Kann ich gleich zurueckrufen
sein dickes Investmentbankereinkommen mit seiner neuen Freundin auf den Cayman Islands verjubelt, dann kriege ich schon das Kotzen.« 27 Ihre Tochter kommt ins Wohnzimmer und will auf ihren Schoß. Gespräch beendet.
Ich kaufe eine Hose und ein T-Shirt aus ihrer Kollektion. Mehr aus Sympathie für die Frau als aus Überzeugung von den Sachen. Denn zu gehen, ohne etwas zu kaufen, das bringe ich nicht übers Herz, vor allem, nachdem sie so offen mir gegenüber war. Um 17:33 Uhr gehen mein Sohn und ich zur U-Bahn und fahren heim. Der Kleine gähnt. Freitags ist er oft ziemlich müde, manchmal auch gereizt. Kein Wunder – er hat auch eine 30-Stunden-Woche: Sein Büro ist der Kindergarten.
Als wir aus der U-Bahn aussteigen, klingelt mein Handy. Meine Schulfreundin fragt, ob wir nächste Woche ins Kino gehen wollen. »Du sollst nicht telefonieren«, sagt mein Sohn und will auf meinen Arm. Ich hebe ihn mit dem linken Arm hoch und halte das Handy mit der rechten Hand fest. »Ganz gerne«, sage ich zu meiner Schulfreundin. »Kind auf dem Arm?«, fragt sie. Sie hört mein Schnaufen, und sicher hat sie auch die Beschwerde meines Sohnes gehört. »Wohin rennst du denn gerade?« Ich erzähle kurz, wo wir waren, und dass wir auf dem Heimweg sind. Und dass ein Erdbeerkuchenfleck und jetzt auch ein Fußabdruck auf meinem Rock sind, den ich gestern aus der Reinigung geholt habe. Sie lacht. Und sagt, dass sie seit zehn Tagen nicht mehr rausgegangen ist, weil beide Kinder die Windpocken haben. Dass sie ihrem Mann SMS mit Wünschen aus der Quarantäne schickt. »Die extravaganten Dinge kommen aber von mir. Gestern hatte ich Heißhunger auf Quarkknödel mit Marillenmarmelade. Er hat alle Zutaten gekauft. Die Kinder haben’s natürlich nicht gegessen. Sondern Milchreis aus der Fertigpackung gefordert.« Wir verabreden uns für nächsten Donnerstag. Ich trage meinen Sohn nach Hause. Und freue mich auf das bevorstehende Wochenende. Zwei Tage lang keinem Bus nachlaufen, denke ich.
Zu Hause backen wir Pfannkuchen zum Abendessen, einen Stapel mit Schinken, einen mit Zimt und Zucker. Um 18:45 Uhr kommt mein Mann heim. Er hat den Wochenendeinkauf erledigt und zieht eine Flasche Limonade und eine Flasche Wein aus den Einkaufstaschen: Unser Wochenende kann beginnen. Wir essen zu dritt alle Pfannkuchen auf – am Schluss fühle ich mich so satt, dass mir richtig schwindlig ist. Nach dem Essen machen wir noch eine Minimodenschau, mein Sohn führt die neuen Kleidungsstücke vor, die ich am Nachmittag für ihn gekauft habe.
Mein Mann räumt die Küche auf, ich mache unseren Sohn bettfertig. Er gähnt und sagt, Tika ist zu müde zum Zähneputzen. Er legt sich freiwillig ins Bett, ich putze ihm dort die Zähne und wische ihm den Mund mit einem feuchten Waschlappen sauber. Er zieht sich die Decke hoch und schläft ein – sogar ohne Buch. Ein paar Minuten bleibe ich noch an seinem Bett sitzen und schaue mein wunderbares schlafendes Kind an.
Als die gelbe Uhr Viertel vor acht anzeigt, gehe ich wieder in die Küche. Es ist noch nicht mal dunkel, trotzdem fühle ich mich so müde, als wäre es mitten in der Nacht. »War eine anstrengende Woche«, sage ich zu meinem Mann. »Die nächste wird noch anstrengender«, sagt er. Stimmt, er fliegt am Montag in die USA . Und kommt erst übermorgen in einer Woche zurück. Dann muss ich meine Kinoverabredung mit meiner Schulfreundin verschieben – es sei denn, meine Mutter hat Zeit, auf den Kleinen aufzupassen.
»Meine Kollegin ist schwanger«, sage ich etwas unvermittelt. »Die junge?« Ich nicke und erzähle meinem Mann von dem Gespräch, das ich mittags mit meiner Assistentin geführt habe. Dass ich eigentlich nur zugehört habe. Dass ich nicht weiß, was ich ihr raten soll – weil ich mir weder eine Affäre mit einem verheirateten Mann noch das Leben als alleinerziehende Mutter vorstellen kann. Mein Mann lächelt. »Manchmal fühlst sogar du dich allein gelassen mit unserem Kind. Weil ich zu lange im Büro bin. Oder zu lange Zeitung lese. Oder mich zu lange auf dem Klo verziehe.« Er hat recht. Das nervt mich oft, und ich beklage mich auch darüber. Aber ich glaube, dass dieses Klagen nicht zu vergleichen ist mit dem, was sich eine Alleinerziehende denkt. Denn die kann so viel klagen wie sie möchte – es ist niemand da, der ihr zuhört. Oder der irgendwann aus dem Büro nach Hause kommt.
»Ich habe heute eine Alleinerziehende kennengelernt, die eine Stinkwut hat auf den Kindsvater«, sage ich meinem
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