Kann es wirklich Liebe sein
Kraft ab, die sie aufbringen konnte.
„Travis?“, krächzte sie.
Er senkte sein Kinn, und die braunen Augen, die sie so sehr liebte, sahen sie endlich an.
„Ich bin so froh, dass du mein Fels bist.“ Sie wusste, dass es nicht das war, was sie eigentlich hatte sagen wollen, doch in ihrem Gehirn waberte so viel Nebel umher, dass ihr nichts Besseres einfiel.
Travis’ Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln. „Das bin ich auch.“
Kalter Wind schlug ihr ins Gesicht und brachte ihr ihre Situation in Erinnerung. Sie fror, war eiskalt bis auf die Knochen. Und dieser Schmerz im ganzen Körper. Er ging so tief, dass sie befürchtete, ihn niemals wieder loszuwerden. Sie schmiegte sich enger an Travis, doch auch er schien keine Wärme mehr zu haben. Die Stelle, an die sie während dem Ritt ihre Wange gelegt hatte, war ausgekühlt.
„Ich f-f-friere.“ Plötzlich fing sie so stark an zu zittern, dass sie Angst hatte, sie könne aus Travis’ Armen fallen. Doch er hielt sie.
„Bald wird dir wieder warm, Meri. Das verspreche ich.“
Als er die Stufen zur Veranda erklomm, ritt gerade ein Pferd mit zwei Reitern in den Hof. Travis kümmerte sich nicht darum, sondern setzte seinen Weg fort. Meredith hätte gelächelt, wenn ihre Zähne nicht so schrecklich geklappert hätten. Ihr Ehemann lernte langsam, die Verantwortung auch mal an andere abzugeben – er vertraute seinen Brüdern mehr als früher und hoffentlich auch Gott. Durfte sie hoffen, dass er eines Tages auch ihr genug vertraute, um ihr sein Herz zu öffnen?
Als er sie in ihr Zimmer trug, konnte sie an nichts anderes mehr denken. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie sie das blau-weiß gestreifte Kleid trug, das sie zu ihrer Hochzeit angehabt hatte. Sie stellte sich vor, wie ihr Ehemann die Arme um sie legte, sie mit Augen voller Liebe ansah und dann in ihr Zimmer geleitete. Ihrer beider Zimmer. Der Raum, in dem sie zueinanderfinden würden. Der Raum, in dem sie ihm eine wirkliche Ehefrau sein könnte.
„Meri? Kannst du stehen?“
Warum sollte sie stehen? Wäre es nicht einfacher, sie nur aufs Bett zu legen? Ihr Kleid würde so schön aussehen, wenn es um sie herum drapiert war. Sie könnte ihre Arme öffnen und er könnte sich über sie beugen und sie küssen und …
„Du musst stehen bleiben, Schatz. Wenn du dich hinlegst, wird hier alles nass.“
Nass? Meredith zog die Nase kraus. Warum sagte er so etwas Seltsames? Das war überhaupt nicht romantisch.
„Komm schon, Meri. Du musst mir dabei helfen, dich aus deinen Kleidern zu bekommen.“
Meredith schniefte. Das war auch nicht sonderlich romantisch – alles so barsch und sachlich. Wo waren die süßen Worte, die ein Ehemann seiner Frau schenken sollte? Und warum küsste er sie nicht? Alles wäre so viel schöner, wenn er sie einfach küssen würde. Danach konnte er mit ihren Kleidern alles tun, was er wollte.
Sie beugte sich nach vorne, um ihm zu zeigen, was sie sich wünschte, aber aus irgendeinem Grund verfehlten ihre Lippen ihr Ziel und landeten an seinem Hals. Zumindest fühlte es sich an wie sein Hals.
„Meredith!“, kommandierte Travis und schüttelte sie kurz und kräftig, wodurch sie aus ihrem Delirium gerissen wurde.
Sie hing wie ein nasses Handtuch in Travis’ Arm, ihr Gesicht an seinen Hals gepresst. Kein Hochzeitskleid. Nur ein durchnässtes, matschiges Baumwollkleid und ein braunverschmierter Wollmantel.
„Ich brauche deine Hilfe.“ Jetzt konnte sie die Angst in seiner Stimme hören. „Bitte.“
Die Dunkelheit, die um sie herum waberte, wirkte einladend, doch Meredith kämpfte dagegen an. Travis brauchte sie jetzt.
Meredith legte ihre Hände um den Nacken ihres Mannes und zog sich so an ihm hoch, dass ihre Füße einen sicheren Stand hatten. Sie sah Travis ins Gesicht. Seine Augen hielten sie fest und gaben ihr neue Kraft.
Während er sie mit einer Hand festhielt, knöpfte er ihr mit der anderen den Mantel auf. Als er es geschafft hatte, half er ihr, herauszuschlüpfen, und warf dann das vollgesogene schwere Ding in die Zimmerecke. Er wollte sich gerade daranmachen, ihr Mieder aufzuknöpfen, als eine männliche Stimme von der Tür her erklang.
„Wie geht es ihr, Travis?“
Meredith wandte den Kopf von Crockett ab, da sie sich entblößt und verletzlich fühlte.
„Sie ist völlig durchgefroren, halb bewusstlos und schwach wie ein neugeborenes Kätzchen, aber ich denke, wenn wir sie aufwärmen, geht es ihr wieder gut.“
„Ich mache gerade Wasser heiß
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