigte auf den Bildschirm und erklärte, als stünde Tarjei neben ihm. »Sieh jetzt genau zu. Ich habe den ICD an den Simulator angeschlossen, der also die Rolle des Herzens spielen soll. Der ICD ist außerdem mit dem Oszilloskop verbunden, und deshalb können wir genau überprüfen, welche Stöße er wirklich aussendet, und nicht, welche er auszusenden behauptet.«
    Er zögerte ein wenig.
    »Hab noch einen Moment Geduld«, sagte er. »Ich muss nur Ordnung in meine Gedanken bringen. So.«
    Er zog die eine Leitung vom Simulator zu einem Rechner und begann, Befehle einzugeben. »Jetzt hat das Pseudoherz den Befehl erhalten, in Flimmern umzuschlagen«, sagte er langsam. »Und nun passiert ...«
    Der ICD reagierte sofort. Der Bildschirm des Oszilloskops zeigte einen kleinen viereckigen Puls.
    »Das sieht doch überzeugend aus«, sagte Sara nachdenklich.
    »Sicher«, Ola nickte. »Aber was glaubst du, wie groß der Ausschlag war?«
    »31 Joule?«
    »Nein, 0,31 Joule.«
    Er fuhr mit dem Finger über den Bildschirm des Oszilloskops, wo ein Strich zuerst mit neunzig Grad nach oben knickte, dann abrupt waagerecht wurde, um dann wieder steil nach oben zu zeigen.
    »Was?«, rief Sara. »0,31 Joule? Aber der Ausdruck sagt doch, dass ...«
    »Genau. Der Ausdruck stimmt nicht, Sara! Der Ausdruck täuscht einen kräftigen Stoß vor, während der ICD in Wirklichkeit nur kurz gepustet hat und längst kein Herz zurück zum Normalzustand bringen kann. Dieser ICD ist darauf programmiert, dem Patienten zuerst Herzflimmern zu machen, um dann glatte Lügen darüber zu erzählen, welche Stöße er ihm verpasst. Verdammt noch mal kein Wunder, dass Berntsen abgekratzt ist.«
    Sara hielt den Atem an und strich sich mit beiden Händen die Haare hinter die Ohren. Ola blickte sie fragend an, aber sie konnte den Blick nicht von dem eisgrauen Bildschirm mit der Kurve lösen, die bewies, dass der ICD manipuliert worden war.
    »Das versteh ich ganz einfach nicht«, sagte sie nach langem Schweigen. »Ich kapier rein gar nichts mehr. Du vielleicht?«
11.32 Uhr
Kadettangen, Bærum
     
    Obwohl die Lufttemperatur längst wieder einen für die Jahreszeit normalen Wert erreicht hatte und ein frischer Wind wehte, wimmelte es auf der Landzunge vor Sandvika schon von Menschen. Einige versuchten, sich hinter provisorischem Windschutz zu sonnen, andere saßen angezogen in ihren Strandsesseln und tranken Kaffee aus der Thermosflasche. Kleine Kinder spielten mit Eimern und Schaufeln am Wasser, und zwei halbwüchsige Knaben versuchten, durch ein Bad eine Gruppe von gleichaltrigen Mädchen zu beeindrucken.
    Die Wassertemperatur kann doch höchstens zwölf Grad betragen, dachte Göran Holmström und nahm die Hand seiner Frau, als sie über die Fußgängerbrücke nach Kalvøya gingen. Die Sonne stand hoch am Himmel. Göran Holmström war gut angezogen, ein dünner Wollpullover unter einer knallroten Wanderjacke, dazu Jeans und feste Wanderschuhe. Er fühlte sich seltsam leicht. Vielleicht sogar glücklich, dachte er. Die Freude über die Resultate, die die Untersuchung im GRUS erbracht hatte, ehe er das Krankenhaus verlassen durfte, hatte ihm das Gefühl gegeben, das Leben noch einmal zu beginnen.
    Vor dreiundzwanzig Tagen war er auf einer von der Marketingabteilung des Telefonanbieters Telenor veranstalteten Bootsfahrt zusammengebrochen. Er erinnerte sich an die Schmerzen in der Brust und an die Todesangst.
    Dann hatte seine Erinnerung ausgesetzt.
    Später hatte man ihm erzählt, dass eine Kollegin, die als Vertrauensfrau den obligatorischen Erste-Hilfe-Kurs absolviert hatte, ohne zu zögern, mit einer Herzdruckmassage begonnen hatte. So effektiv war die Kollegin

Weitere Kostenlose Bücher