Kampf Dem Chaos
den anderen. War das Liebe? Scherten sich Ordnung oder Chaos etwa um Liebe? Ich kannte die Antwort auf diese Frage, doch ich mochte sie nicht.
Mein Magen krümmte sich zusammen, als ich verstand, dass ich soeben – wahrscheinlich – eine meiner eigenen Fragen an meinen Vater beantwortet hatte. Wenn die Ordnung keine Rücksicht auf die Liebe nahm, hatte er dann eine Wahl gehabt? Dieser Gedanke beschäftigte mich. Hatte ich das Recht, das zu tun, was ich für richtig empfand, ganz gleich ob es im Sinne der Ordnung war oder nicht?
Ich fand keine befriedigenden Antworten darauf und führte Gairloch aus dem Stall in den Hof. Die Morgendämmerung hatte noch nicht eingesetzt, es war dunkel. Ein kalter starker Wind wehte aus Westen und brachte die eisige Kälte aus den Westhörnern mit, zerzauste mein Haar. Ich tastete in meinem Gürtel nach der Strickmütze. Ich trug sie nicht gern, doch meine Ohren wollte ich mir auch nicht abfrieren. Zum Glück brauchte ich sie noch nicht.
Ich tätschelte Gairloch und stieg in den Sattel.
»Magier ...«, murmelte Rissa.
Ich sah zu ihr hinunter und bemerkte, dass sie nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnte.
»Wir kommen zurück, Rissa. Sorg dafür, dass alles in gutem Zustand ist, wenn wir wiederkommen.« Umständlich beugte ich mich zu ihr hinunter und berührte ihre Schulter, um ihr etwas Ordnung einzuflößen.
Sie begann zu schluchzen und ich erkannte wieder einmal, wie viel ich doch nicht verstand. Ich tätschelte ihre Schulter, doch sie schluchzte nur noch lauter. »Geht nur ... Meister ... Lerris ... ich kümmere ... mich schon um alles ...«
Schließlich ritten wir auf der Straße in Richtung Kyphrien und zur Kaserne der Elitegarde, wo ich Yelena treffen sollte. Krystal hatte am Morgen sogar schon vor mir aufbrechen müssen, doch keiner von uns hätte die letzte gemeinsame Nacht missen wollen.
Am Himmel jagten einige hohe dicke Wolken ostwärts, das bedeutete einen strahlenden, aber kalten Tag.
Die Straße nach Kyphrien war menschenleer. Auch in der Stadt selbst schien kurz vor Sonnenaufgang alles wie ausgestorben, sogar der Marktplatz war bis auf zwei Frauen, die ihre Wassereimer über die steingepflasterte Hauptstraße schleppten, leer. Ein paar Lampen flackerten hinter den Fenstern auf und Rauch von verbranntem Holz stieg aus den Kaminen.
Weldein erwartete mich bereits am Kasernentor.
»Die anderen warten in der Außenpostenkaserne am Osttor, Ordnungs-Meister.«
»Bin ich zu spät?«
»Nein, Ser. Die Truppenführerin ist nur schon zu den Außenposten geritten, um sicherzustellen, dass diese auch rechtzeitig fertig werden.«
Ich ritt schweigend durch die östlichen Stadtteile von Kyphrien und die untere Hauptstraße entlang. Ich wäre gern mit Krystal geritten, doch ritten alle Streitkräfte gemeinsam durch Orte wie Dasir oder Jikoya, würde das die jeweiligen Einrichtungen dort zu stark beanspruchen. Also brachen Krystal und die Haupttruppen erst einen Tag nach uns auf.
Ich beeilte mich, um die erst kürzlich zur Truppenführerin beförderte Yelena zu treffen, die nun drei Einheiten der Elitegarde und zwei der Außenposten – eine aus Tellura, die andere aus Meltosia – anführte.
Die Sonne war gerade am Horizont aufgegangen, als ich Gairloch im Hof der Außenpostenkaserne anhielt. Einige der Außenposten waren noch damit beschäftigt, Tornister und Satteltaschen auf die Pferde zu schnallen.
Yelena saß bereits im Sattel und redete mit den Anführern der Einheiten, die sich auf ihren Pferden um sie versammelt hatten.
»Da ist er! Seht ... das ist der Magier ... der mit den unsichtbaren Satteltaschen.«
Die Stimme kam mir bekannt vor. Ich lenkte Gairloch zu den Männern aus Tellura. Shervan – der erste Außenposten, den ich in Kyphros getroffen hatte, derjenige, der überall von meiner ›verzauberten Satteltasche‹ herumerzählte – winkte mir aus der dritten Reihe zu. Der Anführer der Einheit sah mich abschätzig an.
Ich machte wohl keinen sehr magischen Eindruck, nicht in meinen braunen Kleidern und nur mit einem Stab bewaffnet.
»Sei gegrüßt, Shervan.« Ich nickte dem Soldaten neben ihm zu. »Schön dich zu sehen, Pendril.«
Der Anführer schob sich mit seinem Pferd langsam von Yelena weg in meine Richtung. Seine Augen wanderten zwischen Yelena und mir hin und her. Aus irgendeinem Grund lächelte Yelena.
»Das wird ein Abenteuer werden mit dem Magier als Anführer. Hab ich dir die Geschichte nicht erzählt, Pendril?«
Pendril gab
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