Kann ich gleich zurueckrufen
habe als in letzter Zeit. Ja, und diese neue Präsentation, die ist so langweilig, dass er keine Lust hat, die dreißig Seiten bis zum Ende durchzulesen. »Und dann noch so eine altbackene Grafik«, sagt er und klappt die Mappe zu. »Das können Sie doch besser!«
Ich erkläre, dass ich den Arbeitsablauf bei künftigen Druckaufträgen verändern werde, eventuell auch eine externe Schlussredakteurin hinzuziehen möchte. Sage, dass wir trotz des zweiten Andrucks keine höheren Kosten haben, weil der Farbfehler von der Druckerei verursacht worden ist. Ich schließe damit, dass ich gerne Schritt für Schritt über die Präsentation sprechen möchte, um sie nach seinen Vorstellungen zu verändern. Dann werde ich mutiger: »Vielleicht muss man manchmal ein Weißbier mit einem Fisch kombinieren«, sage ich und lege das Angebot des Fotografen auf den Tisch, um eine neue grafische Gestaltung vorzuschlagen.
»Ja, machen Sie das«, sagt er und sieht auf die Uhr. Die Fotos interessieren ihn nicht. Aha, es geht ihm also gar nicht um Details. Er ist unzufrieden, weil er sich um Sachen kümmern musste, um die er sich nicht kümmern will. Die er wegdelegiert hatte. Deswegen nörgelt er und macht etwas schlecht, was er normalerweise schnell abgesegnet hätte. Er hat noch etwas zu bemängeln. »Können Sie sich nicht besser absprechen mit Ihren Frauenproblemen? Gestern sind Sie nicht da, dafür die andere. Die ist heute nicht da, Sie aber schon.« Er lächelt mich an. »Da kommt man ja völlig durcheinander.« Ich verpasse meine nächste Chance. Und nicke.
Die restliche Zeit verbringe ich damit, die Präsentation zu verändern. Ich werfe den ursprünglichen Aufbau über Bord und gestalte die Präsentation wie einen Artikel in einem Magazin. Ein großer Mittelteil, der ohne Zahlen und Fakten auskommt, kombiniert mit einem großen Foto. Dann kleine Infoinseln mit Zahlen aus unserer Abteilung, Statistiken zum Thema und Expertenmeinungen. Ich spreche mit der Grafik und bitte, Illustrationen zu den Infoinseln zu machen.
Mein Magen knurrt. Es ist schon 13:45 Uhr. Ich packe mein Pausenbrot aus und verschlinge es. Dann gehe ich in die Teeküche, um mir eine Flasche Mineralwasser zu holen. Kurz vor der Tür bleibe ich stehen, weil ich meinen Namen höre. Jemand spricht über mich. »Die ist ja auch dauernd weg und hält ihrem Kind die Hand«, sagt eine Stimme. »Ist wohl ansteckend, diese Mamakrankheit«, sagt eine andere Stimme. Ich atme tief durch und betrete die Teeküche. Die ältere Grafikerin steht mit einem Kollegen aus der IT -Abteilung vor dem Kühlschrank. Ich nehme eine Flasche Mineralwasser aus dem Träger und gehe zur Tür. Der IT -Mann zwinkert mir zu: »Na, heute nur halbtags?«
Da platzt mir der Kragen. Nach dem unglücklichen Telefonat mit der Exputzfrau und den verpassten Chancen bei meinem Vorgesetzten entlädt sich nun mein angestauter Zorn auf diesen Kollegen. »Ich arbeite so lange, wie es mein Vertrag vorsieht. Und ich stehe darüber hinaus auch nach Ende meiner Arbeitszeit meinen Kolleginnen und Kollegen telefonisch zur Verfügung. Das können Sie ja bestätigen«, hier nicke ich der Grafikerin zu. »Mit meinem Arbeitspensum kann ich zwar während der Dienstzeit keine langen Schwätzchen machen, dafür erledige ich alle Aufgaben termingerecht. Sie stimmen mir sicher zu, das eher als Mamaeffizienz denn als Mamakrankheit zu bezeichnen.« Dann gehe ich.
Wahrscheinlich hält mich der IT -Mann jetzt für eine Zicke. Das ist mir aber egal. Ich bin halt anders als seine Frau, die den Kindern die Windeln wechselt und ihm abends einen kalten Schweinebraten zum Bier auftischt. Sicher ist seine Gattin ein braves Weibchen, das bereitwillig alles opfert, damit er sich beruflich selbst verwirklichen kann. Eine Frau, die glaubt, dass sie karrieremäßig zum Zug kommt, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind – weil er es ihr nach dem ersten positiven Schwangerschaftstest versprochen hat. Nur ist dann, wenn die Kinder so weit sind, ihr Karrierezug längst abgefahren. Dann kann sie wieder von vorne anfangen damit, sich einen Platz zu suchen in der familienfeindlichen Berufswelt. Und wenn sie Pech hat, ist sie dann auch noch ganz allein, weil ihr ach so gestresster Ehemann sich längst umorientiert und mit einer Kollegin ein neues Leben angefangen hat. Einer Frau, die ihn versteht – und nicht nur von Hausaufgaben oder neuen Turnschuhen für die Kinder redet.
Natürlich habe ich überhaupt keine Ahnung vom Privatleben des IT
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