Kampf Dem Chaos
nicht betroffen ist ...«
Weldein sah mich strafend an, als der Boden unter uns erzitterte.
»Das wird noch eine Weile andauern, fürchte ich.« Ich rieb mir die Stirn und bemerkte, wie steif meine Schultern waren. »So viel Chaos hat noch nie unter Candar gebrodelt.«
»Noch immer? Nach dem Feuerwerk gestern?«
»Sammel und ich haben nur um die Kontrolle über das Chaos gekämpft. Doch an der Menge haben wir nichts geändert. Auch die Hamoraner haben keine großen Verluste verzeichnen müssen, nur einige wenige Gewehre sind zerstört worden; selbst wenn es einige Hundert wären, würde das bei den Zehntausenden, die sie gebaut haben, keinen großen Unterschied machen.«
»Die Gewehre sind Ausgeburten des Chaos? Ich wusste es«, brummte Fregin.
»Nein.« Ich seufzte. »Hamor hat durch die Gewehre auf mechanischem Weg Ordnung hergestellt. Wird mehr Ordnung geschaffen, entsteht mehr Chaos. Deshalb hat sich Recluce jahrhundertelang jeglichen Maschinen widersetzt.«
»Mist. Dann sitzen wir ganz schön in der Patsche, bei all den Maschinen, die Hamor baut.« Seine Worte klangen noch immer weit, weit weg.
»Das trifft den Nagel auf den Kopf.« Ich stimmte mit Fregins Schluss überein. Ich fühlte mich miserabel, viel hatte ich nicht erreicht, lediglich verschieben konnte ich den wahrscheinlich unabwendbaren Einmarsch Hamors. Leithrrse würde einen anderen Weg finden; welcher das sein würde, stand in den Sternen, die ich jetzt nicht befragen wollte.
Weldein und Berli sahen mich an.
»Oh ... zurück nach Ruzor. Die Hamoraner werden einige Achttage für den Rückzug brauchen und auch, um nach Gallos zu gelangen – noch länger, wenn sie sich auf dem direkten Weg durch die Osthörner plagen wollen.« Ich bezweifelte stark, dass Leithrrse sein Heer durch die Osthörner führen würde, in denen es keine richtigen Straßen gab. All die anderen Straßen nach Kyphros führten entweder durch Gallos oder Hydlen.
Ich zog an den Zügeln und Gairloch trabte gemächlich los. Stiche durchbohrten meinen Rücken.
Kurz vor der Kreuzung nach Yryna kamen zwei berittene Gestalten auf uns zu – eine saß auf einem Bergpferd, die andere hatte rotes Haar.
»Das sind Justen und Tamra.« Ich wischte den Schweiß aus meinem Gesicht. Der Regenschauer am Abend zuvor konnte gegen die Mittagshitze nichts mehr ausrichten.
»Diesmal hast du es geschafft, Lerris«, schalt mich Justen schon von weitem.
»Was?« Ich hielt Gairloch an und versuchte, das Stechen und Brennen in meinen Augen auszuhalten, ohne die Miene zu verziehen.
Er musterte mich. Dann schüttelte er schweigend den Kopf.
»Oh, Dunkelheit ...« Tränen strömten über Tamras Gesicht.
Ich verstand nicht. »Mir geht es gut.«
»Nein ... dir geht es nicht gut«, sprach Tamra mit erstickter Stimme. »Du ... sieh dich doch an.«
Weldeins Blick wanderte von mir zu Tamra und zurück. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch ich fühlte seine Verstörtheit, konnte mir jedoch nicht erklären warum.
Schließlich sah ich Justen an.
Er suchte in seinen Packtaschen herum und holte schließlich einen Spiegel heraus. »Da, wirf einen Blick hinein, Lerris.«
Die Gestalt im Spiegel trug dieselbe braune Kleidung wie ich, doch das Gesicht des Mannes wirkte irgendwie voller; hier blickte zweifellos ein Mann aus dem Spiegel. Ein Hauch von Grau färbte seine Schläfen und seine Schultern waren breit. Die Gestalt sah mir ähnlich, musste aber mindestens zehn Jahre älter sein als ich. Ich bewegte meine Schultern und das Bild äffte mich nach. Der Stoff beengte meine Schultern, wo doch die Tunika, die mir Deirdre genäht hatte, sehr weit geschnitten war, und auch nach meiner Genesung vom Kampf mit Gerlis hatte ich nicht zugenommen.
»Das bin nicht ich. Das muss eine Art Magie sein.« Doch ich wusste es besser, ich brauchte nur Justen anzusehen.
»Jeder außer dir wäre an Altersschwäche gestorben«, sagte er. »Aber auch du kannst die Ordnung nicht einfach benutzen, um das Chaos in bestimmte Bahnen zu lenken, ohne dafür einen Preis zu zahlen.«
Der Boden bewegte sich wieder, doch bei weitem nicht mehr so stark wie zuvor; das Chaos-Beben würde sich bald gelegt haben.
»Mit halben Sachen gibst du dich nicht ab, stimmt's?«, fragte Justen. »Noch immer wird die Erde von Chaos-Wellen erschüttert.«
»Man hat mir keine Wahl gelassen.«
Justen bezweifelte das, seiner Miene nach zu urteilen, aber er zeigte nur auf die schon entfernten Steinhaufen und Trümmer. »Ich nehme an, du
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