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Kampf Dem Chaos

Titel: Kampf Dem Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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du das Lob brauchst?«
    Ich sah ihn einfach nur an. Wieder trafen seine Augen die meinen.
    Das konnte ich nicht. Das konnte ich einfach nicht. Wenn ich um Lob bitten musste, dann war die Sache nichts mehr wert, doch das konnte ich auch nicht sagen.
    Ich blickte Dayala an und dann wieder Justen. Sie sagten nichts.
    »Wenn dieses Lebensband so wunderbar ist, warum sind dann nicht mehr Menschen miteinander verbunden?«
    »Weil es beide töten kann«, eröffnete Justen mir ohne Umschweife. »Wenn einer aus dem Bund stirbt, stirbt auch der andere.«
    »Habe ich das richtig verstanden? Wenn wir miteinander verbunden werden, so wie du und Dayala verbunden seid, könnte uns das beide töten? Und das soll die Lösung sein?«
    Dayala stand auf. »Ich bin gleich zurück.«
    Justen nickte ihr zu, doch ich wusste, dass sie mehr als nur die gesprochenen Worte ausgetauscht hatten. Justen ließ sich auf dem zweiten Hocker nieder.
    »Onkel Justen, nenn mir einen guten Grund.«
    »Das kann ich nicht. Es wäre nicht dein Grund. Du weißt, wer du bist. Du weißt, wer Krystal ist. Du weißt, was du bist. Wenn ich dir einen Grund nenne, Lerris, dann wirst du diesen Grund dazu hernehmen, um entweder die Verbindung abzulehnen oder die Verantwortung auf uns abzuwälzen. Nur du weißt, wer du selbst bist. Du weißt nun, was diese Verbindung bedeutet und wie weit sie führen kann. Du solltest wissen, dass sie aus zwei Menschen einen macht und dass sie die Verbundenen vernichtet, wenn sie sich im tiefsten Innern nicht ausstehen können. Du weißt auch, dass eine solche Nähe keine Täuschung zulässt, und die meisten Menschen können ohne Selbsttäuschung nicht leben. Viele Menschen können sich selbst nicht ins Gesicht sehen. Diese Entscheidung werden wir nicht für dich fällen. Das musst du allein tun, sonst wirst du mir oder Dayala eines Tages die Schuld für die Folgen geben, so wie du auch Recluce die Schuld gegeben hast ... und Krystal.« Er sah mich an und wartete.
    Ich trat vor das kleine Fenster. Von dort aus konnte ich die zerstörten Mauern der Hafenfestung sehen, die sich gefährlich neigenden Gebäude im Hafenviertel – und die langen Schatten.
    Ich wollte doch nur, dass ... was eigentlich? Krystal nahe sein? Warum hatte ich sie dann weggestoßen? Oder hatte sie mich weggestoßen? Vermochte ich ihre Ehrlichkeit anzunehmen oder sollte ich für sie ehrlich sein?
    Meine Augen brannten und ich schüttelte den Kopf. Es war nicht gerecht. Nicht fair. Ich konnte fortgehen, doch noch während ich das dachte, wusste ich, dass ich keine zweite Chance bekommen würde, denn Krystal blieb mit Sicherheit in Ruzor ... und Justen und Dayala müssten sterben, wenn sie die Stadt allein retteten. Und auch das konnte man nicht gerecht nennen.
    Ich musste nicht fair sein. Wer hatte sich mir gegenüber schon fair verhalten? Man hatte mich getäuscht und mich in etwas hineinmanövriert, mich gezwungen, die Wahl zu treffen: entweder riskierte ich mein Leben oder verlor Krystal. Warum sollte also ich fair sein? Ich schuldete niemandem etwas.
    Es wäre so einfach ... fortgehen und der große Lerris werden. Vielleicht geschah das irgendwann. Wer wusste das schon? Wer?
    Ich vernahm ein leises Murmeln vom Hof, so leise, dass ich die Worte nicht verstand.
    Wer wusste, ob ich Ruzor und Kyphros nicht eines Tages wirklich verlassen würde?
    Ich wusste es. Ich erinnerte mich an die Gesichter in der Tiefe und nun hatten sie alle mein Gesicht – sogar Shervan. Es war nicht gerecht, dass er hatte sterben müssen, aber er war trotzdem gestorben.
    Fair? Ich wollte lachen, aber mein Mund fühlte sich zu trocken an, auch Schlucken half nichts.
    Das Wasser im Hafen bewegte sich nicht, nicht die leisesten Anzeichen von Schaumkronen, die Rümpfe der gestrandeten Schiffe wirkten eher wie haushohe Felsblöcke, versunkene Überreste der Vergangenheit, die nie sterben würden.
    Obwohl Sephya bei ihm gewesen war, war Antonin allein gestorben. Gerlis und Sammel war es ebenso ergangen ... denn niemand hatte sich auch nur einen Deut um sie geschert.
    Wollte ich das? Ich hatte es gehasst, wenn ich mich in Recluce allein gelassen gefühlt hatte. Aber warum konnte Krystal nicht verstehen? Warum wollte sie nicht verstehen?
    Ich erinnerte mich an Dayalas Worte: gegenseitiges Annehmen.
    Ein Hauch warmer Luft streichelte mein Gesicht, ein beißender Geruch schwebte jedoch darin mit, der Geruch des Todes, tote Stadtbewohner und noch mehr verwesende Matrosen.
    Ich drehte mich um. Justen

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