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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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erfüllt: wieder jung zu sein, ein ganzes neues Leben zu haben.
    Der Zorn fühlte sich fast ebenso gut an wie die neue Kraft in seinem physischen und psychischen Kosmos. Dass es eine Verbindung mit dem Flüstern tief in seinem Inneren gab, störte ihn nicht.
    »Wollen Sie etwas gegen die Kantaki unternehmen?«, fragte Jonathan erschrocken.
    »Ich nicht«, erwiderte Valdorian leise und blickte noch immer nach draußen. »Aber jemand anders.« Er wandte sich vom Fenster ab und konzentrierte seine Gedanken auf die Dinge, die Aufmerksamkeit erforderten. »Es gibt noch jemanden, mit dem ich sprechen sollte, nicht wahr?«
    »Sie meinen den Koordinator.«
    »So lautet sein Titel.«
     
    Das Bild hatte sich Lukert Turannens Gedächtnis mit der Dauerhaftigkeit eines Brandzeichens eingeprägt: Valdorian im Hangar des Arsenalplanetoiden, ein kalt lächelnder, junger Valdorian.
    Ein Blick, und all das, was sich Turannen erarbeitet, erhofft und erträumt hatte, zerplatzte wie eine Seifenblase. Valdorian lebte, und damit noch nicht genug – er kontrollierte die Soldaten des Arsenals.
    Turannen setzte die unruhige Wanderung durch sein schlichtes Quartier fort und schaffte es einfach nicht, sich zu beruhigen. Seine Gedanken waren völlig außer Kontrolle geraten, wie plötzlich alles in seinem Leben, das immer so genau geplant gewesen war. Wo er bisher Struktur und Ordnung gesehen hatte, existierte jetzt nur noch Chaos.
    Einer der wie ziellos umherschweifenden Gedanken schob sich in den Vordergrund und verlangte Aufmerksamkeit: Drohte ihm der Tod?
    Turannen blieb stehen, direkt am Fenster, aber sein Blick glitt nicht nach draußen, blieb nach innen gekehrt.
    Enbert Dokkar und Benjamin hätten ihn bestimmt getötet, so viel stand fest. Er konnte von Glück sagen, dass nicht sie ihn im Hangar entdeckt hatten, sondern Valdorian, für den es keinen Grund gab, ihn zu hassen.
    Der verjüngte Valdorian… Was war geschehen? Woher kam er? Seit der Niederlage der Konsortiumsstreitmacht bei Kabäa im Epsilon-Eridani-System galt Valdorian als verschollen, wahrscheinlich tot. Aber er lebte, und er war kein Greis mehr, sondern ein vergleichsweise junger Mann. Mit keiner Resurrektion, wie gründlich und umfassend auch immer, ließ sich ein solches Resultat erzielen. Es steckte etwas anderes dahinter.
    Turannen atmete mehrmals tief durch und spürte, wie ein Teil der Unruhe aus ihm wich, als er konzentriert nachdachte. Wie hatte Valdorian, der neue, viel jüngere Valdorian, den Planetoiden erreicht? Mit welchem Schiff war er gekommen? Turannen erinnerte sich nicht an irgendwelche verdächtigen Ortungsspuren, als Amadeus und er mit dem Shuttle zum Arsenal geflogen waren.
    Fragen über Fragen. Wie auch immer die Antworten lauteten: Turannens oberste Priorität bestand zunächst im eigenen Überleben. Alles andere spielte eine untergeordnete Rolle.
    Das elektronische Sicherungssystem summte, und die Tür öffnete sich. Lukert Turannen hatte geglaubt, Unruhe und Furcht gerade besiegt zu haben, aber jähe Anspannung erfasste ihn, als er sich umdrehte und sah, wer das Quartier betrat: Valdorian, in Begleitung eines Soldaten aus dem Arsenal.
    Turannen verzog keine Miene und versuchte, seine plötzliche Angst zu verbergen. Die nächsten Sekunden oder Minuten entschieden darüber, ob er am Leben blieb oder nicht.
    Der Soldat blieb neben der Tür stehen, die sich wieder schloss. Valdorian trat entspannt zu einem Sessel und nahm Platz. Turannen erinnerte sich an seine Villa auf Tintiran, hörte Judiths Stimme, die bereits plante und neu gestaltete, und er hatte dabei das schreckliche Gefühl, dass jene Erinnerungsbilder in seinem Gesicht erschienen wie auf einer Projektionsfläche, deutlich sichtbar für jeden Beobachter, vor allem aber für Valdorian, dessen Nachfolger er hatte werden wollen.
    Valdorian lehnte sich zurück und musterte ihn eine Zeit lang. Die Stille dauerte an, wurde bleiern.
    »Setzen Sie sich«, sagte Valdorian schließlich.
    Turannen kam der Aufforderung mit einer Schnelligkeit nach, für die er sich selbst verabscheute.
    Er sah das junge, fast völlig glatte Gesicht des früheren Primus inter Pares des Konsortiums und entsann sich an die achtzehn Porträts von Valdorians Vorgängern in der Villa, und an das neunzehnte, das eine ältere Version von Rungard Avar Valdorian zeigte, der jetzt vor ihm saß.
    Turannen stellte fest, dass niemand eine Waffe auf ihn richtete.
    »Sie fragen sich zweifellos, was mit Ihnen geschehen wird«, sagte

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