Kampf Dem Chaos
du ein großer Magier werden willst, musst du nur Kyphros und Recluce den Rücken zuwenden. Mehr nicht. Alles Weitere wird sich einfach ergeben.«
»Was ist, wenn ich beides nicht will? Warum kann ich nicht ein großer Magier sein und trotzdem geachtet werden?«
»Das lässt das Gleichgewicht nicht zu – nicht mehr.«
Ich stand wieder auf. War außer mir. »Das ist alles Unsinn. Ihr seid nicht besser als mein Vater oder Justen, Ihr wollt doch nur, dass ich das tue, was Ihr wollt.«
Sie stand auf und Schwärze wuchs aus ihr heraus, stark wie ein Sturm. Chaos machte sich breit.
Ich schritt entschlossen zur Tür und drehte mich noch einmal um. Sie stand nur da, die Ordnung allerdings schien in der Erde verwurzelt zu sein, und mir fiel ein, dass sie eine Druidin war, und eine Druidin konnte nicht lügen.
Dennoch stand ich ihr eine ganze Weile gegenüber. Sie wandte den Blick nicht von mir ab und mich überkam das Gefühl, dass der Raum, ja die ganze Welt, auf des Messers Schneide stand. Dann atmete ich tief durch, ging zurück ins Zimmer und setzte mich auf den Hocker.
Draußen trällerte noch einmal der Vogel und ich glaubte, von einem tiefen Abgrund zurückgetreten zu sein.
»Dein Herz ist groß und du willst, dass Krystal dir das auch sagt. Immer und immer wieder. Du gibst nicht nur, weil du gern gibst, sondern weil du von allen hören willst, wie gut du bist.«
Ein Schauer lief mir über den Rücken.
»Güte heißt nicht, für Lob zu geben. Güte heißt geben, auch wenn du unglücklich bist oder wenn deine Kinder nicht verstehen, warum, und es auch nie verstehen werden. Güte bedeutet zu schweigen, wenn du Lob bekommen könntest, denn du weißt, dass das Gute, das du tust, vom Lob zerstört werden könnte. Je mächtiger du wirst, desto schwerer wird es für dich werden, ehrlich zu dir selbst zu sein; und je mehr du mit dem Chaos ringst, desto schwerer wird die Ehrlichkeit zu erlangen sein. Doch du wirst auch weiterhin mit dem Chaos kämpfen müssen und jeder Tag mag den bisherigen Kämpfen gleichen.«
Ich zitterte.
»Das ist der Preis, den die Macht dich kostet. Du bist mächtig, diese Last kann dir niemand abnehmen. Ohne Ehrlichkeit wirst du verlieren. So wie Antonin, so wie der einst so demütige Sammel.«
»Wie kann ich die Ehrlichkeit festhalten?«
»Bist du willig, die gänzliche Ehrlichkeit und die Überprüfung derselben durch andere anzunehmen, einer Überprüfung, der du niemals entkommen wirst? Willst du den Preis zahlen?«
Ich schluckte. »Euren?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe die meiste Zeit meines Lebens mit solcher Beurteilung zugebracht. Justen auch.«
Das Band zwischen ihnen. »Ihr wollt uns auf die gleiche Weise verbinden, wie Ihr mit Justen verbunden seid?«
»Ich will gar nichts. Du bist zu stark, um auf jemanden zu hören, auf den du nicht gezwungen bist zu hören.«
»Würde mich das Band zum Zuhören zwingen?«
Sie lächelte und die Dunkelheit stieg wieder aus der Erde.
Ich wartete.
»Wenn ich sterbe, stirbt auch Justen. Wenn er stirbt, sterbe ich. Er kann sich meinen Gefühlen nicht mehr entziehen und ich mich nicht den seinen.«
Ich dachte mit Schaudern daran.
»Ja.« Dayala sah mich an und wartete. Dann fragte sie mich: »Bist du bereit, mit so einer Ehrlichkeit zu leben?«
Ich überlegte, ob ich sie fragen sollte, wie so ein Band zur vollkommenen Ehrlichkeit führen könnte. Doch ich kam selbst darauf. Wäre Krystal an mich gebunden und ich an sie, würde jedes falsche Gefühl dem anderen offenbart, jede Selbsttäuschung offensichtlich. Wieder lief mir ein Schauder über den Rücken. Die Frage der Selbsttäuschung tauchte wieder auf. Konnte ich mich wirklich selbst täuschen? Justen hatte angedeutet, dass eben dies möglich war.
»Wenn du dich entschieden hast, falls du überhaupt entscheiden willst, werde ich mit Krystal sprechen. Sie wird vielleicht nicht damit einverstanden sein. Doch sollte so ein Band nicht ohne die Zustimmung beider zu Stande kommen.«
»Wäre das denn möglich?«
»Ja. Es gab bereits eine derartige Verbindung zwischen Creslin und Megaera. Diese Verbindung schuf das größtmögliche Gute und auch größtmögliche Böse, das Candar je erlebte, und du und ich und Justen, wir büßen noch immer dafür. Das Gute kann man nicht erzwingen. Nur das Böse.«
Ich wusste keine Antwort. »Ich weiß nicht.«
»Du bist ehrlich. Das ist ein guter Anfang.«
Ich verließ ihr Zimmer und ging hinunter zum Hafen. Als die Sonne die Ebenen im Westen
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