Kann es wirklich Liebe sein
gewesen.“
Cassandra verzog das Gesicht und erschauerte gespielt. „Ein ganz schrecklicher Anblick, da bin ich sicher. Aber ich hätte es getan, wenn Papa mich nicht im Wagen mitgenommen hätte.“
Travis’ Eindruck von der kleinen Prinzessin verbesserte sich zusehends. Vielleicht versteckte sich hinter dem hübschen Äußeren und dem flirtenden Lächeln eine Frau mit Charakter. Doch der schnelle Blick, den sie Jim zuwarf, bevor sie sich bei Meredith unterhakte, ließ keinen Zweifel daran, dass es Probleme geben würde, solange sie hier wäre.
„Zuerst müssen wir dir mal ein anderes Kleid suchen“, sagte sie, während sie Meredith in Richtung Haus lenkte. „Du kannst nicht in diesem alten Ding heiraten.“
„Aber ich habe kein –“
„Doch, hast du. Ich habe deine ganzen Sachen mitgebracht.“ Cassandra hielt lange genug inne, um Jim einen bettelnden Blick zuzuwerfen. „Wenn einer dieser starken Männer so nett wäre, die Koffer ins Haus zu tragen?“
Anstatt zu antworten, ging Jim zur Ladefläche des Wagens. Travis folgte ihm. Es gehörte sich, dass er sich um die Habseligkeiten seiner zukünftigen Frau kümmerte. Crockett konnte sich mit Hayes und dem Pastor beschäftigen.
Die Frauen hatten die Haustür hinter sich aufstehen lassen, und als er und Jim mit dem Gepäck hineingingen, umwehte sie der Duft von Zimt und Frischgebackenem. Jim wandte sich in Richtung Küche und hob erstaunt eine Augenbraue, aber er blieb nicht stehen. Travis hingegen nahm sich etwas Zeit, um den köstlichen Duft einzusaugen. Seit dem Tod ihrer Mutter hatte kein so köstliches Aroma mehr die Luft erfüllt.
Cassandra zeigte Jim gerade, wo er den ersten Koffer abstellen sollte, als Travis das Zimmer betrat, also nutzte er die Gelegenheit, mit Meredith zu reden. „Was backst du?“
„Zimtbrötchen. Sie sind gerade frisch aus dem Ofen.“ Sie senkte den Kopf leicht, als wäre es ihr peinlich. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus. Ich weiß, dass die Umstände unserer Hochzeit irgendwie ein bisschen seltsam sind, aber ich dachte, es wäre schön, heute etwas Besonderes zum Essen zu haben. Ihr hattet kaum noch Zucker, deshalb konnte ich keinen Kuchen machen. Hinter dem Kaffeepulver habe ich Zimt gefunden und dachte, Zimtbrötchen wären ein guter Ersatz.“
Er grinste. „Ich kann es kaum abwarten, sie zu probieren.“
Sie erwiderte sein Lächeln und Zufriedenheit machte sich in ihm breit. Er trat einen Schritt zurück, um den Koffer an der Wand abzustellen, doch als er sich wieder zu Meredith umdrehen wollte, um das Gespräch fortzusetzen, schob sich Cassandra zwischen sie und scheuchte ihn aus dem Zimmer.
„Danke, meine Herren. Warum führen Sie nicht meinen Vater im Haus herum und zeigen ihm alles, während ich Meredith beim Umziehen helfe?“
Sie schloss die Tür, bevor Travis etwas erwidern konnte, und das war gut so, denn seine Antwort hätte ihr wahrscheinlich nicht gefallen. Auf keinen Fall würde er Everett Hayes etwas von seinem Besitz zeigen, außer vielleicht die Asche, die sie von der verbrannten Scheune übrig hatten. Der Mann war Mitchells Geschäftspartner und abgesehen von seiner Verbindung zu Meredith war er sein Feind.
* * *
„Ich habe eine Überraschung für dich.“ Cassandra wandte sich mit einem Funkeln in den Augen an Meredith. „Komm, schau es dir an.“
Meredith folgte ihr neugierig. Ihre Cousine öffnete den ersten Koffer schwungvoll, um den Inhalt zu präsentieren. „Es ist glänzender Musselinstoff anstatt Seide, aber er ist blau und hat viele Rüschen. Was meinst du?“
Sie hielt das dunkelblau und elfenbeinfarben gestreifte Kleid gegen die Brust gepresst und wirbelte zu Meredith herum.
Tränen traten Meredith in die Augen. „Du borgst mir dein bestes Ausgehkleid?“ Tante Noreen hatte es bei der Schneiderin in Auftrag gegeben, doch soweit Meredith sich erinnern konnte, hatte ihre Cousine es nur ein einziges Mal getragen.
„Nein, ich schenke es dir. Betrachte es als Hochzeitsgeschenk. Ich habe gestern Nacht den Saum rausgelassen, also sollte es von der Länge her passen.“ Sie legte sich das Kleid über den Arm und ließ es von Meredith betrachten. „Meine Stiche sind nicht so perfekt wie die von der Schneiderin, aber es wird heute wohl kaum jemand auf deine Füße achten.“
„Oh, Cass. Es ist w-wunderschön.“ Meredith konnte die Worte vor lauter Schluchzen kaum hervorbringen.
Cassandra legte das Kleid aufs Bett und huschte an Merediths Seite. „Nein, fang bloß nicht
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