Kammerflimmern
dann hat Mercury Medical einen Haufen Probleme. Dann kann dieses Programm in jeden verdammten Deimos auf der ganzen Welt runtergeladen werden. Dann steckt Mercury dermaßen in der Scheiße, dass ...«
»Wir reden nachher weiter«, fiel Sara ihm ins Wort. »Das absolut Letzte, was ich jetzt haben muss, ist ein noch schlechter als sonst gelaunter Lars Kvamme. Komm.«
Endlich stand Ola auf. »Ich hoffe für Mercury Medical, dass das hier kein Programm ist«, sagte er. »Und für uns ja auch. Wir haben schließlich fünfhundert Milliarden in die Firma investiert und sind der größte Teilhaber. Du und ich und alle anderen Steuerzahler.«
Sara gab keine Antwort. Sie hatte die Kammer schon verlassen.
5.37 a.m.
East Hampton, Long Island, New York
Das Haus war jetzt zu groß.
Missmutig wanderte Otto Schultz vom Schlafzimmer in die Küche. Die Stille hatte ihn geweckt. Er war an Suzannes Gegenwart gewöhnt, an ihr leises Schnarchen, an das Stapfen der nackten Füße, wenn sie um Punkt eins und um Punkt fünf Uhr nachts das angrenzende Badezimmer aufsuchen musste. Ihre Schlafmuster waren durch ein ganzes Leben im selben Bett ineinander verwoben, und wenn er sich nun jeden Abend auf seine Seite des schwedischen Riesenbettes legte, das sie für Manhattan und für das Haus hier draußen hatten anfertigen lassen, fühlte er sich als halber Mensch.
Er wünschte dem verdammten Hippie biblische Strafen an den Hals.
Als es Otto dämmerte, dass Suzanne ihn wirklich verlassen wollte, hatte er mit dem Gedanken gespielt, etwas zu unternehmen. Er hatte seine Mittel und konnte mit Unvorhergesehenem umgehen. Als er elf Jahre zuvor aufgrund von Fotos von ihm und einer neunzehnjährigen Blondine in einem Bungalow auf den Cayman-Inseln einem Erpressungsversuch ausgesetzt gewesen war, hatte er Kontakt zu einem Mann aufgenommen, der für dieses Problem mehrere Lösungen vorschlagen konnte. Damals hatte er beschlossen, die Sache finanziell zu regeln. Alles hatte einen Preis, und das war Otto Schultz immer schon bekannt gewesen.
Er hatte noch die Kontaktdaten des Mannes in seinem Bürosafe, aber er hatte bald eingesehen, dass das Problem Suzanne sich nicht durch das Verschwinden des Liebhabers lösen lassen würde. Sie wollte Otto nicht mehr. Und dann wollte er Suzanne erst recht nicht.
Er machte Licht, als er die Küche betrat.
Der Raum wirkte fremd. Obwohl Suzanne seit fast zwei Jahren nicht mehr da war, hatte er noch immer nicht begriffen, was sie mit der Küche gemacht hatte. Früher war es dort gemütlich gewesen. Suzanne hatte bei ihrem Auszug einige Kartons mit persönlichen Habseligkeiten mitnehmen dürfen. Auf irgendeine Weise musste sie etliche davon aus der Küche entfernt haben. Nur konnte Otto Schultz sich nicht erinnern, was früher auf Bänken und Tischen gestanden und diesen Ausstellungsraum zu einem Teil eines echten Zuhauses gemacht hatte.
Er müsste einen Innenarchitekten bitten, etwas dagegen zu unternehmen.
Die Kaffeemaschine war der einzige der zahllosen technischen Apparate, mit denen er umgehen konnte. Ruth, das Faktotum aus der Portierswohnung, sorgte dafür, dass Essen auf dem Tisch stand, wenn Otto Schultz im Haus war. Mit schwerfälligen Handgriffen machte er sich einen Cappuccino, dann setzte er sich an den Tresen, der die Küche in zwei Hälften teilte. Er drückte auf einen Knopf unter der hohen Tischplatte. Ein rechteckiges Holzstück klappte mit leisem Surren vor ihm auf wie eine Kellerluke. Innen war ein Bildschirm angebracht. Als der den richtigen Winkel erreicht hatte, wurde eine Tastatur neben die Platte gehoben.
Eine Viertelstunde lang sah er sich Nachrichten an, dann öffnete er seine Mailboxen. Auch in der exklusivsten waren seit dem Vorabend acht Meldungen eingelaufen. Eine aus Singapur, dann eine lange Auslegung über eine neue pharmazeutische Vorschrift in Australien, die Ottos Mann in Sydney ein wenig Kopfzerbrechen zu bereiten schien. Ein netter Gruß von David Cameron, der sich für den schönen Abend bedankte und hoffte, dass Otto sich bei seinem nächsten Besuch in London melden werde.
Otto Schultz hatte 10, Downing Street noch nie von innen gesehen und prägte sich diese Einladung ein.
Morten Mundal, der Leiter der Nordeuropa-Niederlassung, hatte sich ebenfalls gemeldet.
Dear Otto,
as a reply to your mail of yesterday evening, please note the following: Erik Berntsen was operated Tuesday May the 4th at Grini University Hospital in Oslo (GRUS). To my knowledge the head of
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