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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kemfert
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Volkswirtschaft als Ganzes: Je geringer der Energieverbrauch insgesamt, desto weniger hart wird sie von Preissteigerungen auf den internationalen Brennstoffmärkten getroffen. Was also spricht gegen Maßnahmen zur Einsparung von Energie – die sogenannte Energieeffizienz?
    Im September 2012 verabschiedete das Europäische Parlament eine Energieeffizienzrichtlinie – erneut, muss man sagen – , nachdem freiwillige Selbstverpflichtungen der Mitgliedsländer bisher wenig gefruchtet haben. Schon zuvor bemühte sich die EU um die Festlegung konkreter Ziele zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Nun wäre es an der deutschen Politik, Anreize für die Umsetzung dieser Richtlinie zu schaffen, doch der hierfür verantwortliche Wirtschaftsminister ignoriert die Vorgaben aus Brüssel.
    Auch einen Vorschlag, der vom DIW erarbeitet und vom Finanzminister aufgegriffen wurde, schmetterte der Wirtschaftsminister ab: Die Idee war, von der energieintensiven Industrie eine Gegenleistung für ihre Privilegien zu fordern: Betriebe, die von der Zahlung der Ökosteuer und der EEG -Umlage befreit werden wollten, sollten die Durchführung energiesparender Maßnahmen nachweisen. Im Jahr 2013 wollte die Bundesregierung zumindest die Befreiung von der Ökosteuer an solche Auflagen knüpfen, so wie Brüssel es vorsieht. Doch am Ende setzte sich auch hier der Wirtschaftsminister mit seiner Blockadehaltung durch. Man gab den Befürchtungen der Industrie hinsichtlich zusätzlicher Kosten nach und legte pauschal ein Effizienzziel von 1,3 Prozent pro Jahr fest – für die gesamte Branche! Damit ist die Privilegierung von energieintensiven Industriebetrieben weiterhin ohne jegliche Bedingung möglich.
    Bisher wehrt sich die deutsche Industrie im Verbund mit dem Wirtschaftsministerium erfolgreich gegen alle Versuche, die Energieeffizienz zu verbessern. Dabei würde jede Verbesserung nicht nur Energie einsparen und damit der Umwelt dienen, sondern auch zu niedrigeren Stromrechnungen führen. – Unmittelbarer könnten die Betriebe kaum von politischen Vorgaben zugunsten von Umwelt- und Klimaschutz profitieren! Die Verweigerungshaltung der Industrie gegenüber jeder umweltfreundlichen Maßnahme ist hier kaum mehr nachvollziehbar.
    Einige Unternehmen haben dies längst erkannt. Sie schlossen sich im Herbst 2010 zur Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz , kurz DENEFF, zusammen. Der Verband sieht in den Maßnahmen zur Energieeffizienz einen eigenen Job- und Wirtschaftsmotor. In der Reduktion des Energieverbrauchs durch Gebäudesanierung, durch Elektromobilität und bei den Abläufen in der industriellen Produktion liege ein Marktpotenzial von ungefähr 140 Milliarden Euro bis zum Jahr2020 , heißt es auf der Website der DENEFF . Dabei könnten bis zu 257 000 neue Arbeitsplätze entstehen. Doch in der bisherigen Effizienzregulierung seitens der Politik sehen die DENEFF -Unternehmer »eine Geschichte verpasster Chancen«. Ihr erklärtes Ziel ist es daher, die Politik zu einer sinnvollen Gestaltung dieser Prozesse zu bewegen. »Nur so können positive gesamtwirtschaftliche Effekte wie zusätzliche Investitionen, Arbeitsplätze und Technologievorsprünge erzielt werden«, warnen die DENEFF -Mitglieder.
    Solche Initiativen zeigen, dass die Wirtschaft in ihrer Haltung gegenüber der Energiewende gespalten ist. Die Wirtschaftswoche vom 26. März 2012 illustrierte diese Spaltung mit einem Heft, das den Titel »Bosse gegen Bosse« trägt. Auf dem Titelbild standen »grüne« Unternehmen – unter ihnen Siemens, BMW , die Deutsche Bahn und Volkswagen – rot eingefärbten Gegnern gegenüber, die sich eine Schlacht um die richtige Energiepolitik lieferten. Auch in der Redaktion der Wirtschaftswoche selbst sei man, wie mir ein Redakteur berichtete, über das Thema Energiewende entzweit. Der Kampf um Strom ist heute längst keine Auseinandersetzung mehr zwischen idealistischen Politikaktivisten und profitorientierten Unternehmern, sondern findet in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen statt.

8. Wir brauchen keine Planwirtschaft – die Energiewirtschaft braucht Markt
    Im Juli 2010 veröffentlichte National Geographic einen langen Artikel über »Das Netz des 21. Jahrhunderts« (The 21 st Century Grid). Abgebildet ist eine Karte der USA , die von einem fein verästelten, gelb leuchtenden Gewebe überzogen ist. Der Autor weist darauf hin, dass man das Bild gut für eine Karte der Interstates, der Bundesstraßen in und zwischen den

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