Kampf der Gefuehle
war so sehr damit beschäftigt, seine eigene Haut zu retten und sich seinen Stolz zu bewahren, dass es ihm letzten Endes egal war, was sie dazu sagen würde.
Nowgorodtschew war es offenbar nicht egal, wie seine Freundin reagieren würde, falls er besiegt wurde. Diese Einstellung bestimmte seine Vorgehensweise und verstärkte sich noch, als er nach einer Weile erkannte, dass der Kampf unentschieden ausgehen könnte. Wenn keiner der Kontrahenten einen Treffer landen konnte, würden die Sekundanten es dabei bewenden lassen und das Duell abbrechen.
Nur indem man List und Tücke anwendete, schien es möglich zu sein, den Sieg zu erringen. Nowgorodtschew, der unbedingt gewinnen wollte, entschied sich ohne Zögern für diesen Weg.
Gavin bemerkte, was der Russe vorhatte, weil dieser im Zuge einer wütenden Attacke die Augen zusammenkniff und prüfend nach unten blickte, dergestalt unbewusst signalisierend, wo er den verbotenen Hieb anzubringen gedachte. Abrupt riss Gavin den schwarzen Hengst herum, um zu verhindern, dass der heimtückisch niederfahrende Säbel ihn traf.
Doch Gavin war nicht schnell genug gewesen.
Aufblitzend drang die Spitze des gegnerischen Säbels in Haut und Muskeln und schlitzte dem Rappen die Flanke auf. Außer sich vor Schmerzen, schrie das Pferd auf, bäumte sich hoch und sprang, wild um sich tretend, auf die Grenzmarkierung zu, deren Überschreitung bedeutete, dass der Kampf verloren war.
Es blieb nur eine Möglichkeit übrig. Gavin schlüpfte aus den Steigbügeln und sprang aus dem Sattel.
Als er auf dem Boden aufkam, stolperte er, rutschte im Schlamm aus und landete mit solcher Wucht auf dem Rücken, dass ihm die Luft wegblieb. Sein Säbel entglitt ihm und flog durch die Luft, bis er außerhalb von Gavins Reichweite auf die Erde fiel.
Den Abmachungen zufolge hätte Nowgorodtschew haltmachen und absteigen müssen, um zu Fuß weiterzukämpfen. Stattdessen gab er seinem Pferd die Sporen und ließ es auf Gavin zugaloppieren. Gleichzeitig holte er mit seinem Säbel aus, der in glitzerndem Bogen die Luft durchschnitt. Schreie und Rufe erklangen, die Sekundanten kamen angerannt, deren eilige
Schritte vom Donner der Pferdehufe verschluckt wurden.
Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen war eine Sache des Instinkts, nicht der Überlegung. Gavin wartete ab, derweil versuchend, wieder zu Atem zu kommen. In letzter Sekunde rollte er sich, all seine Muskeln anspannend, zur Seite, um nicht unter die Hufe des Grauschimmels zu geraten. Er fühlte, wie der Luftzug von den Hufen des Pferdes an seinem Kopf entlangstrich, hörte das Zischen des Säbels, als der Russe sich vorbeugte und zuschlug, spürte, wie die Klinge in den Stoff seines Rocks drang und ihm einen Teil des Rückens sowie die Seite aufschlitzte.
Nowgorodtschew jagte an ihm vorüber, um sein Pferd sogleich derart heftig herumzureißen, dass es aufwieherte, weil ihm die Trense ins Maul schnitt. Gavin sprang auf, erfüllt von jener brennenden, unbesonnenen Kraft, die sich einstellt, wenn Zorn in einem auflodert. Als Nowgorodtschew erneut auf ihn zugedonnert kam, wich er zur Seite aus und packte den langen Rockschoß des Russen. Indem Gavin sich mit seinem ganzen Gewicht daran hängte, gelang es ihm, seinen Widersacher aus dem Sattel zu ziehen.
Gavin packte den wild um sich schlagenden Russen beim Handgelenk und entriss ihm seinen Säbel. Dann ließ er das schwere Heft der Waffe mit voller Wucht auf seinen Gegner niedersausen und traf ihn direkt hinter dem Ohr. Ächzend sackte Nowgorodtschew zu Boden, während Blut aus der Wunde trat und sein weißes Haar blassrosa färbte.
Schwankend stand Gavin da. Etwas Heißes und Feuchtes rann ihm über den Rücken und die linke Hüf-te. Er hatte das Gefühl, als stünde er vom Nacken bis zu den Kniekehlen in Flammen. Vor Schmerz wurde ihm rot vor Augen. Er sah Nathaniel auf sich zukommen, dessen Gesicht merkwürdig verzerrt wirkte. Hinter dem Jungen tauchte Kerr Wallace auf, der jedoch in grauen Nebel eingehüllt zu sein schien.
Der Nebel kam näher, streckte sich nach ihm aus und drückte ihn auf das schlammige Gras, das weich und warm wirkte. Doch trotz der Bewusstlosigkeit, die ihn allmählich einhüllte, nahm Gavin den süßen Duft einer Frau wahr, spürte er, wie ihm eine kühle glatte Hand über die Stirn strich, während eine melodische weibliche Stimme an sein Ohr drang, die ihn in einem Ton schalt, in dem sich Zorn und Entsetzen mischten.
Ariadne, dessen war er sich sicher. Ariadne war doch noch
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