Kann ich den umtauschen?
irgendwelchen Köstlichkeiten. Aus dem Radio erklangen Weihnachtslieder, zu denen Andrew â Weinglas in der einen, Holzlöffel in der anderen Hand â tanzte. Hin und wieder rührte er in der auf dem kleinen schwarzen AGA stehenden Pfanne.
Andrew war ein kleiner verkappter Jamie Oliver und übernahm den GroÃteil des Kochens. An Weihnachten war er wie im siebten Himmel, weil er dann ein Festmahl zubereiten durfte, nach dem sich die römischen Herrscher die Finger geleckt hätten. Er machte alles selbst: von der Truthahnfüllung bis zum Weihnachtspudding. Er röstete auch höchstpersönlich und nach eigenem Spezialrezept Maronen, die Flo augenzwinkernd »Andrews Marotten« nannte. Ihnen eilte im Umkreis mehrerer Meilen ein Ruf als köstliche Seelentröster voraus. Auf dem Küchentisch stand eine Schale, gleich neben einer gekühlten Flasche Champagner, mit der sie auf das gemeinsame Mittagessen anstoÃen wollten. Flo räumte eines der vier Gläser wieder in den Schrank und drückte Alice die Schale mit den Maronen in die Hand. Und die hatte sie denn vor lauter Frust auch schon leergefuttert, bis Flo die Flasche entkorkt, den Champagner eingeschenkt und die Gläser endlich herumgereicht hatte.
Flo und Andrew warfen einen Blick auf die leere Schale und die trübsinnig kauende Alice und sahen einander an. Dann schaltete er den Herd aus und legte den Holzlöffel ab.
»Ãh, ich muss mal eben ⦠äh ⦠nach drauÃen und ⦠äh ⦠was machen, ⦠also ⦠nicht hier in der Küche, ⦠äh ⦠bin gleich wieder da.«
Kaum hatte er die Küchentür hinter sich geschlossen, stemmte Flo die Hände in die Hüften. »Also, was ist los?«, wollte sie von Alice wissen. »Warum machst du so ein Gesicht und schaufelst unkontrolliert Maronen in dich hinein? Nathan ist ein vielbeschäftigter Mann. Ja, heute ist der zweite Weihnachtsfeiertag, und er sollte eigentlich hier sein, aber wir werden uns auch zu dritt wunderbar amüsieren.«
»Ach, wenn es nur das wäre, Florence Gently â¦Â« Alice stellte die leere Schale ab, kippte den Champagner zu Flos Erstaunen auf ex herunter, lieà sich auf einen der Stühle am Küchentisch sinken, nahm Flos Hand und zog ihre Freundin auf den Stuhl neben sich.
»Du wirst niemals glauben, was ich zu Weihnachten bekommen habe!«
Flo war ganz Ohr, als Alice ihr ihre ganz persönliche Weihnachtsgeschichte erzählte. Zunächst lachte sie an der Stelle, an der das Wörterbuch und der Kalender zum Vorschein kamen, aber dann verkniff sie es sich, weil Alice auch nicht lachte. Flos Gesicht wurde immer länger, als sie merkte, dass ihre geliebte optimistische Freundin mit dem sonnigen Gemüt das » N für naiv« geschluckt hatte, überhaupt nicht mehr O wie objektiv war, stattdessen soeben ein P für Paranoia entwickelte und dazu noch L wie lethargisch in G wie Grübeleien verfiel.
SchlieÃlich blieb ihr nichts anderes übrig, als eine Hand zu heben, um Alice zum Schweigen zu bringen.
»Ich fasse es nicht, dass meine süÃe Alice Cooper mir solche Sachen erzählt ⦠Du hast doch überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass er dir die Wahrheit sagt. Er hat dir erzählt, was passiert ist: Sie ist in ihn verknallt, er hat sie abgewiesen, sie rächt sich an dir.«
»Indem sie mir mitteilt, ich sei naiv, und ihn zwingt, mir etwas über sich zu erzählen, das ich nicht wusste ⦠Vielleicht dachte sie ja, dass sie mir damit einen Gefallen tun würde, vielleicht ist das nicht das Einzige, was ich nicht weià ⦠Sehen wir den Tatsachen doch mal ins Auge, Flo: Wir sind jetzt seit sechs Jahren ein Paar, aber wir haben höchstens ein Jahr davon gemeinsam verbracht.«
Flo schüttelte den Kopf.
»Alice, nun mal langsam. Wer Zweifel sät, stellt sich am Ende selbst in Zweifel.«
»Ich zweifle doch gar nicht.«
»Ach nein? Du stellst Fragen, die dir noch nie zuvor in den Sinn kamen.«
»Weil sich vorher auch nicht die Frage gestellt hat, ob ich naiv bin. Bin ich das, Flo? Bin ich naiv?«
»Auf die liebenswerteste Art, die man sich vorstellen kann.«
»Was soll das heiÃen?«
»Dass du immer nur das Gute im Menschen sehen willst und vor dem Schlechten die Augen verschlieÃt.«
»Im Moment sehe ich aber wohl eher das Schlechte â¦Â«
»Und was soll das
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