Kann das auch für immer sein?: Sommerflirt 3 (German Edition)
Knöchelturnschuhe.
Sie wartet noch immer geduldig auf eine Antwort. Eigentlich sollte ich ihr die Wahrheit sagen, aber das tue ich nicht, weil kleine Notlügen hervorragend zu der Grauzone passen, in der ich mich bewege. Auch wenn es beim Militär keine Grauzonen gibt – bei mir schon.
Also tische ich ihr eine Ausrede auf. »Ich will gut aussehen, um Nathan zu gefallen.«
»Der Blonde, der im Bus auf dem Weg zum Stützpunkt Gitarre gespielt hat?«
Ich tippe mir aufgeregt an die Nasenspitze, als würde ich Scharade spielen. »Genau der!«
»Aber es gehen Gerüchte um, dass du mit diesem israelischen Kommandosoldaten zusammen bist, der heute dein Anführer war.«
Ich glätte mir wieder die Haare. »Wir hatten was miteinander, aber das war nichts Ernstes.«
Na gut, das läuft nicht mehr unter »ein bisschen flunkern«. Das ist eine dicke, fette Lüge. Meine Beziehung mit Avi ist alles andere als nichts Ernstes!
Ich habe mir schon unsere Hochzeit vorgestellt. Wir würden im Moschaw auf den Golanhöhen heiraten, wo unsere Familien leben (natürlich würde ich darauf achten, dass es weit von den Nutztieren weg ist, damit der Kackgestank uns nicht die Gäste vergrault). Ich trage ein weißes, fließendes Hochzeitskleid, Avi einen legeren hellen Anzug. Während der Rabbiner uns traut, können wir die Augen nicht voneinander lassen, und ich gehe siebenmal im Kreis um ihn herum, wie es jüdischer Brauch ist. Unsere Liebe hält für immer und ewig. Wir teilen unsere tiefsten, finstersten Gedanken und nichts kann das Band zwischen uns zerreißen.
Ja, es ist total kitschig. Aber das ist mein Wunschtraum.
Ich hatte sogar schon die Namen unserer Kinder ausgesucht. Wir hätten vier Kinder und keines davon wäre ein Unfall wie ich. Natürlich zwei Jungen und zwei Mädchen – vergesst nicht, wir befinden uns noch immer in meiner Fantasiewelt –, und heißen würden sie Micha (nach Avis totem Bruder, denn Juden benennen ihre Kinder nicht nach noch lebenden Verwandten, sondern nur nach welchen, die schon tot sind, was ich seltsam finde, aber egal), Golan (wo Avi geboren ist), Maya (was »Wasser« bedeutet – und ohne das kann man nicht leben) und Abigail (das bedeutet »Quell der Freude«; ich bin nicht mit Freude aufgewachsen und wünsche mir das deshalb umso mehr für unsere Kinder).
Aber jetzt liegt meine Fantasiewelt natürlich in Trümmern.
Während ich meine Haare mache, summt mir plötzlich eine Biene am Ohr rum, und ich verbrenne mich beinahe mit dem Glätteisen.
»Hau ab«, fauche ich die Biene an, als würde sie meine Sprache sprechen und mich verstehen. Doch sie lässt mich nicht in Ruhe. Es ist, als wolle sich der lästige kleine Brummer ein Nest in meinen Haaren bauen.
Kein summendes Insekt kommt meinen Haaren zu nahe, wenn ich auch noch ein Wörtchen mitreden darf. »Schwirr ab!«, sage ich wieder und schlage mit meinem Glätteisen nach ihr, um sie zu verscheuchen. Aber vergebens. Ohne lange nachzudenken, folge ich einfach einem Selbstschutzmechanismus und klatsche die heißen Keramikplatten zusammen, als das Vieh mir zu nahe kommt. Igitt! Ich habe es mit meinem Glätteisen eingequetscht.
Die gute Nachricht: Diese Biene wird mich nie wieder belästigen. Der kleine Brummer ist, sagen wir mal, gegrillt.
Die sehr schlechte Nachricht: Jetzt pappen auf den Klappen meines Plätteisens geröstete Bieneninnereien. Kotz! Ich ziehe den Stecker des Haarglätters, damit er abkühlt.
Tori verzieht das Gesicht, als sie die Leiche sieht, die innen an den Keramikplatten klebt. »Das ist nicht sehr umweltfreundlich von dir, Amy.«
»Ähm … zu deiner Information, umweltfreundlich zu sein, heißt, sich für die Natur einzusetzen.« Nach meinem Verständnis von »umweltfreundlich« habe ich gerade andere Tiere davor bewahrt, gestochen zu werden, und folglich einen wertvollen Beitrag zum Naturschutz geleistet.
»Bienen sind auch Teil der Natur, Amy«, sagt Tori pampig. »Die hier sind sowieso nur Arbeiterinnen. Die stechen nicht.«
Nein? Ich dachte, alle Bienen stechen. Doch Tori klingt äußerst überzeugend. Als wäre sie Bienenexpertin. Als wüsste sie ganz sicher, dass diese Bienen harmlos sind. Ich komme mir dumm vor, weil mir diese klitzekleine Tatsache bisher verborgen geblieben ist. Wieder betrachtete ich absolut angewidert mein Plätteisen, wohl wissend, dass ich die Bieneneingeweide abkratzen muss, sobald das Ding abgekühlt ist.
Und ich sitze noch immer mit halb lockigen und halb glatten Haaren
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