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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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den ganzen Ozean, oder auch seine einzelnen Tropfen, jeden von ihnen. Die letzten Reste ihres Zorns auf Dummheit, Machtgier, Gewalt und Zerstörung lösten sich auf, und deren Platz nahm vager Kummer ein, der sich gut kontrollieren ließ. Kummer angesichts von Ereignissen, die Leid brachten und die sie nicht beeinflussen konnte, so sehr sie es sich auch wünschte. Lidia fand zu der Ruhe zurück, die sie sich während der letzten Jahre angeeignet hatte. Am Rand der Straße, nicht weit von einigen Soldaten der Allianz entfernt, die sie respektvoll beobachteten, hob sie ein imaginäres Glas. »Auf die Zukunft«, sagte sie halblaut. »Auf all das Wunderbare im Universum. Auf den nächsten Tag.«
    Lidia ging an den Soldaten vorbei, die sie ansahen, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf, überlegte dabei, ob sie der Sakralen Pagode einen Besuch abstatten sollte, entschied sich aber dagegen. Plötzlich wollte sie so schnell wie möglich zum Schiff zurück und eine Welt verlassen, die nicht mehr ihre Heimat war, schon seit vielen Jahren nicht mehr. Ihr wahres Zuhause, so begriff sie, befand sich dort draußen im All, im Transraum.
    Als sie sich der Uferpromenade näherte, summte das K-Gerät an ihrer Halskette. Sie berührte es kurz.
    »Ich höre.«
    Es klickte, und Lidia identifizierte das Geräusch sofort: Grar. »Bitte komm zurück«, ertönte es aus dem Lautsprecher des integrierten Linguators. »Wir haben eine Prioritätsmitteilung bekommen. Von Esmeralda.«
    »Von Esmeralda?«, wiederholte Lidia erstaunt. Priorätsmitteilungen wurden nur dann von Kantaki-Schiffen übermittelt, wenn es um sehr wichtige Dinge ging.
    »Vater Hirl, der Kantaki ihres Schiffes, wurde erschossen.«
    Lidia blieb stehen. » Was? «
    »Von Rungard Avar Valdorian, dem abgesetzten Primus inter Pares des Konsortiums«, klickte Grar. »Und er will sich unbedingt mit dir treffen.«
    »Ich bin auf dem Weg zum Raumhafen«, sagte Lidia, setzte sich wieder in Bewegung und lief mit langen Schritten.
    Die Unruhe kehrte in sie zurück, zitterte stärker als zuvor.
     
     

Im Null
    Gedanken und Gefühle flüsterten aus der Vergangenheit. Agorax wartete.
     

26
Mirror
4. Mond des Ringplaneten Nurando
Peripherer Sektor der Entente
3. April 421 SN ·  linear
     
    »Dies ist eine Art Schleuse«, sagte Valdorian und deutete auf eine aus fünf Segmenten bestehende Tür. Die mittlere Sektion wies ein Fenster auf, durch das man nicht ins All, sondern auf eine Landschaft blicken konnte. »Ich dachte, Sie brächten uns in den Pilotendom.«
    »Sie werden das Schiff jetzt verlassen«, erwiderte Esmeralda kühl. Sie trug keine Waffe, ebenso wenig wie die beiden Akuhaschi, die sie begleiteten. Sie brauchte auch keine. Valdorian war viel zu schwach, konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, und Jonathan allein stellte keine Gefahr dar. Er wirkte ebenfalls geschwächt, blass und in sich gekehrt.
    »O nein, auf keinen Fall«, brachte Valdorian hervor und wandte sich dem Eingang des Raums zu. Esmeralda versperrte ihm den Weg und wich nicht einen Millimeter zur Seite.
    »Sie werden das Schiff jetzt verlassen«, wiederholte die Pilotin. »Diamant wartet dort draußen auf Sie.« Sie berührte ein Schaltelement an der nahe Wand, und die fünf Segmente der Tür glitten beiseite. Kühle Luft strömte in den Raum, durch einen automatisch aktivierten energetischen Biofilter. Valdorian blickte hinaus und bemerkte ein sonderbares Glitzern am Himmel. Doch seine Aufmerksamkeit galt vor allem einem anderen Kantaki-Schiff, jenem Schiff, das Lidia flog.
    Falls Esmeralda die Wahrheit gesagt hatte. Aus trüben, blutunterlaufenen Augen richtete er einen skeptischen Blick auf sie.
    »Ich bin davon ausgegangen, dass wir uns an Bord dieses Schiffes treffen«, sagte er und hörte seine Stimme als ein kaum verständliches Krächzen. »Dort draußen befinde ich mich wieder im Zeitstrom, und mir bleiben nur noch wenige Stunden.«
    »Ihr Problem«, entgegnete Esmeralda ungerührt und deutete zur Tür. »Gehen Sie jetzt.«
    Valdorian setzte sich in Bewegung, wankte zur Tür und verharrte dort. Das Glitzern am Himmel stammte von den breiten, bunt schillernden Ringen eines Gasriesen, der das Licht einer gelbroten Sonne reflektierte. Das gleiche Licht spiegelte sich auf seltsamen Kristallgebilden wider, die, so weit der Blick reichte, aus dem Boden ragten und komplexe geometrische Strukturen bildeten. Sie wirkten wie ein gewaltiges Kunstwerk, oder wie ein Irrgarten, dazu erschaffen, selbst den

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