Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft
greuel, wenn du in der falle jammerst, is doch eh nurân gott da, der dir deinen arsch retten könnte, aber der hat wohl andre sorgen als nem kanaken die pelle zu schonen. Das is mein reden, ich wär heut müll, hätt ich nich was gegeben aufs schlaue oder mich eingemischt, weil die kerls, mann, die packen dich und werfen dich innen graben und buddeln dich zu. Ich sag: ân toter männeken hat nix kapiert. Er hat nichân stück schimmer gehabt, wann man sich tief ins gras ducken muÃ, weil sie dir nix schenken und daà man heil ausâm schlamassel kommen mag is wohl klar. Bruder, ich klopf hier kein spruch, aber da drauÃen tobt ne fehde, die alten sind ohne saft, das is jetzt ne zeit nach den alten, âs geld geht von jemand zu jemand, landet in ner tasche, woâs aufbewahrt wird, woâs warmhalten soll, du kannst nich hinlatschen und sagen: freund ich hätt auch gern was zum wärmen, ich habâs bitternötig. Bumm bumm! Es sind die zeiten, bruder, keiner tritt ausâm glied und machtân höker zur sau, nee, der blinzelt einmal und is schon kalt, und die andern, die noch im glied stehn, merkenâs: ân unbedachtes wort genügt. Also schieben die weiter die karre und haltenâs maul. Mein reden is, daà ich nich am falschen platz muck, mich in gerangel misch oder so. Ich will ne pussy, ich will gut kohle und was ich denk, bleibt schön im kopp, da woâs hingehört. Und merk dir das als bruderrat: ân toter hat nix kapiert, rein gar nix.
Es gilt das Reinheitsgebot
Cem, 25, Zuhälter
Morgens also, noch im frühen, seh ich mich ins laken verwickelt, das weiÃe zeugs, als hätt ichâs auswringen wollen, liegt da orntlich verkrümmt wieân bloÃer darm, und ich mach, daà ich ins tauen komm undâs aufrichten und überhaupt. In morgengänge kommen is ne blöde beschwernis, die so nich sein muÃ, die ganzen toten im acker lassenâs ja auch sein und mischen sich nich mehr unters volk, weilâs nich mehr bringt als plage, und tagelang nur sich vertun und meinen, daà man was prächtiges im schilde führt, was aber in sand gesetzt is. Ich begeh den tag im anfang wie ne show, wie ne zeremonie, weil ich denk, daà alles andre zeit hat, und wenn die menschen einen ja wohl nich begehren, können die ja wenigstens auf einen warten, das sind sie einem wirklich schuldig, und mir die profession is nachtgewerbe, da muà ich wie ne streife auf achse sein, der blick frei von blinden flecken, ihn muà ich da im dämmer kreisen und da und dort hinfallen lassen, denn mir die profession hat was mit obacht und gutem prägen zu tun, und denn erst kommt die bedingung, daà zeit mit sekunden und minuten monete is, aber eben erst mal wieân luchs lugen, und, was vom gewohnten abweicht, wartet auf ne reaktion von mir, und wenn ichâs nich bringe, bin ich ân luscher. Den frühmorgen ehr ich also, ich fahr mir ins lockere haar und denk und reib mir stirn und brauen, und denn steh ich vorm schrank ganz bedächtig, und mach mir die klamottenwahl zur reinen lust, da geht schon zeit drauf, zu grübeln, welche schlinge jetzt sein muà und obâs muster hinhaut, weil man ja nich wieân geck oder scharlatan ne saublöde kleiderordnung hat, nee, im leben eines mannes muà daân punkt zur kunst ausarten, und der mann muà die kunst begreifen und sich voll hingeben, sonst droht das üble joch und der hirnrià mit allen folgen, ân stück idylle kann nie schaden, das hab ich begriffen. Ich also inne klamotten, daÃâs ne art hat und schön anzusehen is, und dann flott mit tollem schritt aus der bleibe ins hundeleben. Ich hab da ne kaschemme ân paar meter die straÃe hoch, da geb ich mich nem zünftigen frühstück hin, die marmelade muà waldfrucht sein mit kernen, die im mund knacken, und denn stell ich mir vor, daà ich läuse knack mit den zähnen, und was vielleicht andren ân appetit vergrault, is mir schon oller spaÃ, und ich verdrück an ort und stelle meinen gebackenen teig und kipp frischgepreÃten und braunen muntermacher hinterher, und die zeitung kauf ich nur, weil ichâs blattrascheln orntlich schätz, bücher hab ich nich im regal stehn bei mir in der bleibe, aber ebenâs aufschlagen undâs blättern von dünnem papier, das gibt mirâs gefühl ein, daà ichân gescheiter bin
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