Kampf um das Zauberschwert "Drachenauge"
nicht was ähnliches
passieren — zumal: Wer Ganoven unter die Lupe nimmt, entdeckt immer neue
Straftaten.“
„Das heißt also“, sagte
Klößchen, „wir sind um 18Uhr auf dem Kinderspielplatz neben der Fixer-Szene am
Staatssekretärs-Platz?“
„Vorher!“ sagte Tim. „Der
schlaue Ganovenjäger ist immer vorher da. In unserem Fall: mindestens 15
Minuten.“
„Und wo soll ich mich stärken?
Eis ist keine Stärkung, nicht mal Schoko-Eis. Und im Landesmuseum gab’s nichts
zum Mampfen. Keinen Imbiß, kein kaltes Buffet. Vlichtmeier hat wahrscheinlich
auch dazu keine Mittel. Oder er ist vom Geiz besessen.“
Tim sah zur Uhr.
„Noch über anderthalb Stunden.
Wir schlurfen mal ab in die Fußgängerzone. Heiko Meier-Senflauge hat erzählt,
in den Kaufhäusern gäbe es ab heute Drachenauge-T-Shirts. Da hat man schnell
reagiert und die Leibchen gleich hergestellt.“
„Nur neu bedruckt“, sagte Gaby.
„Wahrscheinlich sollte vorher sowas drauf wie Mickymaus oder
Gib-Aids-keine-Chance.“
„Bin ich aber neugierig“,
verkündete Klößchen. „Gut, gehen wir! Dort ist ja auch eine Schnellfresse neben
der andern.“ Tim hatte, während sie redeten, die Umgebung nicht aus dem Auge
gelassen, hatte anfänglich vor allem auf Hahrmann und Dröhnkop geachtet, die
sich aber gleich verzogen nach Drauschilts Abfahrt. Andere Typen mit
verdächtiger Ausstrahlung tauchten nicht auf. Drachenauge war also zunächst mal
in Sicherheit.
*
Sie fuhren mit Edmunds Auto,
einem grauen Kleinbus, der erstens nicht auffiel und zweitens zweckdienlich
war, weil Bernd, die Ameise, ihn nicht kannte.
Edmund, der Schweizer,
chauffierte; und er war ein sauschlechter Fahrer, schnitt anderen die Vorfahrt,
löste Hup-Konzerte aus, rollte bei Rot über die Kreuzung, blinkte grundsätzlich
nie, hielt auch keinen Sicherheitsabstand zum Vordermann.
„Paß auf!“ brüllte Thomas, der
Landsknecht, der neben ihm saß. „Der Kombi! Gleich sitzt du ihm drauf.“
Edmund bremste abrupt.
Thomas und Reinhold, das
Bonbon, wurden ruckartig nach vorn gedrückt.
Thomas fluchte und legte
endlich den Sicherheitsgurt an.
Reinhold hatte wieder sein
Bonbon — Zitronengeschmack — ausgespuckt. Es war zwischen den beiden nach vorn
geflogen und klebte als gelber Klecks an der Windschutzscheibe.
„Wo hast du eigentlich fahren
gelernt?“ fragte Thomas, der Landsknecht.
„Überhaupt nicht“, grinste
Edmund, der Schweizer.
„Was heißt das?“
„Ich bin mal — ist schon lange
her — nachts in eine Behörde eingebrochen, habe Führerschein-Formulare geklaut
und an Ort und Stelle gleich abgestempelt — so wie es sein muß. Einen
Führerschein habe ich auf mich ausgestellt. Die andern habe ich verkauft. Mit
dem Wisch fahre ich seit 17 Jahren. Natürlich unfallfrei.“
„Natürlich!“ meinte Reinhold
und suchte vergeblich in seiner Bonbon-Tüte nach einem mit Zitronengeschmack.
Die drei waren sofort zu Bernds
Adresse gefahren.
Doch wie zu erwarten, die
Ameise hütete sich, den eigenen vier Wänden nahezukommen.
Thomas, der Landsknecht, hatte
die Wohnungstür geknackt und alles durchsucht: die beiden Zimmer, Küche, Bad
und den Verschlag im Keller. Der ehemalige Komplice hatte seine Plunder-Möbel offenbar
vom Sperrmüll geholt oder für wenig Geld auf dem Flohmarkt erstanden.
Die Wohnung enthielt nichts
Wertvolles und nichts von Belang. Und nichts aus dem Prückler-Melbaschen
Schatz.
„Die Truhe ist woanders
versteckt“, hatte Thomas seinen Komplicen erklärt.
Und dann standen alle da —
ratlos und dampfend vor Wut.
Jetzt fuhr das Trio kreuz und
quer durch die Stadt und betete zum Zufall, daß der ihnen Bernd, die Ameise,
serviere.
Aber in einer so großen Stadt
trifft man bekanntlich immer nur jene Leute, denen man auf keinen Fall begegnen
möchte — wegen bestehender Feindschaft, weil man geborgtes Geld schuldet, oder
weil man die Firma gewechselt hat und nun über ehemalige Kollegen schlecht
redet. Den Gesuchten trifft man nie. Außerdem versteckte sich die Ameise.
Die Stimmung sank auf den
Gefrierpunkt.
In Gedanken hatte sich jeder
schon gefreut auf eine Million DM. Und nun dies!
„Ich versuche“, erklärte
Thomas, der Landsknecht, „mich hineinzudenken in diesen Kameradenbetrüger,
diesen Hühnerdieb, diesen Ameisena...! Moderlieschens Fensterscheibe im Keller
ging vor drei Tagen zu Bruch. Also erst vor drei Tagen hat die Ameise den
Tresor leer geräumt. Die Truhe sollte drinbleiben, bis wir klar sind
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