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Kanada

Kanada

Titel: Kanada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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übrig, glaubte es zumindest. Wenn dieser Überfall glattgegangen wäre, hätte es seinem Wesen entsprochen zu glauben, dass auch der nächste glattgehen würde und sich vermutlich noch optimieren ließe. Wenigstens einer noch.

19
    Als sie am Freitagabend zurückkamen, war es nach sieben. Sie wirkten müde und gedankenverloren, aber erleichtert, wieder zu Hause zu sein. Ich war aufgeregt und fing an, ihnen zu erzählen, wie Berner und ich die zwei Tage verbracht hatten – was passiert war, was wir gesehen hatten, worüber wir nachgedacht hatten. Die Indianer waren noch mehrmals an unserem Haus vorbeigefahren. Das Telefon hatte oft geklingelt, aber wir waren nicht drangegangen. Berner und ich hatten einen Rest Spaghetti und hartgekochte Eier gegessen und uns Toast gemacht. Wir hatten Schach gespielt, Die Unbestechlichen geguckt und Ernie Kovacs und die Nachrichten. Ich hatte den Rasen gemäht und die Bienen, die sich die Zinnien neben der Garage vorgenommen hatten, beobachtet. Wir hatten nachts auf der Hollywoodschaukel auf der Veranda gesessen und das Himmelsleuchten angeschaut. Ich hatte den Trubel vom Jahrmarkt gehört, der nicht weit von unserem Haus stattfand – die Lautsprecherstimme des Ansagers beim Wildwest-Rodeo und dem Planwagenrennen, die johlende Menge. Eine Dampfpfeifenorgel. Noch eine lachende Männerstimme über Lautsprecher.
    Unsere Eltern waren mit ihren Gedanken woanders und beschäftigten sich eher miteinander. Es war, als bemühten sie sich beide, den anderen möglichst nicht zu ärgern. Unsere Mutter nahm ein Bad, dann ging sie in die Küche und machte Arme Ritter mit gekochtem Schinken. Unser Vater mochte es, abends Frühstücksdinge zu essen, das sei gut für die Verdauung. Er ging nach draußen und fuhr das Auto in die Seitenstraße neben unserem Haus – was er nicht oft tat, da er stolz auf den Bel Air war, wie zuvor auf die Vorführwagen, die er dann nicht verkaufen konnte. Außerdem schloss er das Auto ab und nahm den Schlüssel mit ins Haus, statt ihn im Schloss stecken zu lassen wie sonst immer.
    Als wir uns zum Abendessen setzten, verkündete unser Vater, die geschäftlichen Recherchen, zu denen sie aufgebrochen seien, hätten ergeben, dass sich nur ein Verrückter darauf einlassen würde. Ölquellen, sagte er bedeutungsschwanger – dann lächelte er und schüttelte den Kopf, als wäre das eine lachhafte Idee gewesen. Darauf habe meine Mutter ihn hingewiesen, sagte er. Es sei klug gewesen, sie mitzunehmen. Sie habe einen scharfen Geschäftsverstand. Er sagte, er habe jetzt vor, sich Vollzeit ins Farm-und-Ranch-Verkaufen zu stürzen. Das sei eine verlässliche Sache. Bald würden sich für uns Gelegenheiten ergeben, eigenes Land zu besitzen. Wir würden in Great Falls bleiben. Berner und ich könnten den Schulbeginn in zwei Wochen fest einplanen. Er habe vor, Bargamian ein Angebot für unser Haus zu machen. Es sei ein »Handwerkerhaus«, sagte er, so welche würden gar nicht mehr gebaut. Es müsse neu gestrichen werden, in einer anderen Farbe, und brauche auch neue Tapeten, auch wünschte er, es hätte ein Eingangs-»Feuyer« und einen Kamin. Aber es verfüge über einige elegante Details – zum Beispiel das Medaillon in der Wohnzimmerdecke. Er sei ein großer Bewunderer seiner Symmetrie und seiner klaren, festen Linien. Das Licht von draußen komme gut durch die Wohnzimmerfenster herein – das stimmte –, und im Sommer bleibe es kühl. Es erinnere ihn an das »Dog-Trot«-Haus, in dem er in Alabama aufgewachsen sei. Aber mit dem ewigen Umziehen sei jetzt Schluss. Mich erleichterte das, Berner interessierte es vermutlich gar nicht mehr, weil sie längst beschlossen hatte, mit Rudy Patterson durchzubrennen und alles, was sie bisher im Leben kennengelernt hatte, hinter sich zu lassen.
    Mir fiel auf, dass mein Vater nicht mit dem blauen Beutel nach Hause gekommen war, den er am Morgen zuvor mitgenommen hatte. Er war pedantisch bei allem, was ihm gehörte, typisch fürs Militär. Als ich in seiner Sockenschublade nach der Pistole suchte, war sie fort, schon wieder. Ich kam zu dem Schluss, dass auf seiner Geschäftsreise etwas passiert sein müsse, weshalb er die Pistole nicht wieder mitgebracht hatte. Nach dem Essen setzte sich mein Vater ins Wohnzimmer, immer noch in Stiefeln und weißem Hemd und Jeans, und schaltete den Fernseher ein, wo Summer Playhouse lief. Dabei unterhielt er sich durch die Küchentür mit meiner Mutter, die gerade den Abwasch machte. Er sagte zu ihr, er fühle

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