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Kann ich den umtauschen?

Titel: Kann ich den umtauschen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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sie noch einmal an und hob sein Glas. »Willst du mich heiraten?«

    Als habe jemand einen Schalter betätigt, herrschte mit einem Mal Totenstille. Immer noch sahen alle Gäste sie an.
    Und dann sah sie aus dem Augenwinkel ein bekanntes Gesicht.
    Aus dem dunklen Flur kommend betrat jemand den Raum.
    Daniel.
    Sie sah, wie seine Lippen ein einziges Wort formten. »Nein.«
    Mehr sagte er nicht.
    Sie sah ihn an, wartete, sah wieder zu Nathan, wartete, und auch die vierhundert begeisterten, bösen, begierigen Fremden warteten.
    Alle warteten auf ihre Antwort.
    Drängten sie schweigend dazu, etwas zu sagen.
    Flo hielt immer noch ihre Hand.
    Sie ließ sie los.
    Trat einen Schritt nach vorne.
    Atmete tief durch.
    Â»Ja.«

Dreiunddreißigstes Kapitel
    Daniels erste, instinktive Reaktion war, dass er nach London zurückwollte. Er holte seine Klamotten aus dem Schrank und warf sie in die Reisetasche, die er dann mit einem Jaulen wie dem eines verwundeten Tieres quer durch den Raum schleuderte, sodass sich ihr Inhalt in einem ungeordneten Haufen auf den Boden ergoss. Er ließ sich direkt daneben sinken, vergrub das Gesicht in seinen Händen und sagte sich selbst, dass echte Kerle verdammt noch mal nicht weinen.
    Nach einer Weile stand er auf, ging nach unten und schenkte sich einen sehr großen Brandy ein. Er trank einen Schluck und schüttete den Rest dann in den Ausguss.
    Dann ging er hinaus, setzte sich auf die Terrasse und lauschte dem wüsten Gelage, dessen Lärm ihn vorhin überhaupt erst zum Haupthaus gelockt hatte. Das ging bis weit nach Mitternacht so.

    Er dachte, er habe Halluzinationen, als er sie gegen halb zwei nachts über die Mauer klettern sah. Dachte, dass seine Trauer über den Verlust, sein Schmerz darüber, sie verloren zu haben, ihm Wahnvorstellungen bereitete. Doch als sie auf der Gartenseite der Mauer mit dem Fuß abrutschte und auf dem Hintern landete, wusste er, dass die Gestalt tatsächlich Alice war.
    Weg war das teure Kleid, in dem sie so wunderschön und gleichzeitig so schrecklich ausgesehen hatte. Zurück das T-Shirt, die Jeans und diese fürchterlichen, wunderbaren gelben Chucks.
    Da er wusste, was sich gehörte, ging er zu ihr hin und wollte ihr aufhelfen. Doch als sie die ausgestreckte Hand ergriff, zog sie sich daran nicht hoch, sondern ihn zu sich herunter in das feuchte Gras.
    Â»Warum bist du hier, Alice?«, fragte er sie, den Blick auf die vereinten Hände gerichtet, weil er ihr nicht ins Gesicht sehen konnte.
    Â»Weil ich dir sagen möchte, dass ich mich entschlossen habe, mit dem Mann zu leben, den ich liebe«, entgegnete sie leise.
    Er seufzte.
    Â»Ich glaube, das habe ich schon in dem Moment begriffen, in dem du seinen Heiratsantrag angenommen hast …«
    Als er endlich zu ihr aufsah, schüttelte sie den Kopf.
    Â»Der Mann, den ich liebe, hat mir noch keinen Heiratsantrag gemacht.«
    Â»Was willst du damit sagen, Alice?«
    Â»Dass das, was du da vorhin gesehen hast … mein Jawort, … das war nicht echt, … es kam nicht von Herzen … Als ich dich da sah, Daniel, wollte ich einfach nur noch mit dir abhauen … Aber ganz gleich, wie es in mir aussah – als es ernst wurde, konnte ich ihn nicht vor versammelter Mannschaft blamieren und Nein sagen … Ganz gleich, was zwischen uns passiert ist in den letzten Monaten, eine solche Demütigung hat er nicht verdient … Und darum habe ich Ja gesagt. Und dann habe ich eine Gelegenheit abgepasst, ihn unter vier Augen zu sprechen, und habe ihm gesagt, dass ich ihn nicht heiraten möchte, dass ich ihn nicht heiraten kann, dass es mir leid tut und es mir völlig egal ist, was er den anderen jetzt sagt. Dass er mir gerne die Schuld an allem geben kann, dass er aber vor allem allen sagen muss, dass wir nicht heiraten werden, dass er ihnen sagen kann, ich hätte ihn betrogen, ich sei verrückt geworden, er habe herausgefunden, dass ich transsexuell bin – egal, es sei mir egal, was seine Leute über mich denken … Solange du nur die Wahrheit kennst.«
    Â»Und was ist die Wahrheit?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon wusste. Aber er musste sie aus ihrem Mund hören.
    Â»Dass ich nicht mit ihm zusammen sein kann, weil ich einen anderen Mann liebe … Weil ich dich liebe, Daniel Stanton. Ich liebe dich.«

Vierunddreißigstes Kapitel
    Dieses Mal dauerte es keine drei Jahre, sondern nur drei Wochen, bis

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