Kann das auch für immer sein?: Sommerflirt 3 (German Edition)
gespannten Laken-Ecken. Sogar meine Wolldecke liegt fein säuberlich gefaltet am Fußende. Vic, die gerade mit ihrem Bett über mir fertig ist, klärt mich auf. »Das war Jessica.«
Als ich mich umdrehe, nimmt meine beste Freundin mich fest in den Arm. Ich habe ihr nicht erzählt, was mit Avi los ist, aber sie hat es sich anscheinend nach unserer Unterhaltung bei dem Graben zusammengereimt.
»Dann ist Avi jetzt wohl nicht mehr dein Freund, hm?«, sagt Tori. »Das ist total … traurig. Geht ’ s dir gut?«
Nur mit äußerster Mühe gelingt es mir, mich zusammenzureißen. Zum Glück ist Jess an meiner Seite und steht mir angesichts von Toris gespielter Besorgnis bei. Keine Sekunde lang nehme ich ihr ab, dass sie das mit Avi und mir juckt. Vielmehr glaube ich, einen Funken von Triumph in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Ich wünschte, jetzt wäre eine Biene da und würde sie in den Hintern stechen. Ich weiß, dass das nicht nett ist und Rabbi Glassman sagen würde, dass ein rechtschaffener Jude niemandem Unheil an den Hals wünschen sollte. Aber ich kann nichts dagegen tun.
Die Mädchen in meinem Alter mögen mich entweder richtig gern oder finden mich total doof. Ich habe keine Ahnung, warum die Meinungen so auseinandergehen und es kaum ein Mittelding gibt. Jess meint, es liegt daran, dass ich so selbstbewusst rüberkomme und meine Unsicherheit immer perfekt überspiele. Wenn die, die mich nicht leiden können, auch nur kurz eine Schwäche aufblitzen sehen, dann stürzen sie sich regelrecht darauf.
»Das ist keine große Sache«, sage ich zu Tori, während ich mich neben mein Bett knie und mein Glätteisen aus dem Koffer hole. »Such dir jemand anderen, um den du dir Sorgen machen kannst, denn bei mir vergeudest du nur dein Mitleid.«
Ich stecke das Glätteisen ein (natürlich mitsamt dem 220 -Volt-Adapter) und bin dankbar für, dass ich 1 .) die einzige Steckdose im Zimmer habe und sich 2 .) mein treues Plätteisen innerhalb von dreißig Sekunden aufheizt.
Meine Haare sind in der Hitze schon wieder getrocknet. Ich setze mich mit meinem Reisespiegel und meiner Bürste in der Hand neben die Steckdose, bereit, den Locken den Garaus zu machen. Während ich den Spiegel zwischen den Knien balanciere, klemme ich das Glätteisen fest und rücke den krausen, lockigen Strähnen auf den Leib.
»Nicht zu fassen, dass du dir die Haare machst, wenn wir doch eigentlich aufräumen sollen«, sagt eine der New Yorkerinnen.
Ich sehe zu ihr hinauf und erkläre es ihr. »Ich kann doch nicht die Hälfte meiner Haare lockig lassen und die andere Hälfte glatt. Das sieht voll doof aus.«
»Mach halt einen Pferdeschwanz wie ich. Dann hängen sie dir nicht ins Gesicht und kein Mensch merkt irgendwelche kleinen Schönheitsfehler.«
»Super Idee, aber mir steht kein Pferdeschwanz. Stimmt ’ s, Miranda?«
Miranda knurrt irgendetwas Unverständliches. Was soll das? Regt sich Miranda, die doch sonst immer gut drauf ist, über irgendetwas auf? Vielleicht hat sie Hunger.
»Warum musst du immer gut aussehen?«, fragt das Mädchen aus New York.
Das ist echt eine schwierige Frage. Ich habe mal darüber nachgedacht. Das Problem ist, dass ich mein Leben nie richtig im Griff hatte. Ich war … wie kann ich es nett formulieren? … ich war ein Unfall . Meine Mom und mein Dad haben sich im College kennengelernt, eine Nacht zusammen verbracht und ups! war meine Mom schwanger.
Wie sehr ich auch dafür gebetet habe, dass sie heiraten – es ist nichts dergleichen geschehen. Wahrscheinlich sollte mich das nicht so sehr mitnehmen, wie es der Fall ist, aber man kann sich eben nicht aussuchen, was »die Sache« im Leben ist, die einen prägt (oder das, was einen früher oder später zum Fall für den Psychiater macht). Bis vor einem Jahr haben mein Vater und ich uns kaum gekannt – bis er mich zum ersten Mal nach Israel mitgenommen hat.
Mein Aussehen … mein Image … das ist eben das Einzige, was ich selbst steuern kann und im Griff habe. Gott weiß, dass ich meine Familie leider null unter Kontrolle habe. Und der heutige Tag hat bewiesen, dass es bei meinem Freund kein bisschen anders ist. Ja, ich gebe zu, ich habe ein Kontrollproblem.
Die New Yorkerin hat die Haare so straff zusammengebunden, dass es aussieht, als wären ihre Augen nach hinten gezurrt. Und sie hat sich für diese Reise tatsächlich schwarze Armeestiefel mit Stahlkappe zugelegt. Das, was da von meinen Sachen noch am nächsten drankommt, sind meine neuen kirschroten
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