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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Seelen in einem Körper… Die des Künstlers, der nichts von Kunst verstand, und die eines eiskalten Geschäftemachers, der sich um Gesetz und Moral ebenso wenig scherte wie um diejenigen, deren Leben er ruinierte. Emmerson wusste nicht, wen von beiden er mehr verachtete. Seine emotionale Reaktion erinnerte ihn an einen Gewissenskonflikt, der ihm manchmal Phasen erheblicher innerer Unruhe bescherte. Er war nicht naiv. Er trug keine Scheuklappen, die ihn daran hinderten, das zu sehen, was sich hinter den Kulissen großer Unternehmen wie NHD abspielte. Er kannte auch die Abgründe der interstellaren Ökonomie und Politik – Gesetz und Moral spielten dort kaum eine Rolle. Das Projekt Doppel-M war ein gutes Beispiel dafür. Emmerson wusste, dass er die großen Dinge nicht ändern konnte, so unmoralisch und falsch sie ihm auch erscheinen mochten, aber in seiner gegenwärtigen Position als NHD-Sicherheitschef von Kerberos hatte er Einfluss auf die Dinge, die sich auf einen planetaren Maßstab beschränkten. Und diesen Einfluss wollte er geltend machen, wenn sich ihm Gelegenheit dazu bot.
    Als er mit seinem Levitatorwagen den kleinen Hangar verließ und zur Stadt zurückflog, summte der Kommunikationsservo. Elroy Tobias, einer seiner Ermittler, meldete sich.
    »Es gibt Neuigkeiten, Chef.«
    »Ich höre«, sagte Emmerson.
    »Das Feuer im Laboratorium, Chef… Es war kein Unfall. Es steckt Absicht dahinter.«
    »Na, das ist interessant.«
     
    Als sich die Tür hinter Edwald Emmerson schloss, ließ der Autokrat die Levitatorscheibe landen, deaktivierte sie und ging zum Waschbecken mit dem Drachenkopf darüber. Erneut reinigte er Hände und Arme, drehte sich dann um und wartete. Als er den Levitatorwagen sah, der den NHD-Sicherheitschef nach Chiron zurückbrachte, veränderte sich sein Gesicht. Eine Maske schien abzufallen, und darunter kam ein anderer Konstantin Alexander Stokkart zum Vorschein. Er hatte die gleichen blauen Augen wie der Autokrat, den Emmerson zu kennen glaubte, aber in diesem Gesicht fehlte das Manische. Die beste Tarnung, so wusste er, bestand darin, von anderen Leuten für verrückt gehalten zu werden und ihnen das Gefühl zu geben, überlegen zu sein, in welcher Hinsicht auch immer. Edwald Emmerson war ein kluger Mann, aufmerksam und intelligent, und er stellte eine potenzielle Gefahr dar, zweifellos eine größere potenzielle Gefahr als Rubens Lorgard, dem es vor allem um seine Entwürfe ging. Aber selbst er, der Sicherheitschef, ließ sich täuschen. Stokkart lächelte zufrieden.
    Die Tür öffnete sich, und Raphael trat auf die Turmplattform, der Mann, der Emmerson hierher geführt hatte.
    »Er ist fort.«
    Stokkart nickte. »Ich habe den Levitatorwagen gesehen. Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen?«
    »Nein«, antwortete die rechte Hand des Autokraten. »Er hat seine Gedanken gut unter Kontrolle.«
    »Ich glaube, wir haben erreicht, was wir wollten. Ist unten alles so weit?«
    »Ja. Die Kapsel wartet.«
    »Ausgezeichnet.« Stokkart trat an Raphael vorbei zur Tür, blieb dort noch einmal stehen und deutete auf sein letztes »Kunstwerk«. Er seufzte. »Lassen Sie das Zeug fortschaffen, Raphael. Es stinkt. «
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Oh, und noch etwas.« Stokkart hob noch einmal die Hand und zeigte auf das passive Datenmodul, das Edwald Emmerson auf den Tisch gelegt hatte. »Sehen Sie sich den Kram an, und bereiten Sie entsprechende Dekrete vor. Ich möchte Lorgard und seinen Sicherheitschef nicht enttäuschen.«
    Der Autokrat brachte die Treppe hinter sich, ging einige Meter durch den sich daran anschließenden Flur und blieb an einer Stelle der Wand stehen, die sich nicht von den anderen zu unterscheiden schien. Er vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, schmunzelte dann und sagte: »Sesam, öffne dich.« Mikroservi überprüften sein Netzhautmuster, und ein Teil der Wand, knapp einen Meter breit und zwei Meter hoch, schwang nach innen. Stokkart trat ohne zu zögern durch die Öffnung, und hinter ihm schloss sich die Geheimtür mit einem leisen Knirschen.
    Einige Sekunden lang herrschte völlig Finsternis. Der Autokrat wartete geduldig und wusste, dass ihn weitere Servi sondierten und seine Identität verifizierten. Wenn die Sensoren die Präsenz einer unbefugten Person festgestellt hätten, wären sofort verborgene Waffensysteme zum Einsatz gekommen. Das Geheimnis musste unbedingt bleiben, was es war: ein Geheimnis. Bis es ihm niemand mehr nehmen konnte.
    Orientierungslichter

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