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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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muss.«
    »Lidia, bitte.« Wieder suchte Valdorian nach Worten. »Nehmen Sie doch Vernunft an. Jede andere Frau wäre glücklich, ein solches Angebot zu bekommen. Ich meine … Wegen Ihnen habe ich mich sogar mit meinem Vater gestritten!«
    Der Glanz in Lidias Augen veränderte sich, und sie nahm ebenfalls die Hände zurück. »Meine Ausbildung beginnt in drei Tagen, Dorian. Sie könnten mein Konfident sein. Ich würde mich sehr freuen.«
    »Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?« Valdorian sprang auf und spürte, dass er am ganzen Leib bebte. Der Stuhl kippte nach hinten und fiel um. »Wie können Sie mir das antun? Nach allem, was zwischen uns gewesen ist. Wie können Sie mir so etwas antun?«
    Er ertrug es einfach nicht länger, drehte sich abrupt um und ging mit langen Schritten fort.
     
    Lichter brannten in der Kristallhöhle, aber Valdorian achtete nicht auf die schimmernde, glitzernde Schönheit, die ihn an diesem Ort umgab, knapp dreißig Meter unter der Meeresoberfläche, in jener Höhle, in der Lidia und er sich zum ersten Mal geliebt hatten. Stattdessen starrte er in die Flammen eines kleinen Feuers, das er vor wenigen Minuten angezündet hatte. Ein Buch brannte, ein Buch aus echtem Papier. Die Glut fraß sich gerade durch den Titel auf dem Rücken: Reflexionen von Horan.
    Zusammen mit dem Buch verbrannte ein Traum.
    In der rechten Hand hielt Valdorian eine Flasche, hob sie an die Lippen und trank. Die hochprozentige Flüssigkeit – billiger Korallenschnaps, in irgendeinem Laden von Bellavista gekauft – brannte in seiner Kehle. Nie zuvor in seinem Leben hatte er getrunken, und eigentlich wusste er gar nicht, warum er die Flasche gekauft hatte, bevor er hierher gekommen war. Der Alkohol wirkte schnell und dämpfte den Schmerz in seinem Inneren. Aber nicht genug. Noch ein Schluck war nötig. Und noch einer.
    »Warum?«, fragte er die Stille. Er saß im Inneren des Ambientalfelds, vor der Kühle der Höhle geschützt, und mit den Fingerkuppen strich er über die Decke, auf der sie sich geliebt hatten. Der Zeigefinger wanderte hin und her, folgte den Konturen eines imaginären Körpers.
    »Verdammt!«, stieß Valdorian hervor, als plötzlicher Zorn in ihm emporquoll. Der Alkohol riss innere Barrieren ein. »Was bildest du dir eigentlich ein?« Es war kein intimes Du, sondern eines der Verachtung. »Wie kannst du es wagen, mir so etwas anzutun? Wie kannst du es wagen, mein Angebot nicht anzunehmen? Für wen hältst du dich, verdammt? Ich bin Rungard Avar Valdorian! Hast du gehört?« Er stand auf, wankte und trank erneut. »Eines Tages werde ich die Valdorian-Unternehmensgruppe leiten, und vielleicht sogar das Konsortium. Und wer bist du? Nichts bist du! Nicht einmal ein Bauer auf dem großen Schachbrett des Lebens. Du hättest an meiner Seite sein können, um mit mir zusammen die Figuren aufzustellen.«
    Er hob den Kopf und sah die Xurr-Larve, die er Lidia geschenkt hatte. Die ätherische Schönheit des zarten, überirdischen Geschöpfs, das aus dem Reich der Märchen in diese Welt gewechselt zu sein schien, um durch eine Laune des Schicksals im Kristall zu erstarren, ließ den Zorn in Valdorian noch heftiger brodeln. Er fühlte sich verhöhnt und verspottet vom Liebreiz jenes Wesens, das Lidia so sehr entzückt hatte.
    Er trank noch einen Schluck, holte aus und warf die Flasche. Sie prallte von der Kristallwand ab, hinterließ nur einen kleinen Kratzer in ihr und fiel einige Meter entfernt zu Boden.
    Valdorian heulte vor Wut, taumelte zur wasserdichten Tasche, die er mitgenommen hatte und einen hochenergetischen Emissionsfokussierer enthielt, einen Hefok. Sein Vater bestand darauf, dass er immer bewaffnet war, und meistens beherzigte er seinen Rat.
    Das Fauchen der Waffe hallte laut durch die Höhle, und hochkonzentrierte Energie verdampfte Kristall. Schließlich tastete sie auch nach der Xurr-Larve und verbrannte sie innerhalb weniger Sekunden zu Asche.
    Valdorian ließ den Hefok sinken. Der Zorn verschwand aus ihm, aber er wich nicht etwa Genugtuung, sondern Leere. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und sank auf die Decke. Der Alkohol ließ ihn innerhalb weniger Sekunden einschlafen.
    Später, tief im Betäubungsschlaf, rollte er sich auf die Seite und zog die Beine an, bis die Knie fast an die Brust stießen. Die Hände ballte er zu Fäusten, hob sie an den Mund. In dieser Stellung sah er aus wie ein übergroßer Fötus.
     
17. Juli 301 SN ·  linear
     
    »Vater?«
    Hovan Aldritt

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