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Kampf um die Löwenburg

Kampf um die Löwenburg

Titel: Kampf um die Löwenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Thorwartl
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Florian hatte sich geirrt. In seinen Tagträumen hatte er sich die Ritter herbeigewünscht. Und so hatte er im Glitzern des Schnees die Spitzen der Speere und Schwerter gesehen. Am Morgen des dritten Tages knurrte der enttäuschte Burgherr: „Eigentlich sollte ich den Grünschnabel, der Ritter sieht, wo keine sind, zu Hause lassen. Bei Blümchen und Pommelchen.“
    Nominus schüttelte den Kopf und starrte giftig auf Florian, der wie ein Häufchen Elend vor ihnen stand. „Versprochen ist versprochen. Dafür soll der Junge alle Schrecken der Wolfsjagd miterleben, den Blutdurst der Bestien, ihre rasende Wut und ihren grässlichen Gestank! Das wird ihm eine Lehre sein. Der kleine Träumer reitet mit mir!“
    „Na gut. Ich will nicht länger warten. Sollen uns deine Krull führen. Nominus, du bist mir verantwortlich für das Bürschchen!“
    Als Florian vor die Burg trat, sah er das unheimliche Heer der Krull gerade im Wald verschwinden, Lucidus und Kerfel im Gefolge. Nominus und Florian drangen als Letzte in den Wald ein. Nach einiger Zeit erreichten die beiden eine dichte Buschreihe. Dahinter ragte undurchdringlich und abweisend der schwarze Huldrewald auf. Nominus ritt ein Dutzend Schritte vor Florian, wachsam nach allen Seiten blickend. Hier begann das Reich der Knochentrolle. Doch die hielten angeblich schon Winterschlaf. Vor wenigen Tagen war Florian noch durch einen bunten Herbstwald gewandert, nun schritt er durch eine eisige Winterlandschaft. Von Wölfen war weit und breit nichts zu hören. So war dieser Ritt in den Wald genau das, was sich Florian im Stillen erhofft hatte, ein ungefährlicher Ausritt. Er gab dem kleinen Pferd einen leichten Fersendruck und schloss zu Nominus auf. Zwischen Buschreihe und Wald – jetzt konnte auch er es sehen – klaffte ein breiter Spalt im Felsen.
    „Komm, steig ab.“ Nominus ging ganz nah an die Schlucht heran und starrte in die Tiefe. Er winkte Florian zu und sagte halblaut: „Sieh dir das an. Pass aber auf, wohin du trittst, man kann hier leicht ausrutschen. Und dann heißt es: Ab in die Tiefe!“ Nominus lachte, in der Ferne hörte man sein hässliches Echo. Er spuckte angewidert in den Abgrund: „Diese Schlucht ist älter als die ersten Menschen, die nach Elvenden gekommen waren. Als die großen Jammerer über das Gebirge kamen, das heute ihren Namen trägt, wunderten sie sich über das fruchtbare Land. Die großen Jammerer, die Heuler, auch Sturmkinder genannt, waren Riesen aus dem eisigen Norden. Sie nahmen mit Freuden das wunderschöne Land in Besitz. So lebten sie lange glücklich und unbehelligt, bis aus der Erde die ersten Elfen krochen, wie bleiche Maden, die Kinder der Finsternis. Es waren die Knochentrolle. Die Knochentrolle waren den Sturmkindern unterlegen, aber sie kamen immer nachts. Sie wollten den Riesen das Land stehlen. Also quälten die Trolle sie in ihren Träumen, sie träufelten ihnen das Gift des Misstrauens und des Verrats in die Ohren. So hetzten sie schließlich die Großen Jammerer gegeneinander auf. Diese erhoben sich, noch halb vom Schlaf umfangen, und schlugen aufeinander ein. Als der erste Sonnenstrahl über der östlichen Ebene aufging, lebte nur mehr ein einziger der Riesen. Er sah, wie seine Schwestern und Brüder tot vor ihm lagen, und heulte seinen unermesslichen Kummer in den Himmel. Die Knochentrolle lugten aus ihren Löchern und sahen voll Vergnügen, was sie angerichtet hatten. Der letzte Große Jammerer entdeckte sie. Er wusste nun, wer die Verursacher dieses großen Unglücks gewesen waren. Doch als er sich auf sie stürzen wollte, verschwanden sie. Daraufhin trampelte er voller Wut über ihre Löcher, bis der Felsen entzweibrach und diese Schlucht geboren wurde. Zusammen mit dem letzten Großen Jammerer stürzten auch viele Knochentrolle in den tiefen Spalt. Aber ich fürchte, es sind immer noch genug von ihnen am Leben. Seit dem großen Unglück ist diese Schlucht ein offenes Grab.“ Nominus beugte sich abermals vor. Seine Stimme klang ungewohnt heiser: „Ich möchte nicht wissen, wer oder was dem Riesen und seinen bösartigen Feinden in die Tiefe nachgefolgt ist im Laufe der Jahrtausende, wessen Gebeine dort unten in diesem grausigen Maul des Abgrunds verfaulen.“
    Florian kam vorsichtig näher und starrte hinab.
    „Man nennt sie auch die Abschiedsschlucht. Ein komischer Name, nicht wahr? Aber es stimmt, aus dieser Schlucht ist niemand je wiedergekehrt.“ Nominus lächelte verträumt. „Auch du wirst niemals

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