Kantaki 02 - Der Metamorph
dachte er erneut, aber die Dankbarkeit löste sich schnell auf, gab dem Hass mehr Platz. In der Stille, die ihn umgab, begann er erneut zu planen. Das war sein Leben, Pläne zu schmieden und zu versuchen, sie zu verwirklichen.
Wie nahe er seinem Ziel doch gewesen war…
Weshalb flog Valdorian nach Kerberos? War das Projekt Doppel-M der Grund? In Gedanken ließ Turannen das Gespräch noch einmal Revue passieren, brachte Mienenspiel und Worte miteinander in Verbindung und versuchte, Schlüsse daraus zu ziehen. Valdorian war absolut sicher, schon sehr bald die Kontrolle über das Konsortium zurückzubekommen, und mit der gleichen Gewissheit glaubte er an einen schnellen Sieg über die Allianz. Auf Kerberos befand sich seiner Meinung nach etwas, das ihm zu einem solchen Triumph verhelfen konnte: das Projekt Doppel-M. Aber ihm musste doch klar sein, dass es erst einen Prototyp des Metamorphs gab. Und selbst wenn dieser Prototyp nicht durch eine Explosion im Laboratorium entkommen wäre: Mit einem Exemplar allein ließ sich kein Krieg führen und erst recht nicht innerhalb kurzer Zeit gewinnen.
Woraus folgte: Es gab noch etwas anderes auf Kerberos.
Was?
Eine gefährliche Frage, wusste Turannen, denn sie betraf unmittelbar Valdorians Interessen.
Aber wenn er auf Kerberos eine Antwort fand… Vielleicht bekam er dann neuen Bewegungsspielraum.
Als Valdorian das Panoramafenster erreichte, blieb er erstaunt stehen. Das Kantaki-Schiff flog nicht mehr durch den Transraum – Sterne schimmerten jenseits der Transportblase. Aber er hielt vergeblich nach nahen Planeten Ausschau.
»Es gibt Probleme«, sagte Jonathan, der aus einem der Korridore kam.
»Wenn wir das Ziel erreicht haben… Wo ist Kerberos?«
Jonathan deutete auf einen Stern, der kaum heller war als die anderen. »Das ist Hades. Wir befinden uns außerhalb des Kuiper-Gürtels. Ein Akuhaschi teilte mir mit, dass wir nicht ins Innere des Sonnensystems fliegen können.«
»Warum nicht?«
»Es ist abgeriegelt. Fünf Kantaki-Schiffe von Munghar sind eingetroffen, mit einem Sporn. Niemand darf ins System hinein.«
26 Änigma
Kerberos
16. April 421 SN
22:30 Uhr
Elroy Tobias empfing den neuen planetaren Direktor in der Tür seines Büros.
»Sie sind noch spät auf den Beinen«, stellte Edwald Emmerson fest.
»Sie ebenfalls.«
Tobias nahm hinter dem Schreibtisch Platz und wirkte dabei fast ein wenig verlegen. Emmerson glaubte, den Grund dafür zu verstehen. Dies war bis vor kurzer Zeit sein Büro gewesen, das Büro des Sicherheitschefs von NHD Kerberos. Er nahm im Sessel vor dem Schreibtisch Platz und hörte das Summen eines auf Bereitschaft geschalteten Datenservos.
»In der Stadt scheint es drunter und drüber gegangen zu sein, Chef«, sagte Tobias.
»Irgendetwas hat die Levitatoren gestört. Dutzende von Levitatorwagen sind abgestürzt. Außerdem kam es zu massiven… Wahrnehmungsstörungen.«
»Vielleicht steckt mehr dahinter.« Elroy Tobias reichte einen Infonauten über den Schreibtisch. »Der letzte Bericht der Orbitalstation MeteoTech-14.«
Emmerson sah auf das Display und las. »Eine temporale Anomalie?«
»Die sich inzwischen stabilisiert hat. Allerdings sind weitere temporale Eruptionen nicht auszuschließen.«
Emmerson war müde und fragte sich, ob Rubens Lorgard nach seiner Beförderung zum planetaren Direktor ähnlich empfunden hatte. Lorgard, Schöpfer des Metamorphs, hatte sich immer als Kreator gesehen, und als Direktor war er plötzlich mit ganz neuen Aufgaben konfrontiert worden. Er hatte versucht, allen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig die Arbeit als Kreator fortzusetzen. Doch irgendwann stieß man an seine Grenzen, wenn man versuchte, alles selbst zu erledigen. Diesem Problem sah sich auch Emmerson gegenüber: Er bemühte sich, Sicherheitschef und Direktor zu sein. Und jetzt gesellte sich einer schwierigen Situation ein Rätsel hinzu, das ebenfalls Aufmerksamkeit verlangte.
»Sind die Daten verifiziert?«, fragte er.
»Ja. Andere Stationen haben sie bestätigt. Die Anomalie konnte sogar lokalisiert werden. Sie befindet sich unter dem Meeresgrund des Riffmeers, direkt vor dem Festlandsockel. Erstaunlicherweise hat der Autokrat genau dort vor einigen Monaten das Tauchen nach Riffopalen verboten. Angeblich ging es dabei um Naturschutz.«
»Vermuten Sie einen Zusammenhang mit der Anomalie?«
»Die Sache kam mir seltsam vor, und ich habe weitere Nachforschungen angestellt«, sagte Elroy Tobias.
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