Kann es wirklich Liebe sein
an zu weinen“, ermahnte sie ihre Cousine streng. „Du willst doch nicht mit rotverquollenen Augen mit Travis vor den Altar treten?“ Sie griff in eine Tasche ihres Rockes und zog ein Taschentuch hervor, dann hielt sie es Meredith hin. „Du heiratest doch Travis, oder?“
Meredith nickte schnell, während sie sich die Wangen mit dem Handrücken abwischte.
Cassandra seufzte laut und drückte ihr das Taschentuch in die Hand. „Gut. Für einen Augenblick hatte ich mir schon Sorgen gemacht.“
Meredith tupfte sich die Augen ab und schnäuzte sich die Nase, bevor sie das Taschentuch aufs Bett warf und das Kinn reckte. Cassie hatte recht. Travis würde sie nicht mit rotgeränderten Augen und schniefend neben sich stehen haben wollen. Er hatte ihr gesagt, er bewundere ihre Stärke. Sie atmete tief ein und streckte die Schultern.
Cassandra nickte, als sie sah, dass Meredith sich gefangen hatte, und umarmte sie noch einmal fest. „So, jetzt lass uns dich schön machen.“
Meredith lächelte ihre Cousine an, während sie nach den Knöpfen an ihrem Hals griff. „Also, liebe gute Fee, hast du mir auch meine Glaspantoffeln gebracht?“
Cassandra lachte. „Hast du es noch nicht mitbekommen? Glaspantoffeln sind schon im letzten Jahrhundert außer Mode gekommen. Heutzutage verteilen die guten Feen nur noch Leder.“ Sie kniete sich wieder neben den Koffer und wühlte darin herum, bis sie endlich Merediths Sonntagsschuhe hervorzog. „Siehst du?“
Die beiden kicherten wie kleine Mädchen und endlich wurde es Meredith leichter ums Herz. Ihre Sorgen schienen ein wenig kleiner zu werden.
Als sie aus ihrem Arbeitskleid geschlüpft war, griff Meredith kopfschüttelnd nach dem wunderschönen Geschenk ihrer Cousine. „Du bist wirklich meine gute Fee, weißt du das?“, sagte Meredith leise. „Ich habe die ganze Zeit versucht, praktisch über diese Spontanhochzeit zu denken und mir einzureden, dass ich kein schönes Kleid, keinen Kuchen und keinen Brautstrauß brauche, aber tief in meinem Inneren fand ich es schrecklich, das alles nicht zu haben. Dann bist du hier aufgetaucht und hast es geschafft, diesen Tag doch noch zu retten.“
Cassandra half ihr, den Rock des blauen Kleides zu binden, und sobald sie fertig war, wirbelte Meredith herum und legte die Arme um ihre Cousine. „Ohne meine Eltern zu heiraten, ist schon schlimm genug und ich war sicher, dass Tante Noreen dich niemals hierherkommen lassen würde. Dich hier zu haben ist wie ein Wunder, Cass. Ein großartiges Wunder, das mir Hoffnung für die Zukunft gibt.“
Die beiden umarmten sich noch einmal fest und ließen dann voneinander ab. Cassandra half Meredith in das Korsett, das über dem Rock getragen wurde, und schnürte es hinten zusammen. „Ich habe noch niemals etwas so Wunderschönes getragen, Cass. Ich fühle mich wie eine Prinzessin.“
„Das solltest du auch.“ Ihre lächelnden Augen trafen Merediths. „Dein Prinz ist wirklich gut aussehend. Kein Wunder, dass deine Schwärmerei für Travis all diese Jahre über angehalten hat. Alle Archers sind so attraktiv – mit ihrem kraftvollen Körperbau und diesem Hauch von Unnahbarkeit. Weißt du eigentlich, warum sie mit niemandem etwas zu tun haben wollen?“
Nach zwölf Jahren waren die Archers erwachsene Männer und mussten sich nicht mehr vor den Dingen fürchten, die sie in ihrer Kindheit bedroht hatten. Dennoch konnte sich Meredith nicht dazu durchringen, das Wenige, was sie wusste, zu verraten. Es kam ihr Travis gegenüber illoyal vor, und da er ihr Ehemann werden würde, musste sie zu ihm stehen. Wenn er merkte, dass er ihr vertrauen konnte, würde vielleicht auch seine Liebe zu ihr wachsen.
Meredith wandte sich vom Spiegel ab, in dem sie sich betrachtet hatte, und hob ihre Schuhe, die ihre Cousine aus dem Koffer geholt hatte, vom Boden auf. „Ich lag im Bett, Cassie, und habe mich von einer schweren Verletzung erholt. Ich hatte keine Zeit, mich mit irgendwelchen Familiengeheimnissen zu befassen.“
„Stimmt, es tut mir leid.“ Cassie setzte sich hinter Meredith aufs Bett und fing an, die Locken ihrer Cousine aus dem Haarknoten zu befreien. „In der ganzen Aufregung wegen der Hochzeit habe ich deinen Unfall ganz vergessen. Aber dir scheint es wieder gut zu gehen.“
„Ja, mir ist nicht mehr schwindelig und mein Kopf tut nur noch ein kleines bisschen weh. Aber hinter meinem Ohr, wo mich der blöde Esel getroffen hat, da habe ich noch Schmerzen“, warnte sie Cassandra, als diese die Nadeln
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