Kampf um die Löwenburg
vorsichtig um. „Von dort kommt das Jammern.“ Er zeigte auf einen Spalt.
Lea zwängte sich in die Mauerlücke, drehte sich um und grinste. „Das musst du sehen!“, flüsterte sie.
Florian blickte in eine halbdunkle Kammer hinunter. Da hockte Julo auf einem Strohhaufen und biss in ein großes Brot. Er schnaufte und jammerte: „Herr Nominus schimpft immer mit mir. Weiß er denn nicht, dass ich alles tu für ihn, alles? Fress mich doch ein Knochentroll. Ich esse ja nur, weil ich Hunger hab. Ich hab immer Hunger! So etwas kennt Herr Nominus gar nicht!“
Lea zerrte Florian weg. „Genug gesehen! Wir müssen weiter!“
Sie standen vor einer windschiefen, unscheinbaren Tür. Sie war mit sonderbaren, dunklen Zeichen bedeckt, geschrieben mit Gallentinte oder – Blut. Lea fummelte an dem großen Türschloss herum. Es knackte leise, und die Tür sprang mit einem hässlichen, raunzenden Geräusch auf.
Florian blieb beinahe die Luft weg. Riesige Knochenschädel grinsten von der Wand. Daneben hingen Rippen und Wirbel, die wohl von Drachen stammen mussten. Es roch wie in einer Grabkammer. „Alles Knochentrolle!“ Lea schüttelte sich. Florian hatte genug von den alten Gebeinen. Er drehte sich um und betrachtete die Zeichnungen. Sie zeigten Elfen, Leute des Alten Volkes! Die Blätter lagen auf einem schäbigen Tisch verstreut. Nominus musste sie angefertigt haben, jedes Bild war mit „Dominus“ unterzeichnet. Die Elfen sahen durchwegs freundlich aus, sie trugen Namen wie Natrice, Capralfin, Lutra-King, Krautscheuch, Fallfalla und Fell-Erling. Florian schüttelte den Kopf. Was sollte das? Der Verwalter zeichnete Elfen? Nicht als furchterregende und schreckliche Gestalten, sondern als liebenswürdig und nett! Da zeigte sich Nominus von einer ganz anderen Seite …
Florian schreckte zurück. Unter dem Tisch stand ein Käfig, und darin saß ein Schwarzalb, der ihn aus großen, blassen Augen anstarrte. Er hatte das mächtige Gebiss gefletscht wie ein zorniger Hund. Die Haut um die Nasenlöcher zuckte. Lea traute ihren Augen nicht: „Ist das … ein Schwarzalb?“
„Schau!“, flüsterte Florian, „das rechte Ohr hat drei Einkerbungen. Das hat ihm sicher Nominus angetan!“ Der Alb schnüffelte an den Gitterstäben. Dazu stieß er leise, pfeifende Geräusche aus. „Mir tut er leid“, sagte Florian leise. Der Alb hörte zu pfeifen auf und sah den Jungen an. „Ich lass ihn laufen!“ Entschlossen griff Florian nach dem Riegel an der Käfigtür.
„Bist du verrückt? Der ist gefährlich!“, zischte Lea.
Da hatte Florian den Riegel schon zurückgeschoben. Der Schwarzalb legte den Kopf schief, dann stieß er die Gittertür auf und sprang aus dem Käfig. „Schnell, versteck dich!“, rief Florian und drängte Lea hinter einen hohen Kasten.
„Warum? Was ist los?“
Die Tür wurde aufgedrückt. Der Schwarzalbe kreischte wütend und sprang einer hohen, schwarzen Gestalt entgegen. Nominus brüllte: „Du Ausgeburt! Wie hast du es geschafft … au!!“ Der Alb hatte Nominus in die Hand gebissen und verschwand blitzschnell nach draußen. Der Verwalter sprang ihm nach. „Warte, dich krieg ich! Und dann schneide ich dich in dünne Streifen und brate dich auf dem Rost, du Albengezücht, du abscheuliche Ausgeburt!“ Seine wütende Stimme wurde hoch und schrill. Der Lärm verlor sich in den Gängen.
„Jetzt!“ Lea zog Florian aus dem Kabinett des Grauens. „Komm, in die Richtung müssen wir!“ Sie lief voran.
Nach wenigen Minuten standen sie vor Florians Kammer. „Hinein mit uns und HURKS und HORKS gespielt!“
Es dauerte nicht lange, und Nominus riss die Tür auf. „Ihr zwei, habt ihr nichts gehört?“, fragte er mit süßlicher Stimme. Die verletzte Hand hielt er unter seiner Robe verborgen.
Lea sah vom Spielbrett auf. „Nein, Onkel, wir haben gespielt. Florian hat mich gerade zweimal hintereinander geschlagen. Es ist zum Aus-der-Hautfahren! Was hätten wir denn hören sollen?“
„Nichts, nichts. Übt nur weiter. Wenn du schon so gut in HURKS und HORKS bist, junger Mennendräumer, musst du bald gegen mich antreten!“ Nominus verschwand.
Fast ein Heiratsantrag
„Ui, das war knapp. Woher hast du gewusst, dass Onkel Dom in die Kammer kommen würde?“, fragte Lea.
„Ich weiß nicht, aber ich habe ihn einfach gesehen. Und dann ist er schon in der Tür gestanden.“
Lea strahlte Florian an. „Das mit der Befreiung des Schwarzalben war eine geniale Idee. Der hat den Onkel ziemlich aus der Fassung
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