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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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    »Energetische Aktivität«, stellte er fest. »In der Richtung, aus der wir gekommen sind.«
    Valdorian hielt den Atem an und lauschte. Einige Sekunden lang herrschte Stille, dann vernahm er wieder ein Knacken, das diesmal von oben kam.
    Und in der Finsternis des Tunnels surrte etwas, wie ein zorniges Insekt.
    »Die Drohne!«, rief Cordoban. »Laufen Sie!«
    Valdorian reagierte sofort, folgte Jonathan und Cordoban, die bereits einige Meter vor ihm durch den Tunnel sprinteten. Die Möglichkeit, an diesem Ort zu sterben, unter einem dreitausend Meter dicken Eismantel, in einer alten Stadt der Xurr, erschien ihm plötzlich nicht mehr so grotesk wie noch vor einer knappen Stunde. Neben ihm lief die Frau, ebenso wie er von Furcht angetrieben.
    Fauchend raste ein Strahlblitz dicht über sie hinweg und bohrte sich in die Decke. Das mumifizierte Gewebe verdampfte, und das Eis darüber zerbarst. Splitter flogen umher, und es knirschte dumpf.
    Das Surren der Drohne wurde lauter – sie kam näher.
    Wieder fauchte es, und diesmal verfehlte der Strahl nicht sein Ziel, traf den Rücken der Frau. Valdorian sah, wie sie die Augen aufriss, wie ihr Mund ein überraschtes und entsetztes O formte. Dann fiel sie und blieb neben den Kunststoffplatten auf dem Boden des Tunnels liegen.
    Valdorian versuchte, noch schneller zu laufen, aber die Schwäche in seinem Inneren breitete sich aus. Die rechte Hand flog zu den Gürtelkontrollen und schaltete den Individualschild ein – dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, Energie zu sparen. Eine halbe Sekunde später wurde er von einem Strahlblitz getroffen, der ihn nach vorn stieß. Valdorian taumelte, hätte fast das Gleichgewicht verloren und fing sich im letzten Augenblick. Weiter vorn beschrieb der Gang eine Kurve. Jonathan und Cordoban verschwanden hinter der Biegung, und mit ihnen das Licht der Chemo-Lampen. Valdorians Furcht gewann eine neue Qualität, galt nun mehr der Finsternis als dem Roboter, obwohl die Dunkelheit nicht töten konnte. Sie schien der Tod zu sein, leer, farblos, ohne Substanz, ein Nichts, in dem sich alles verlor. Er warf sich regelrecht durch die Kurve, auf der Flucht vor der Schwärze, die sich von hinten immer mehr herantastete und die viel konkretere Gefahr der Drohne verbarg, sah Cordoban, der an der gewölbten Wand kauerte, den Hefok im Anschlag, sah auch Jonathan, der einige Meter weiter vorn in die Hocke gegangen war, ebenfalls dicht an der Wand und mit einer schussbereiten Waffe in beiden Händen, er hörte das Surren, wie von einer Mücke dicht am Ohr, vernahm das Fauchen von Entladungen, spürte einen weiteren Stoß, der ihn an Jonathan vorbeitaumeln und dann fallen ließ …
    Zwei Handwaffen entluden sich, und unmittelbar darauf krachte eine Explosion. Ihr grelles Licht blendete Valdorian, und anschließend schien die Dunkelheit den Sieg über ihn zu erringen, denn er sah nichts mehr. Finsternis umgab ihn, eine undurchdringliche Schwärze, in der es immer lauter knirschte und knackte. Etwas gab nach. Etwas splitterte und riss. Das mumifizierte Gewebe des Bodens senkte sich, und Valdorian fiel. Seine Hände suchten nach Halt, berührten aber nur kaltes, glattes Eis. Er rutschte, langsam erst, dann immer schneller, durch eine Finsternis, die nichts preisgab. Das Knirschen und Knacken um ihn herum dauerte an – es klang so, als wäre der ganze gewaltige Gletscher in Bewegung geraten. Wenige Sekunden später verlor er den Kontakt mit dem Eis, stürzte durch schreckliche Leere und berührte dann ein elastisches und klebriges Etwas, an dem er sich festzuhalten versuchte. Aber es gab nach, so wie zuvor der Boden des Tunnels, durch die Explosion destabilisiert. Er fiel erneut, einige Meter tief, und landete auf etwas Weichem. Keuchend blieb er liegen, während um ihn herum Eisbrocken aufprallten.
    Jemand hustete, und ein vager Lichtschein zeigte sich in der dunklen Welt.
    »Primus?«, fragte Jonathan.
    Valdorian wollte antworten, aber es wurde nur ein Krächzen daraus. Er räusperte sich und versuchte es noch einmal. »Ich bin hier.«
    Aus dem vagen Lichtschein in der Finsternis wurde ein hin und her tanzendes Glühen. Dicht dahinter bewegte sich eine Gestalt, kletterte über Eisbrocken und Gewebefetzen hinweg. Weiter oben im Halbdunkel bemerkte Valdorian ein Netz, wie eine große Spinnwebe, und bei dem weichen Material, in dem er lag, schien es sich um organisches Gewebe zu handeln.
    Das Glühen war jetzt so nahe, dass er Jonathans Gestalt dahinter

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