Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
für Brennstoffe aus: Den weitaus größten Teil an Kohle, Öl und Gas importieren wir. Damit sind wir abhängig von internationalen Märkten, und das Geld fließt in die Taschen von Öl- und Gasmultis in Russland oder anderen Staaten. Dort nutzt es der deutschen Volkswirtschaft herzlich wenig. Brennstoffkosten stellen eine echte finanzielle Belastung dar. Steigt beispielsweise der Ölpreis von 100 auf 120 US -Dollar, kostet das die deutsche Volkswirtschaft bis zu 20 Milliarden Euro – in einem Halbjahr! Ein einfacher Anstieg des Ölpreises zwingt uns zu Mehrausgaben, die nicht den geringsten Nutzen bringen. Er trifft auch den Privatkunden in vielen Lebensbereichen, denn am Ölpreis hängt eine ganze Kette von Kosten: Benzin (und damit alle Transportmittel), Heizung, die Lebensmittelproduktion – alles wird teurer, wenn der Ölpreis steigt. Hier gibt es echte Kosten-Tsunami-Effekte – wenn man dieses Unwort schon bemühen will.
Wer investiert, rechnet gewöhnlich die Kosten gegen den Nutzen auf, den er sich von seinen Ausgaben erwartet. Die Agentur für Erneuerbare Energien hat in einer Aufstellung für das Jahr 2011 ermittelt, wie die Kosten sich zum Nutzen verhalten, der der deutschen Volkswirtschaft durch die erneuerbaren Energien entsteht. Daraus ergibt sich ein Bild, das den Tsunami im übertragenen Sinne so fernliegend erscheinen lässt wie die echten Tsunamis, die bisher auch nicht zu den in Europa erwartbaren Naturkatastrophen gehören. Nach dieser Rechnung werden die 13,5 Milliarden Euro, die 2011 als EEG -Umlage gezahlt wurden, durch die kommunale Wertschöpfung (ca. 7,5 Milliarden), die vermiedenen Energieimporte (2,9 Milliarden) und den sinkenden Börsenpreis (2,8 Milliarden) schon nahezu ausgeglichen. Und das, obwohl diese Gleichung die durch erneuerbare Energien vermiedenen Umweltschäden noch außen vor lässt. Dabei rollt durch die Umweltschäden bereits eine weitere Kostenwelle auf uns zu.
Die Energieversorgung ist ein volkswirtschaftliches Gut. Investitionen, wie sie jetzt durch die Energiewende anfallen, hat unsere Gesellschaft auch in der Vergangenheit immer getätigt. Sie steigen in der Umbauphase an – das erleben wir jetzt, aber sie zahlen sich am Ende aus. Meist hat die Wirtschaft davon in noch stärkerem Maße profitiert als der private Verbraucher. Auch dies ist aus der Vergangenheit hinlänglich bekannt: Schon die Umstellung von Kohle- auf Atomstrom wurde von der Politik initiiert und betrieben. Zunächst wehrten sich die Energieversorger, denn der Bau von Atomkraftwerken verursachte enorme Kosten. Doch schon bald fuhren die Betreiber saftige Gewinne ein, nicht zuletzt mit Hilfe von staatlichen Subventionen und einer Politik, die ihnen manch unangenehmes Problem – wie zum Beispiel die Suche nach Endlagern für den Müll – abnahm. Dies ist leider auch ein Beispiel dafür, wie die Gewinne meist privatisiert, die Kosten aber sozialisiert werden. So war es bei der Atomenergie, so ist es bei den Stromnetzen. Hier wird deutlich, was der Streit um das EEG überdeckt: Die Politik diskutiert darüber, was wir bezahlen (grünen Strom oder doch lieber Kohle?) und erklärt dem Verbraucher, jeder zusätzliche Cent auf seiner Stromrechnung sei auf die Energiewende zurückzuführen. Auf diese Weise lenkt sie davon ab, worum es ebenfalls geht: die Frage, wer bezahlt.
Das EEG als Sündenbock
Das Ärgerliche am Streit über das EEG ist, dass die Debatte um ein marktregulierendes Instrument, hinter der sich nicht zuletzt ein Verteilungskampf verbirgt, den Ausbau der erneuerbaren Energien in Misskredit bringt. In seiner gegenwärtigen Form belastet das EEG Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen. Auf der anderen Seite steigen die Gewinne der Energieversorger, die ausgerechnet durch den grünen Strom Brennstoffkosten einsparen. Und auch die großen und vor allem energieintensiven Industriebetriebe gehören zu den Gewinnern. Zum einen werden immer mehr Industriebetriebe von der Zahlung der EEG -Umlage ausgenommen – vom Golfplatz bis zum Braunkohletagebau sind darunter zahlreiche Unternehmen, bei denen nicht wirklich die Gefahr besteht, dass sie ihren Standort ins Ausland verlagern. Zum anderen sind besonders energieintensive Großbetriebe, die Strom durch Großhandelsverträge direkt zum Börsenpreis beziehen, sogar doppelt begünstigt: Durch den Ökostrom sinkt der Börsenpreis und damit ihre Stromrechnung, gleichzeitig sind sie aber von der Zahlung der EEG -Umlage befreit.
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