Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
berichten, eher in sich gekehrt.
Sie aber wirken, als hätten Sie einen Angelhaken mit Köder ins Wasser geworfen und
warteten nun gespannt darauf, ob etwas anbeißt.
Detektiv: Hm.
Keine Ahnung. Vielleicht einfach nur eine Projektion von Ihnen. Nennt man das nicht
so in der Psychoanalyse?
2
Detektiv: Sie
sind über eine Stunde zu spät, Jacques.
Klient: Oh,
entschuldigen Sie, ich wurde aufgehalten. Sie sehen schlecht aus, Karl. Probleme?
Läuft der Rosenkrieg nicht wie geplant?
Detektiv: Ich
hatte heute morgen einen Termin vor dem Scheidungsrichter. Ein Desaster.
Klient: Ich
verstehe nicht – Sie und Ihr Anwalt waren doch perfekt vorbereitet!
Detektiv: Die
Gegenseite hat jedes unsere Argumente zerpflückt – ach was, in der Luft zerrissen.
Es war, als ob sie unsere Argumentationslinie schon Tage vorher auf dem Schreibtisch
hatten und in aller Ruhe und punktgenau ihre Konter ausarbeiten konnten.
Klient: Sieht
so aus, als hätte Ihnen jemand einen Streich gespielt. Haben Sie eigentlich noch
von diesem herrlichen Bruichladdich? So einen Kleinen würde ich mir jetzt gönnen,
aber mit Soda bitte, ist ja noch recht früh am Tag.
Detektiv: Ich
verstehe das nicht. Niemand außer mir und meinem Anwalt hat von unserer Strategie
gewusst, mir ist absolut schleierhaft, wie das passieren konnte.
Klient: Wirklich
seltsam. Etwas mehr Soda, bitte!
Detektiv: Außer
mit Ihnen habe ich mit absolut niemandem über dieses Thema gesprochen, nicht mal
…
Klient: Was
ist los, warum reden Sie nicht weiter, Karl? Vorsicht, das Glas läuft über!
Detektiv: SIE
haben mit ihr gesprochen, Jacques!
Klient: ICH?
Warum sollte ich? Ich kenne Ihre Frau überhaupt nicht!
Detektiv: Von
meinem Anwalt abgesehen sind Sie der Einzige, mit dem ich über Details meiner Ehe
gesprochen habe. Und Sie haben meine Frau vor ein paar Tagen kennengelernt. Unten
am Briefkasten. Reden Sie, Jacques, oder ich bekomme schlechte Laune. Ich war bei
Verhören immer der böse Cop, und ich habe meine Rolle geliebt.
Klient: Himmel,
beruhigen Sie sich bitte, Karl! Und könnten Sie bitte etwas mehr Abstand halten?
Sie machen mir Angst. Was haben Sie mit Ihrem Zeigefinger vor, wollen Sie mich erstechen?
Ich sage Ihnen die Wahrheit, wenn Sie versprechen, sich wie ein zivilisierter Mensch
zu benehmen. Ja, ich gebe zu, ich war nicht ganz ehrlich zu Ihnen. Wir – Ihre Exfrau
und ich – haben uns kurz unterhalten unten am Eingang, vor ein paar Tagen. Ich sah,
wie sie einen Umschlag in Ihren Briefkasten einwarf. Ich war irgendwie neugierig,
stellte mich dumm, fragte sie, ob sie wisse, wo ich die Detektei Rünz finde. Sie
gab mir Auskunft, machte dabei aber einen Gesichtsausdruck, als würde Sie mir von
ihrer letzten Hämorrhoiden-Operation erzählen. Ich fragte sie ganz unschuldig, ob
sie schlechte Erfahrungen mit dieser Detektei gemacht habe, keine zwei Minuten später
wusste ich, dass ich mit Ihrer Exfrau rede. Ein kurzer Small Talk, nichts weiter.
Detektiv: Haben
Sie sie seitdem wiedergesehen?
Klient: Also
ich glaube nicht, dass ich Ihnen Rechenschaft über mein Privatleben schuldig … Lassen
Sie meinen Kragen los, Karl.
Detektiv: Hören
Sie, Jacques. Machen Sie jetzt keinen Fehler. Wenn Sie sofort auspacken, kriegen
Sie mildernde Umstände von mir. Wenn ich mir die Fakten mühsam zusammensuchen muss,
wird es schmerzhaft. Haben Sie sie seitdem wiedergesehen?
Klient: Ja,
in Gottes Namen. Ja, wir haben uns wiedergesehen. Vor drei Tagen haben wir uns unten
in der Bar auf der anderen Straßenseite getroffen.
Detektiv: Sie
sitzen mit meiner Exfrau in der Bar direkt gegenüber meiner Detektei. Sie haben
Nerven. Zufällig getroffen oder verabredet?
Klient: Verabredet
wäre übertrieben …
Detektiv: Soso,
übertrieben. Und Sie Vollpfosten hatten nichts Besseres zu tun, als ihr meinen Schlachtplan
für den Gerichtstermin unter die Nase zu halten?
Klient: So war
das nicht. Wir kamen irgendwie auf Ihre Ehe zu sprechen …
Detektiv: Verdammt,
Sie kamen nicht ›irgendwie‹ auf unsere Ehe zu sprechen, Sie waren heiß darauf,
meine Frau …
Klient: … Ihre Ex frau
…
Detektiv: …
zum Reden zu bringen. Sie sind professionell deformiert, Sie sind ein verdammter
Beziehungsspanner. Weiß meine Ex, dass Sie mein Klient sind?
Klient: Na ja,
ich habe mich da durch eine ungeschickte Äußerung verraten …
Detektiv: Natürlich.
Und als meine Frau merkte,
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