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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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sich entschuldigen würde. Dann holte sie die Éclairs aus dem Mülleimer, tupfte sie mit einem Geschirrtuch sauber, verstaute sie in ihrer Handtasche und ging.

Ein neuer Anfang. Stets behaftet mit Angst und banger Erwartung, aber auch mit jenem flüchtigen Gefühl, das je nach Situation beflügeln oder bremsen kann: Hoffnung.
    Der letzte Monat war die Hölle gewesen, doch Hanny hatte schon Schlimmeres überlebt.
    Den Tod ihrer Mutter.
    Ruth hatte ihr Bestes getan, um Hanny auf ihr Ende vorzubereiten. Sie war ein sehr spiritueller Mensch gewesen, und sie hatte ihr gegenüber immer wieder betont, dass ihr Sterben nicht das Ende sein würde, sondern ein Neuanfang für sie beide. Und dass Neuanfänge kein Grund zur Trauer seien, sondern im Gegenteil zur Freude und Hoffnung.
    Damals war es Hanny schwergefallen, das anzunehmen, doch sie hatte die Worte ihrer Mutter verinnerlicht. Heute war sie fest entschlossen, einen Neubeginn zu wagen. Hanny empfand genug Optimismus, um mit einem Lächeln in den Tag zu starten. Beinahe beschwingt ging sie in ihr Atelier, um sich ihrer Arbeit zu widmen.
    Tatsächlich hielt ihr Lächeln bis zum Nachmittag an, auch dann noch, als es an der Tür klopfte. In Erwartung der Einkaufslieferung dachte sie gar nicht daran, durchs Fenster zu schauen, doch da stand er nun:
    Oliver.
    Bastians Freund war wirklich der letzte Mensch, den sie erwartet hatte. Und der letzte, den sie sehen wollte.
    Er hielt keine langen Vorreden.
    Â»Ich finde, du bist hammerunfair.«
    Keine Begrüßung, gleich ein Vorwurf.
    Nicht, dass sie das überraschte, aber das erleichterte ihr den Umgang mit ihm auch nicht.
    Â»Warum willst du ihn nicht sehen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, redete er sofort weiter. »Ihn einfach komplett zu ignorieren, also weißt du ... Das ist kindisch und irgendwie auch total daneben, ganz ehrlich. Das hat er nicht verdient.«
    Das war Hannys Ansicht nach diskussionswürdig, doch Oliver kam gerade erst richtig in Fahrt.
    Â»Einfach so rausgeschmissen zu werden aus seinem Zuhause.«
    Er wusste genauso gut wie sie, dass es vor allem Hannys Zuhause war.
    Â»Und warum das alles? Wegen einem blöden Fehler? Das ist nicht alles allein seine Schuld, Hanny. Du hast ihn auf einen so hohen Sockel gestellt, da musste er eines Tages ja mal runterfallen ...«
    Â»Ach, ich bin also schuld, ja? Du findest es also unfair, jemanden für einen tollen, grundanständigen Menschen zu halten? Weil das diesen Menschen unter Druck setzt? Und ihn letztlich dazu treibt, sich wie der letzte Armleuchter aufzuführen?«
    Olivers Mund stand ein klein wenig offen. Hanny war nicht laut geworden, aber ihr scharfer, sarkastischer Ton überraschte Oliver so sehr, dass er tatsächlich verstummte. »Ich habe doch gar nicht gesagt, dass ...«, stammelte er nach einer Weile.
    Â»Hat sich für mich aber verdammt so angehört!«
    Jetzt fluchte sie auch noch.
    Â»Ich sage nicht, dass es so ... Es ist doch bloß ... Also, wenn es in einer Beziehung Probleme gibt, dann ist in den seltensten Fällen nur einer der Beteiligten daran schuld.«
    Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Hanny sich gefreut, eine solch tiefsinnige Einsicht aus Olivers Mund zu hören.
    Heute aber nicht.
    Â»Du meinst also, es ist meine Schuld?«
    Sie fixierte ihn mit einem scharfen, kalten Blick, der ihn an seine Mutter erinnerte, wenn sie wütend war. Noch einmal staunte er nicht schlecht über Hanny. Er wich ein paar Zentimeter zurück. Und versuchte einzulenken.
    Â»Nein, das meine ich nicht«, begann er und runzelte die Stirn. Ehrlich gesagt hatte er Tränen erwartet. Tränen und vielleicht auch ein klein wenig Dankbarkeit.
    Â»Und was meinst du dann? Sag doch bitte einfach ganz konkret, was du meinst, statt hier so einen Dünnpfiff abzulassen, und dann verpiss dich!«
    Das verschlug ihm vollends die Sprache.
    Nach einer Weil stammelte er:
    Â»D... W... Was ich sagen wollte, also will, ist, dass ... äh ... Also ... Ich finde es nicht ganz fair, Bastian allein die Schuld an allem zu geben.«
    Sie sah ihn eine Weile nur an. Als sie schließlich antwortete, entsprach das wieder nicht dem, was er erwartet hatte.
    Â»Das tue ich auch gar nicht.«
    Ãœberrascht blinzelte er sie an.
    Â»Na, dann ist ja gut ...«, faselte er, doch mehr wurde er nicht los, weil Hanny nämlich weiterredete und ihm ziemlich

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