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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Küche. Carmellina hatte darauf bestanden, eine Mahlzeit zuzubereiten, die hauptsächlich aus Gemüse bestand, und Floyd nutzte mehrmals die Gelegenheit, ihr kulinarisches Geschick zu loben. Sie nahm die schmeichelnden Worte mit einem dankbaren Lächeln entgegen.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte Lidia schließlich, als sie nach dem Essen im Wohnzimmer Kaffee von Tintiran tranken. Ein wärmendes Feuer brannte im Kamin, so wie bei Lidias letztem Aufenthalt in diesem Haus.
    »Ich habe eine Agentur damit beauftragt, das Haus zu verkaufen«, sagte Carmellina. »Ich kehre nach Fernandez zurück. Hier bin ich zu allein, umgeben nur von Erinnerungen.«
    »Ich verstehe.« Lidia sah in die Flammen. »Wenn du möchtest, dass ich …«
    Carmellina gab ihrer Tochter keine Gelegenheit, den Satz zu beenden. »Nein. Ich möchte nicht, dass du zu mir kommst. Ich bin eine erwachsene Frau, weißt du. Ich komme auch allein zurecht und bin fest entschlossen, in Fernandez neue Kontakte zu knüpfen.« Sie lächelte auf ihre sanfte, nachsichtige Art. »Du hast dein eigenes Leben, und nur das eine, wie lang es auch dauern mag. Es wäre falsch von dir, es mir zu widmen.«
    »Du hast viele Jahre lang für mich gelebt.«
    »Wie jede Mutter für ihre Tochter. Und vielleicht hast auch du eines Tages einmal Kinder – dann wirst du besser verstehen, was ich meine.« Carmellina zögerte kurz, und ihr Blick folgte dem Lidias zu den Flammen. Das brennende Holz knisterte leise. »Hast du in den vergangenen zwei Jahren etwas von Dorian gehört?«
    »Nein, nichts.«
    Carmellina seufzte leise. »Vielleicht ist es auch besser so.« Sie stand auf und gab sich munter. »Was haltet ihr von ein bisschen Musik?«
    »Eine ausgezeichnete Idee«, sagte Floyd. »Ihre Tochter hat Sie als großartige Pianistin beschrieben.«
    »Oh, manchmal übertreibt Lidia.« Carmellina nahm am Klavier Platz, überlegte kurz und begann mit einer Mazurka von Chopin, komponiert vor dreitausend Jahren. Sie spielte lange an diesem Abend, mal traurige Stücke, mal fröhliche, während draußen Wind aufkam, über dem See auffrischte und um das Haus strich.
    Schließlich wurde es Zeit für die Nachtruhe. Floyd bekam das Gästezimmer, und Lidia betrat nach zwei Jahren erneut das Zimmer ihrer Kindheit und Jugend, das ihr jetzt viel kleiner erschien als damals. Eine Zeit lang stand sie am Fenster und blickte auf den See hinaus, dessen Wellen nun kleine Schaumkronen trugen, beobachtete die dunklen Schemen der Bäume, die sich im Wind hin und her neigten. Als sie sich umdrehte, bemerkte sie einen Infonauten auf dem nahen Tisch. Lidia griff danach und schaltete das Gerät ein.
    »Die Türme des Irgendwo«, las sie. Und auf der ersten Seite: »Für Lidia.« Mehr Text gab es nicht. Ihr Vater hatte bis zu seinem Tod keine einzige Zeile mehr geschrieben.
     
    Während der Wind am Fenster flüsterte, Wolken das Licht der Sterne schluckten und Schnee brachten, schlief Lidia und träumte.
    Es war ein seltsamer Traum, mit Bildern, die irgendwie fremd erschienen. Immer wieder sah sie sich selbst, in verschiedenen Szenarien, die immer von Sehnsucht geprägt waren. Sie sehnte sich nach Valdorian und hatte längst begriffen, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Sie wollte zurück, fort von den Kantaki und ihrer Hyperdimension abseits des Zeitstroms, zurück in die Welt des Lebens. Sie wollte das sein, was Valdorian ihr in Aussicht gestellt hatte, eine Königin, der man alle Wünsche erfüllte. Sie wollte glücklich sein an der Seite des Mannes, der einmal die Valdorian-Unternehmensgruppe leiten und vielleicht sogar zum Primus inter Pares des Konsortiums aufsteigen würde.
    Sie suchte ihn, kehrte zu ihm zurück, in der Hoffnung, dass er ihr verzieh und noch immer bereit war, ihr einen Platz in seinem Leben einzuräumen. Sie sah ihm in die Augen, als sie sich entschuldigte. Und sie war überglücklich, als er sie in die Arme schloss.
    Mitten in der Nacht erwachte Lidia, hörte das Raunen des Windes und dachte an die sonderbaren Bilder des Traums. »So ein Unsinn«, murmelte sie, als sie sich vorstellte, Mutter Krirs Schiff und die Wunder des Universums aufzugeben.
    Sie drehte sich zur Seite, aber es dauerte eine Weile, bis die Unruhe aus ihr wich und sie erneut einschlief, ungestört von unwillkommenen Bildern.
    Unter der abgelegten Kleidung auf dem nahen Stuhl glitzerte es im Diamanten.
     
    Am nächsten Morgen begleitete Carmellina ihre Tochter zum Levitatorwagen. Während der Nacht war der

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