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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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etwas geschah – oder damit eine Ereignistendenz entstand. Es war ein mühsamer Vorgang, oft von Fehlschlägen begleitet. Höhere Wahrscheinlichkeiten bedeuteten nicht automatisch, dass es zu den gewünschten Geschehnissen kam, und selbst wenn sich solche Erfolge erzielen ließen: Ein einziges Ereignis genügte nicht, um den Eternen zu gestatten, das Null zu verlassen. Ereignisse mussten aufeinander folgen und eine Kette bilden, so wie die Zeitschiffe hinter Äon; die Dinge mussten sich in eine bestimmte Richtung entwickeln.
    Agorax blickte durch die Risse und Fugen, die seine Gedanken passieren ließen. Seine Aufmerksamkeit galt zwei Personen, beziehungsweise einer – die Pilotin blieb unerreichbar für ihn, wenn sie sich außerhalb des gewöhnlichen Zeitstroms in der Hyperdimension der Kantaki befand. Auf sie konnte er allein durch den Diamanten des Mannes Einfluss nehmen, der mit dem ihren in empathischer Verbindung stand. Ein Mann, der Macht hatte und über große Ressourcen verfügte. Und eine Frau in der Kantaki-Welt. Gab es eine bessere Konstellation? Wenn es gelang, das richtige Kausalitätsnetz zu knüpfen, die richtigen Ereignisstrukturen miteinander zu verbinden … Vielleicht konnten Valdorian und/oder die Pilotin dazu gebracht werden, ein Zeitportal zu öffnen. Möglicherweise gelang es ihnen sogar, den Keim zu wecken.
    Der Suggestor spähte in die Zukunft, betrachtete Myriaden Wahrscheinlichkeiten und erkannte das ihnen zugrunde liegende Muster. Er sah die Stellen, die es miteinander zu verbinden galt, suchte nach geeigneten Werkzeugen. Es gab noch andere Geschöpfe in der Zukunft, die sein subliminales Flüstern empfingen, die seine Gedanken und Gefühle für ihre eigenen hielten und glaubten, frei zu handeln. Ihr Agieren schuf winzige Wellen auf dem Ozean der Ereignisse, aber manchmal genügten selbst kleine Auslöser, um große Wirkungen zu erzielen – es kam auf die jeweiligen Verknüpfungen an. Ein fallendes Blatt im Wald auf der einen Seite eines Planeten mochte auf der anderen Seite einen Wirbelsturm verursachen.
    Und nie gab es nur eine Möglichkeit. Immer existierten zahllose Alternativen, aus denen es auszuwählen galt. Agorax blickte durch die Risse im Schild und schickte seine Gedanken in die Zukunft, während das Prickeln der Aufregung in ihm zunahm. Die beiden Diamanten, insbesondere der Valdorians, erwiesen sich als ein sehr wirkungsvolles Instrument. Komm nach Kabäa, flüsterten seine Gedanken in die Zukunft, ohne dass die Wächter auf Munghar etwas bemerkten. Bestimmte Ereignisstränge waren inzwischen miteinander verbunden, und dadurch stieg die Wahrscheinlichkeit. Komm nach Kabäa …
     

13
Kantaki-Nexus
Siebzehntausend Lichtjahre außerhalb des von Menschen besiedelten Bereichs der Milchstraße
16. November 303 SN ·  linear
     
    Das fast dreißig Meter lange und ein Dutzend Meter hohe Panoramafenster gewährte einen atemberaubenden Blick auf die Milchstraße. Lidia trat noch etwas näher und fühlte sich versucht, Hände und Nase an die Scheibe aus transparentem Metall zu pressen. Wie ein gewaltiges Feuerrad schwebte die Galaxis im All, zum Greifen nahe und doch viele tausend Lichtjahre entfernt. Sie wirkte völlig bewegungslos, aber Lidia wusste natürlich, dass sie sich langsam um die eigene Achse drehte, um das Schwarze Loch in ihrem Mittelpunkt.
    »Gefällt sie dir?«, fragte Floyd.
    »Kannst du sie ebenfalls sehen?«
    »Ja, mit diesem kleinen Apparat hier.« Er tippte auf die kleine Schreibe an seiner rechten Schläfe. »Aber nicht so wie du. Die Sehhilfe vermittelt nur einen vagen Eindruck von den Farben.«
    Lidia nickte langsam und sah noch immer fasziniert aus dem Fenster.
    Die Milchstraße war tatsächlich erstaunlich bunt. Sie hatte sie sich immer weiß vorgestellt, stattdessen präsentierte die Galaxis alle Farben des Spektrums.
    »Ich erinnere mich daran, wie sie aussieht«, fügte Floyd hinzu. »Früher, als ich noch sehen konnte, hat sich ihre Pracht mir fest eingeprägt.«
    »Sie ist wunderschön«, sagte Lidia. So viele Sonnen, so viele Welten. So viel zu sehen.
    »Du hast Glück. Schon nach zwei Jahren als Pilotin siehst du deinen ersten Nexus. Ich musste dreißig Jahre auf meinen ersten warten, und in mehr als dreihundert Jahren konnte ich nur insgesamt sieben besuchen.«
    Dieser Nexus war ein zwei Kilometer langer und dreihundert Meter dicker Zylinder, eine Raumstation der Kantaki – hier wurden ihre Schiffe gewartet und mit neuen Ausrüstungsmaterialien

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