Kampf Dem Chaos
diese Verfahrensweise«, fügte Justen dem hinzu. »Die Hamoraner brauchten einige Jahrhunderte, bevor sie in der Lage waren, diese Schiffe zu bauen.«
Das verstand ich, aber warum wollte niemand erklären, warum? Da kam mir die Erleuchtung. Natürlich, die Erklärung hätte jedem Gefahrenbrigadier der letzten Jahrhunderte die Existenz des Wissens verraten, was Recluce erst recht zur Zielscheibe gemacht hätte.
»Ihr habt meine Frage nach den magischen Maschinen noch nicht beantwortet«, beharrte Tamra. »Recluce hat die Formeln sicherlich nicht preisgegeben.«
Justen sah mich an und ich sah ihn an. Dann nickte ich ihm zu. Er wusste mehr als ich und er konnte es erklären.
Wir ritten weiter und es wurde immer heißer.
»Verdammte Hitze«, murmelte Fregin. »Kein verdammter Magier ... Bein schmerzt so.«
»Reite einfach weiter, du Held«, sagte Berli.
Ich sah hinüber zu Justen. »Maschinen? Recluce? Hast du sie dir ausgedacht, vor vielen Jahren?«
»Nein. Recluce hat nicht eine einzige davon hergestellt, nur die Raketen.« Er lachte traurig. »Einige hat Hamor selbst entwickelt und die anderen basieren auf Formeln, die Sammel aus der verborgenen Bibliothek der Bruderschaft gestohlen hat. Vielleicht stammen Hamors Formeln auch von der Bruderschaft, wurden auch gestohlen. Wäre möglich.«
Tamra lief rot an. »Verborgene Bibliothek? Diese ... diese Heuchler.«
Justen fuhr fort. »Ich vermute, du hast dir schon so etwas gedacht, Lerris, aber wusstest du, dass es ein ganzes Regal gibt mit Erfindungen und Formeln, die Dorrin entwickelt hat?«
Darauf wäre ich nie gekommen, aber zugeben wollte ich es nicht. Also nickte ich.
»Dorrin?« Tamras Augen blitzten von mir zu Justen.
»Der Gründer Nylans – der magische Ingenieur.«
»Und Ihr?« Tamra krächzte. »Hat Lerris Recht?«
»Ich? In gewisser Hinsicht schon, obgleich die meisten Formeln schon erfunden waren, bevor ich geboren wurde. Ich kann nicht sagen, dass ich mich viel anständiger verhalten hätte, aber zumindest schrieb ich mein Wissen nicht nieder, um es dann in Bibliotheken zu verstecken.« Schweiß lief Justen übers Gesicht. »Mir gelang es jedoch, ein Verfahren zu entwickeln, um Ordnung zu bündeln.«
»Und so hast du auch Frven zerstört?«, fragte ich.
Justen nickte und fügte hinzu: »Und ich zerstörte damit die Hälfte der gesamten Ordnungs- und Chaos-Energien der Welt. Deshalb lehnte die Bruderschaft von da an jede Maschine ab. Sie konzentrierten sich seit jenem Zeitpunkt nur noch auf die Ordnung und versuchten, sie zu vermehren, denn früher ließ das Gleichgewicht mehr Chaos zu.«
Hinter mir schluckte Weldein hörbar. Berli und Fregin ritten so weit hinter uns, dass ich nicht mehr feststellen konnte, wie sie auf das Gesagte reagierten – oder ob sie überhaupt zuhörten.
»Ihr wart ein Ingenieur?«, fragte Tamra.
»Ja.«
»Was hast du außerdem erfunden?«, fragte ich neugierig. »Außer dem Verfahren zur Bündelung der Ordnung, das Fairhaven zerstörte.«
»Nicht viel ... Reicht das denn nicht? Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, wo ich gerade beim Beichten bin, dass ich auch einen Dampfwagen baute, mit dem man Candar schneller als auf jedem Pferd durchqueren konnte. Ich verwandte dazu die gleiche Turbine, die die Mächtigen Zehn antrieb, nur kleiner natürlich. Das war die einzige derartige Maschine, die je gebaut wurde, und Lerris' Vater half mir dabei.«
Das musste ja kommen. Mein Vater war wahrscheinlich der Einzige gewesen, dem Justen vertrauen konnte.
»Und Ihr habt der Bruderschaft geholfen, all das zu verbergen?«, bohrte Tamra weiter. »Warum?«
»Es handelte sich um unschätzbares Wissen. Vieles davon hätte das Leben der Menschen erleichtern können. Doch so einfach war es nicht. Wird es auch nie sein.« Justen spreizte die Hände. »Was taten wir also? Wir verbargen das Wissen. Recluce tat es, weil die Ratsmitglieder tatsächlich glaubten, dass eine Beschränkung des auf Ordnung basierenden Wissens auch das Chaos begrenzen würde. Und ich? Nun ja, ich versuchte, Candar dabei zu helfen, das ausufernde Chaos aufzuhalten ... und eine Zeit lang gelang mir das auch.«
»Bis in Hamor jemand herausfand, dass das Gleichgewicht in beide Richtungen nachzieht?«, hakte ich nach.
Justen nickte. »Nun wird sich all das ändern müssen und keiner wird über das Ergebnis froh sein.« Er zeigte auf mich. »Sieh dich an, Lerris. Kann ein Sieg über Hamor zehn oder fünfzehn verlorene Jahre deines Lebens aufwiegen?
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