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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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in der Mitte dieses Raums schwebte eine schwarze, verschrumpelt wirkende Masse, die sonderbarerweise gewisse Ähnlichkeiten mit den asymmetrischen Kantaki-Schiffen aufwies. Ewige Lichter umkreisten sie, wie kleine Sonnen einen deformen, viel zu groß gewordenen Planeten.
    »Wir haben ihn nie erreicht, nicht wahr?«, fragte der Suggestor Agorax.
    »Nein. Die Lichter folgen dem Verlauf eines Ereignishorizonts, hinter dem sich eine temporale Singularität befindet. Wir vermuten, dass dieser Keim von mehreren Konzilianten gefunden wurde.« Der Säkulare vollführte eine vage Geste, die seine silbernen Schuppen knistern ließ. »Sie setzten ihn in der temporalen Singularität fest, und dort ist er verendet. Wir haben immer wieder versucht, Wege zu ihm zu finden, um ihn zu befreien, aber unsere Bemühungen sind erfolglos geblieben.«
    »Aber wir sehen ihn.«
    »Welch ein Hohn, ihn zu sehen, und nicht zu ihm gelangen zu können.« Pergamon streckte die Hand aus, und seine Tentakelfinger deuteten auf die dunkle Masse. »Ein Splitter des Omnivors oder des Abissalen, wie ihn die Kantaki nennen… Sein Tod weist uns darauf hin, dass wir Fehler gemacht haben, Fehler, die sich nicht wiederholen dürfen. Die Säkularen sind nicht vor Irrtümern gefeit, Agorax. Lassen Sie sich nie dazu verleiten, so etwas anzunehmen. Relative Unsterblichkeit bedeutet keine Unfehlbarkeit.«
    Agorax hörte stumm zu, gab durch nichts zu erkennen, was er dachte und fühlte. Seine eigenen Aufgaben waren klar umrissen, was ihnen nichts von ihrer Bedeutung nahm. Aber auf den Säkularen des Zirkels der Sieben lastete eine weitaus größere Verantwortung.
    Pergamon – sein Hals war besonders dünn und knorrig, und die silbernen Schuppen, die den Rest seines Leibs bedeckten, hatten einen Teil ihres einstigen Glanzes verloren – sah noch einmal zum toten Keim und wandte sich dann dem Ausgang des Raums zu. Agorax folgte ihm, ohne dazu aufgefordert zu sein, und es begann der lange Rückweg durch Äon.
    Die Wabenstadt war, wie auch die Zeitflotte der Eternen und die Schiffe der Renegaten-Kantaki, seit dem Ende des verlorenen Zeitkriegs im Null gefangen, aber sie erstreckte sich trotzdem durch mehrere Zeitströme. Agorax spürte die Übergänge ganz deutlich, durch eine Veränderung der Wahrscheinlichkeitsmuster zukünftiger Ereignisse. Eterne kamen ihnen entgegen, junge und alte – nur jeweils sieben, die Säkularen, genossen relative Unsterblichkeit –, und sie alle grüßten respektvoll. Pergamon hatte Agorax eine besondere Aufgabe anvertraut und damit seinen Status erhöht.
    »Warum haben Sie mich zum toten Keim geführt?«, fragte der Suggestor schließlich. »Ich vermute, dafür gibt es einen guten Grund. Immerhin bin ich nicht zum ersten Mal in jenem Raum gewesen.«
    Sie kamen an halbtransparenten Waben vorbei, in denen Dutzende von Eternen den Zeitschlaf schliefen. Während sie ihre Kräfte erneuerten, träumten sie von einer Rückkehr in die Zukunft. In anderen, größeren Waben wurde konzipiert und konstruiert. Technische Spezialisten planten Erweiterungen von Äon und bauten Apparate, die die Eternen brauchten, um sich im Null zu behaupten. Dies war ein Kerker, und seine Gefangenen versuchten, so gut wie möglich in ihm zurechtzukommen, während die Observanten in den Beobachtungstunneln am Rand des Nichts nach Wegen in die Freiheit suchten.
    »Unsterblichkeit ist nicht gleich Unfehlbarkeit«, wiederholte Pergamon schließlich. Er schien sorgfältig über seine Worte nachgedacht zu haben. »Der tote Keim ist ein Beweis für unsere Fehler, der letzte verlorene Krieg und die anderen vor ihm sind weitere. Ein Säkularer zu sein, bedeutet auch nicht unbedingt, die Antworten auf alle Fragen zu kennen. Wir haben Gelegenheit, mehr Wissen zu sammeln, das ist alles.«
    Er legte eine Pause ein, als eine Gruppe an ihnen vorbeieilte; anschließend erstreckte sich der Gang leer vor ihnen. Pergamon blieb stehen und sah Agorax an.
    »Es sind Stimmen laut geworden, die verlangen, dass wir mit den Zeitschiffen aufbrechen sollten, ungeachtet des Schilds und der temporalen Strudel, die die Zeitmechaniker der Kantaki dort draußen als Fallen geschaffen haben«, sagte der Säkulare ernst. »Solche Forderungen hat man sogar im Zirkel gestellt.«
    »Ein Aufbruch ohne einen stabilen Schacht in die Zukunft wäre Wahnsinn«, erwiderte Agorax erschrocken. »Wir müssten mit enormen Verlusten rechnen. Vielleicht würde nicht ein einziges Zeitschiff das temporale Einsatzgebiet

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