Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
2,13 Milliarden pro Jahr. Zieht man noch die Brennstoffkosten ab, die durch den Solarstrom eingespart werden, kommt man auf nur noch 1,82 Milliarden im Jahr. (Eine andere Studie des Wuppertal Instituts, das die Rechnung des RWI überprüfte, kam gar auf insgesamt nur 55 statt der vom RWI berechneten 64 Milliarden.) Dies alles klingt schon weitaus weniger beeindruckend. – Doch welche Botschaft verbirgt sich hinter dieser Rechnerei? Genauso könnte man sagen: Wir bezahlen 90 Milliarden Euro im Jahr für Brennstoffe. Im Jahr! Wäre es da nicht eine gute Idee, ein paar zusätzliche Milliarden zu investieren (knapp 2 Milliarden für Solarstrom), um die Kosten für Brennstoffe in Zukunft einzusparen? Doch niemand kommt auf die Idee, 90 Milliarden an Brennstoffkosten auf 30 Jahre hochzurechnen. Dem 64 Milliarden Euro teuren Solarstrom stünden dann 2700 Milliarden Euro Brennstoffkosten gegenüber.
Der Kosten-Tsunami ist ein Zahlenspiel, das die Realität keineswegs beschreibt. – Auch wenn ihm ein nicht ganz abwegiger Gedanke zugrunde liegt: Das EEG sieht eine feste Vergütung für Strom aus den verschiedenen erneuerbaren Energiequellen vor. Angenommen, das wären zum Beispiel 5 Cent pro Kilowattstunde für aus Wind gewonnenen Strom oder 20 Cent pro Kilowattstunde für Solarstrom (der genaue Satz variiert je nach Leistung einer Solaranlage; derzeit liegen die Sätze zwischen 13,5 und 19,5 Cent). Diese Vergütung fällt für jede produzierte Kilowattstunde an. Das bedeutet, wenn sich die Menge des produzierten Ökostroms erhöht (zum Beispiel von 100 auf 300 Kilowattstunden), dann steigt auch der Betrag der vergüteten Menge (von 100 mal 20 Cent auf 300 mal 20 Cent). Es wird also deutlich teurer. Denn, und darin sehen die Kritiker des EEG den entscheidenden Haken, jede Kilowattstunde wird vergütet, egal, ob der Strom beim Verbraucher ankommt oder nicht. Die Rede vom Kosten-Tsunami suggeriert, dass es sich hierbei um unkontrollierbar steigende Kosten handelt, die sich wie viele kleine Wellen zu einer immer mächtigeren Wassermasse auftürmen – wenn wir der Energiewende oder zumindest dem EEG in seiner jetzigen Form nicht Einhalt gebieten. Das ist jedoch nur richtig, solange man alle anderen Faktoren ausblendet, die letztendlich für die Entwicklung des Strompreises verantwortlich sind, denn die Realität sieht schon heute anders aus. So sinkt der Vergütungssatz nach der letzten EEG -Novelle bereits rasch, die Kosten für den weiteren Zubau der erneuerbaren Energien werden also immer geringer.
In der Energiewirtschaft besteht zwischen den Kosten und dem Preis von Strom ein großer Unterschied, wie im vorangegangenen Kapitel bereits ausführlich erläutert wurde. Die EEG -Umlage erhöht sich zum Jahr 2013 um 1,7 Cent, doch nur 0,2 Cent davon fallen für die reinen Produktionskosten an. Wenn aber die Herstellung des grünen Stroms gar nicht mehr so teuer ist, warum steigt die Förderung dann so stark an? Weil wir die EEG -Umlage nicht allein wegen der mit dem Ökostrom verbundenen Produktionskosten bezahlen, sondern aus ökonomischen Gründen. Sie ist ein marktregulierendes Instrument. Gerade der Umstand, dass die EEG -Umlage nur zu einem geringen Teil zur Finanzierung der Produktion von Ökostrom dient, macht aber die auf uns zukommenden Kosten kontrollierbar: Denn natürlich ist es möglich, die Förderung des Ökostroms den Veränderungen des Marktes anzupassen. Der Gesetzgeber hat dies bereits mehrfach getan. So wurde für die Vergütung für Solaranlagen ein sogenannter atmender Deckel festgesetzt: Je mehr Solaranlagen gebaut werden, desto schneller sinkt die Vergütung. Aktuellen Prognosen zufolge wird die EEG -Umlage daher nicht unkontrolliert explodieren, sondern bis spätestens 2020 noch leicht steigen und danach wieder fallen. Manche Prognosen gehen sogar davon aus, dass die Umlage schon 2014 fallen wird, unter anderem deshalb, weil die Förderung neuer Photovoltaikanlagen bereits massiv gekürzt wurde. Das liegt wiederum daran, dass die Produktion von Solarstrom in den letzten zwei Jahren wider Erwarten deutlich billiger geworden ist. Ausgerechnet die von allen Seiten als unbezahlbar verteufelte Solarenergie ist damit zu einem echten Erfolgsmodell geworden. – Und wie steht es um den Strom, den wir bezahlen, obwohl er nicht in die Netze eingespeist werden kann? Dies passiert insbesondere bei den Windanlagen in Norddeutschland, die häufig mehr Energie produzieren, als die Netze transportieren können. Auf
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