Kampf um Golgrimms wundersame Welt (German Edition)
vom Schrank verschlungen wurde, der ist für immer verloren.“
Der Chronist wusste nicht, was er tun sollte. Sein Blick flog zu den beiden an der Treppe, dann wieder zum Schrank und zurück zu dem Alten.
„Aber Vincent war sogar imstande etwas in diesen Schrank hineinzulegen. Weil er ein… Zauberer war?“
„Der, der das was ihr sucht dort deponierte, war auch kein Mensch.“, war die Antwort. „Nicht mehr.“
„Natürlich.“, flüsterte Thaddäus zu sich selbst. „Vincent war auch ein Halbgott.“
Sarah zerrte immer heftiger an den Ketten, Zusätzlich stützte sie sich mit einem Fuß gegen die Tür des Schranks und keuchte vor Anstrengung. Und nun schien es dem Schrank endgültig zu viel zu werden!
Er brüllte wie ein Tier, sprang Mädchen und Teddybär entgegen und riss die Türen so weit auf, wie es seine Ketten zuließen. Erschrocken wich Sarah einen Schritt nach hinten und schrie laut auf.
Da donnerte es und eine heftige Druckwelle stieß den Schrank gegen die Wand hinter sich. Thaddäus und die drei Diebe riss es regelrecht von den Füßen und sie landeten unsanft auf ihren Hintern. Holzsplitter und kleine Metallstücke flogen durch den Raum und mittendrin stand Sarah, ihre Haare wehten wild und ihre Augen schienen weiß zu leuchten.
„SPUCK! IHN! AUS!“, schrie sie und da öffneten sich die Schranktüren ächzend, eine hing kaum noch richtig in den Angeln, und ein völlig atemloser Miguel fiel heraus. In seiner rechten Hand hielt er etwas umklammert.
Dann war alles wieder ruhig.
Thaddäus richtete sich benommen wieder auf und blickte sofort zu dem Schrank. Doch der stand ramponiert und sehr ruhig an der Wand. Sarah half Miguel auf die Beine und zusammen mit Mister Barcley kamen sie zu dem Chronisten zurück.
„War ich das etwa?“, fragte das Mädchen mit einem verängstigten Unterton. Thaddäus nickte träge.
„Ja, ich denke, das bist du gewesen. Es war… beeindruckend!“
„Was war das?“
„Dein Erbe hat dich wohl schneller gefunden als gedacht. Wie geht es Miguel?“
„Mir geht… es gut. Etwas außer… Atem nur. Ich habe… etwas gefunden…“, ächzte der Rote Retter und hielt seine Hand hoch. Etwas Hölzernes ragte zwischen den Fingern hervor. Und ein Stück Papier. Er reichte es Sarah herüber. Es waren ein krummer Stock und ein Bild. Das Mädchen besah sich den Stock. Es war ein ganz gewöhnlicher blattloser, kleiner Zweig und ein verdrehter noch dazu. Dann entfaltete sie das Stück Papier. Es war eine alte Fotographie, eindeutig aus ihrer Welt, nicht von Notrak Husch. In dieser Welt gab es keine Fotos.
Das Bild zeigte ein schlafendes Baby in einem Gitterbettchen, das einen Teddybären im Arm hielt. Es war Mister Barcley. Also musste das Baby Sarah sein!
„Was soll das bedeuten...“, fragte das Mädchen in den Raum hinein, mehr zu sich selbst, als zu den anderen Anwesenden. Thaddäus stellte sich mit erhobenen, erklärenden Händen vor sie hin.
„Ja, verstehst du denn nicht? Du bist Vincents Erbe. Es gibt nichts Materielles in dieser Welt, was er dir großartig vererben kann. Die Magie steckt in dir drin. Du musst sie einfach nur erkennen. Dein Erbe steckte die ganze Zeit in dir drin und nach dem, was du gerade mit dem Schrank gemacht hast, scheinst du die Magie gefunden zu haben. Oder sie dich, das kommt natürlich ganz auf den Winkel der Betrachtung an.“
Sarah blickte hinab auf das Foto in ihrer einen und den seltsamen Zweig in ihrer anderen Hand. Sie verstand nichts. Was für einen Sinn hatte es, dieses Foto in einem monströsen Schrank zu verstecken? Onkel Vincent hatte gesagt, er sei der Bruder ihres verstorbenen Großvaters gewesen. Über mehr wollte der alte Lord damals nicht reden, als sie nach der Entführung ihrer Eltern und dem Brand ihres Hauses zu ihm aufs Schloss gekommen war. Und danach war dieses Thema nicht mehr zur Sprache gekommen.
Doch diesmal würde sie sich nicht hinhalten lassen. Diesmal würde ihr Onkel Vincent Rede und Antwort stehen müssen. Sie würde nicht locker lassen, bis sie die ganze Wahrheit über ihn wusste!
„Wir sollten zurück zu Elfriede und Nepomuk. Uns bleibt nicht viel Zeit.“, unterbrach der Chronist ihre Gedanken. Das Mädchen nickte.
Ja, die Zeit war knapp. Der Angriff der finsteren Kaiserin stand sicherlich kurz bevor.
GEFLÜGELTER VERRAT
Emsig und angestrengt flatternd hatte Servatius die Wüste wieder südwärts durchquert und erreichte sodann auch das darunter
Weitere Kostenlose Bücher