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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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unangenehme Weise an die alten Diskussionen und Streitgespräche erinnert, an jene Auseinandersetzung, die ein Grund für die Scheidung gewesen war. »Das ist Unsinn, wie Sie sehr wohl wissen. Ich bin nie mit ihr verheiratet gewesen. Wir haben nie zusammengelebt.«
    »Das spielt keine Rolle, Rungard. Sie haben sie geliebt. Und als Sie sie damals nicht bekommen konnten, haben Sie nach Ersatz gesucht: in Ihrer Arbeit für die Valdorian-Unternehmensgruppe und das Konsortium, in den ökonomischen Strategien, im Amt des Primus inter Pares, in mir …«
    »Das ist Unsinn. «
    »Ich sollte Lidia ersetzen«, fuhr Madeleine ungerührt fort. Sie sprach sanft, aber in ihren Worten kam doch eine gewisse Härte zum Ausdruck. »Sie haben von Anfang an versucht, mich in jemand anders zu verwandeln, aber so etwas ist unmöglich. Ich bin Madeleine. Ich war nie jemand anders, und ich werde nie jemand anders sein.«
    »Lassen Sie uns nicht dort weitermachen, wo wir vor zwanzig Jahren aufgehört haben.«
    Madeleine musterte ihn einige Sekunden lang.
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte sie dann. »Ich bin nicht hierher gekommen, um Vorwürfe gegen Sie zu erheben. Als Rion mir von Ihrer Nachricht und dem Flug zum Culcar-System erzählte … Da beschloss ich mitzukommen. Um Ihnen zu sagen … dass es mir Leid tut.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe Vorkehrungen getroffen. Ihnen wird auch weiterhin genug Geld zur Verfügung stehen, ob ich Lidia finde oder nicht.«
    »Darum geht es mir nicht, Rungard.« Madeleine suchte nach den rechten Worten. »Ich meine … Wir waren fast dreißig Jahre zusammen. Es hat etwas zwischen uns gegeben. Und jetzt …«
    »Haben Sie auch von Benjamin gehört?«, fragte Valdorian, um das Thema zu wechseln. Sein Unbehagen wuchs. Madeleine erinnerte ihn an zu viele Dinge, die er längst überwunden glaubte, aber immer noch in irgendeinem Winkel seiner inneren Welt konserviert hatte. Er fragte sich, warum er sich überhaupt auf dieses Gespräch mit ihr eingelassen hatte.
    »Ja«, sagte Madeleine nach kurzem Zögern. »Benjamin war immer sehr … schwierig. Vielleicht deshalb, weil er sich seinem Vater nicht gewachsen fühlte.«
    Valdorian hörte einen weiteren Vorwurf. »Geben Sie mir auch daran die Schuld?«
    »Rungard … Es geht mir nicht darum, Ihnen für irgendetwas die Schuld zu geben.«
    »Er hat versucht, mich umzubringen. Seinen eigenen Vater.«
    »Ja, ich weiß. Ich habe Jonathan darauf angesprochen, und nach einigem Widerstreben nannte er mir die Einzelheiten.«
    »Er ist enterbt. Mein privates Vermögen geht an Rion und an Sie. Zumindest der Teil davon, den ich bald nicht mehr brauche.«
    »Glauben Sie wirklich, dass Ihnen die Suche nach Lidia helfen kann?«
    Valdorian lauschte aufmerksam, hörte aber keinen Hinweis auf Spott in Madeleines Stimme. »Die Suche nach ihr nicht. Aber Lidia selbst … Ja, sie kann mir helfen. Die Kantaki weigern sich, mir das zu geben, was ich am dringendsten brauche – Zeit –, und deshalb werde ich mich an Lidia wenden. Sie lehnt es bestimmt nicht ab, mir zu helfen. Sie lebt in der Kantaki-Welt und kann mir Zeit geben. Und außerdem … Kantaki-Piloten verbringen den größten Teil ihres Lebens außerhalb des gewöhnlichen Zeitstroms. Und jeder Pilot darf einen Konfidenten mitnehmen.«
    »Es sind hundertzwanzig Jahre vergangen, Rungard. Glauben Sie, dass Lidia die ganze Zeit auf Sie gewartet hat? Und selbst wenn das der Fall wäre: Sie sind jetzt alt. Halten Sie es für möglich, dass Lidia einen alten Mann wie Sie zu ihrem Partner macht?«
    Valdorian starrte sie groß an, als Madeleines Lippen die Worte formulierten, die auch die Stimme des Zweifels in ihm flüsterte. Hundertzwanzig Jahre sind vergangen, dachte er und erinnerte sich an das wenige Wochen alte Bild Lidias, das er im Labyrinth von Guraki auf dem Bildschirm des Datenservos gesehen hatte. Sie war jung gewesen, kaum älter als damals. Und er wusste nicht, ob sie bereits einen Konfidenten hatte, einen anderen Mann, der ihr bei der Reise in die Zukunft Gesellschaft leistete.
    Abrupt stand er auf. »Sind Sie deshalb hier? Um mich zu verspotten?«
    Madeleine erhob sich ebenfalls, langsamer. »Nein, ich will Sie nicht verspotten, Rungard«, erwiderte sie, und der Schatten ihres Kummers verdichtete sich. »Ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich von Ihnen zu verabschieden. Wer weiß, ob wir uns noch einmal begegnen, bevor … Bevor geschieht, was auch immer geschehen mag. Ich wünschte, ich hätte Ihnen das

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