Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
diese Weise ist in den letzten Jahren 0,5 Prozent des in Windanlagen produzierten Stroms verloren gegangen – eine verschwindend geringe Menge.
Schein und Sein: Die Mär vom freien Strommarkt
Obwohl die Produktion des grünen Stroms nicht den eigentlichen Kostenfaktor darstellt, wäre es verfrüht, die EEG -Umlage und damit die Förderung von Ökostromanbietern jetzt schon einzustellen. Jene, die mit dem Horrorszenario vom Kosten-Tsunami gegen das EEG streiten, argumentieren, das Gesetz schränke den Wettbewerb ein, weil der Stromproduzent durch die fest garantierte Vergütung nicht gezwungen ist, so billig wie möglich zu produzieren. Sie wollen stattdessen eine Regelung, die scheinbar marktwirtschaftlicher wäre, indem sie nur jene Ökostromanbieter begünstigt, die ihren Strom zu den niedrigsten Preisen verkaufen können. Tatsächlich kennen wir dies als Gesetz des freien Marktes, der sich durch Angebot und Nachfrage selbst reguliert. Doch der Strommarkt ist nicht frei , und hinter dem Kampf gegen das EEG steckt nicht der Wunsch nach mehr Wettbewerb (der dem Verbraucher zugutekäme), sondern der Wunsch nach dem Erhalt des Status quo. Würde man die EEG -Umlage kappen, würden sich in absehbarer Zeit die großen Konzerne und mit ihnen vornehmlich große Offshore-Windparks durchsetzen. Da sie den Markt längst unter sich aufgeteilt haben, würden sie alle anderen Technologien und die hinter ihnen stehenden Kleinanbieter verdrängen. Damit hätten wir in Zukunft wieder wenige große Energieversorgungsunternehmen, denen der Markt gehört und die uns durch Absprachen untereinander höhere Preise diktieren können. – Das ist das Gegenteil von Wettbewerb. Es verhält sich also genau umgekehrt: Das EEG schränkt den Wettbewerb nicht ein, sondern soll im Nachhinein geradebiegen, was Politik und Kartellamt in Schieflage gebracht haben. Es dient der Auflösung des Machtknäuels aus wenigen Konzernen, um so Raum für neue Anbieter zu schaffen. Als marktregulierendes Instrument stützt die Umlage kleine und mittlere Stromproduzenten und sorgt so für eine stärker dezentralisierte Versorgungslandschaft, die in Zukunft durch Ökostrom und starke Stadtwerke gekennzeichnet sein soll. Langfristig wird dies zu mehr Wettbewerb führen, da die Marktanteile, die sich im Moment bei den großen Energiekonzernen bündeln, auf eine weitaus größere Zahl an kleineren Anbietern verteilt werden.
Es mag auf den ersten Blick paradox erscheinen: Natürlich stellt das EEG einen Eingriff in den Wettbewerb dar. Doch die Politik der Vergangenheit, die Subventionen von Atomenergie und Steinkohle, die Entstehung des Oligopols großer Konzerne haben ebenso wettbewerbsverzerrend gewirkt und den Wettbewerb überhaupt stark beschädigt. Es ist scheinheilig, das Erneuerbare-Energien-Gesetz als Instrument einer Planwirtschaft zu bezeichnen, als das klassische Gegenmodell zum freien Wettbewerb. Denn alle Beteiligten wissen, dass es den gänzlich von staatlicher Regulierung freien Markt nur in ökonomischen Utopien gibt. Der Staat setzt immer Rahmenbedingungen, und er tut gut daran, die Stromversorgung nicht völlig aus der Hand zu geben.
Die Kosten sind Investitionen
Hält man sich das Ausmaß von Tsunami-Katastrophen wie zuletzt vor der Insel Sumatra (2004) und in Japan (2011) vor Augen, wird deutlich, wie unangemessen die Metapher vom Kosten-Tsunami ist. Die Stromkosten machen derzeit 2,3 und bald 2,5 Prozent der Konsumausgaben eines Durchschnittshaushalts aus. Die meisten Menschen wissen weder, wie viel Strom sie verbrauchen, noch, was sie bezahlen. Existenzielle Angst sieht anders aus. Darüber hinaus ist das Bild jedoch auch sachlich falsch, und dies nicht nur wegen seiner simplen Mathematik: Bei den Kosten, die für den Ausbau der erneuerbaren Energien anfallen, handelt es sich zum allergrößten Teil um Investitionen. Ihr großer Vorzug ist es, dass sie sich an anderer Stelle auszahlen. Das Geld kommt zurück. Bereits heute sinkt die deutsche Gesamtrechnung für Gas, Öl, Kohle und Uran durch den Ökostrom um 6 Milliarden Euro im Jahr. Doch das ist gar nicht der bedeutendste Posten. Wichtiger und erfreulicher ist, dass sich der Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem starken Motor für neues Wirtschaftswachstum entwickelt hat: Durch die neuen Technologien und ihre Produktion entstehen ganze Wirtschaftszweige, die unserer Volkswirtschaft neue Arbeitsplätze und damit zusätzlichen Wohlstand bringen. Ganz anders sieht es mit den Ausgaben
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