Kampf um die Löwenburg
Denkst du nicht an die Unglücklichen, die spurlos im Wald verschwunden sind? Elfen kennen keine Liebe und kein Gewissen, kein Erbarmen und keine Reue. Sie kennen nur sich selbst.“
Florian antwortete vorsichtig: „Aber einige der Elfen schützen doch den Wald, schützen die Pflanzen und die Tiere.“
„Ach, Florian. Du denkst wie ein Kind. Der Wald wächst von selbst. Und die Tiere auch.“ Der Verwalter sah Florian gerade in die Augen, als suche er dort etwas. „Lass dich nicht vom Schattenhocker verlocken, etwas Dummes anzustellen. Früher oder später endet er im Turm. Dort mag er dann bei den Gebeinen seiner Vorgänger verrotten.“
Lea saß bei Florian in der Kammer. Sie spielten HURKS und HORKS. Lea hob den Blick von den Spielsteinen und fragte: „Onkel Dom hat mir erzählt, dass du angegriffen worden bist. Stimmt das?“ Florian wurde rot. Er hatte Lea eigentlich nichts von seinen Abenteuern im Huldrewald erzählen wollen. Er verschob seinen HORKS-Stein und nickte. Lea gab nicht auf. „Was hat dich gebissen?“
„Ich war im Wald. Da hat mich etwas … erwischt“, stotterte er verlegen.
„Du bist ohne mich in den Wald gelaufen? War gemein von dir!“
Florian suchte nach einer Ausrede: „Es wäre ziemlich gefährlich gewesen, wegen der Trolle. Ich wollte es dir sagen, aber dann ist Nominus gekommen.“
Lea verzog das Gesicht und stand langsam auf. „Du hättest mich mitnehmen können. Ich habe geglaubt, du bist mein Freund.“
„Bitte, bleib da! Es war ein Schwarzalbenbiss!“
Leas Augen wurden rund wie große Heidelbeeren. „Echt? Diese Dinger gibt es wirklich? Zeig mir die Bissstelle!“ Die Spuren der scharfen Albenzähne waren deutlich zu sehen. Die Wunde hatte sich entzündet und sah nicht gut aus. „Ui, das ist aber ein Ding!“, rief Lea fasziniert. „Erzähl, wie schauen die Biester aus? Gegen wie viele hast du gekämpft? Hast du auch welche abgemurkst?“
Florian hatte keine Lust, aufzuschneiden. Kurz erzählte er von seinem Ausflug.
Lea hörte mit offenem Mund zu. „Was war das für ein Kronending?“
„Eine riesige Krone aus Knochen. Ganz gewiss geschnitzt von einem …“
„… Knochentroll!“, ergänzte Lea entsetzt.
Florian nickte: „Ich habe sie in einen Baum gehängt. Ich will nichts mit dem grausigen Zeug zu tun haben.“
„Aber sie wäre sicher viel wert gewesen! Schade, dass du sie nicht mitgebracht hast. Onkel Dom hätte dich sehr gelobt. Das wäre ein Prunkstück für seine Sammlung gewesen!“ Lea sah Florian mit funkelnden Augen an. „Du bist ein echter Abenteurer. Du verdienst es, etwas Besonderes zu sehen.“
Florian fragte misstrauisch: „Was?“
„Onkel Doms Geheimkammer.“
Dsteres Geheimnis
„Schau, da kommt das Essen her!“ Lea schob eine Tür auf, hinter der es wunderbar roch.
Eine scharfe, schrille Stimme schnitt durch den Küchendampf: „Verschwinde, Kerfel! Du kriegst nichts, auch wenn du noch so bettelst! Ist dir das endlich klar, du Gierschlund!“ Patsch! Irgendetwas Klumpiges, Blutiges klatschte knapp an Florian vorbei hinaus auf den Gang.
„Sibilla, ich bin’s. Und ich habe Florian mit, unseren Gast!“
Da erschien Frau Sibilla im Türrahmen. Ihre Stimme wurde sanft. „Verzeih, Florian, ich habe geglaubt, dass der Stinker Kerfel um die Küchentür schleicht, oder gar der verfressene Kerkermeister Julo.“ Sie strich sich die Haare aus der Stirn und rief zurück in die Küche: „He, Mona, bring was von der frischen Fleischpastete.“
Florian dachte mit Grauen an den blutigen Klumpen, der in einer rosafarbenen Lache hinter ihm lag. Lea sagte rasch: „Danke, wir haben noch etwas vor. Aber wenn jemand nach uns fragt: Du hast uns nicht gesehen, versprochen, Sibilla? Wir kommen dafür ein anderes Mal wieder.“ Frau Sibilla lächelte nur.
Sie tappten durch einen halb verfallenen Gang im unteren Teil der Burg. Große, blasse Spinnen liefen vor ihnen davon, hin und wieder raschelte es. „Ratten“, dachte Florian. Lea schien das nichts auszumachen. Es wurde immer düsterer, der Gestank nach Moder und faulendem Stroh nahm zu. „Still! Da ist wer!“ Lea blieb stehen. Ein klägliches Jammern wehte dünn durch den Gang.
„Ist das ein Gefangener?“, flüsterte Florian.
Lea schüttelte den Kopf. „Nein. Im Burgverlies gibt es keine lebenden Gefangenen mehr. Da hängen höchstens ein paar vergammelte Skelette herum. An rostigen Ketten und Foltergeräten.“
„Dann kann es nur ein Gespenst sein.“ Florian sah sich
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